zurück
Würzburg
"Fehlende Menschlichkeit": Zu Unrecht beschuldigter früherer Kirchenmanager kritisiert Würzburger Bischof Franz Jung 
Das Bistum Würzburg gibt trotz juristischer Niederlagen nicht auf. Offenbar sollen frühere Führungskräfte seiner Immobilien-GmbH eine Schweigeverpflichtung unterschreiben.
Bischof Franz Jung bei einer Predigt im Würzburger Dom.
Foto: Silvia Gralla | Bischof Franz Jung bei einer Predigt im Würzburger Dom.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 15.05.2023 02:29 Uhr

Ende März haben sich die Untreuevorwürfe der Diözese Würzburg gegen den ehemaligen Geschäftsführer ihrer Immobiliengesellschaft in Luft aufgelöst: Das Landgericht Würzburg wies weder Fehlverhalten des Geschäftsführers, noch einen Schaden für die Kirche nach. Mit der Einstellung des Verfahrens ist der Vorwurf, dass der Kirchenmanager den Erbachshof bei Eisingen im Landkreis Würzburg zu günstig verkauft hätte, vom Tisch.        

Acht Wochen später sagt dieser: "Entschuldigt hat sich die Bistumsleitung nicht bei mir." Die Enttäuschung ist dem 66-Jährigen anzumerken, gegenüber der Redaktion spricht er von "fehlender Menschlichkeit von Bischof Franz Jung und dem ehemaligen Generalvikar Thomas Keßler". 

Ehemaliger Geschäftsführer: "Man hat mich wie einen Verbrecher aus dem Amt gejagt"

Nach 25 Dienstjahren war der damalige Chef der Liegenschaftsabteilung des Bistums und Geschäftsführer der St. Bruno-Werk Bauträger- und Verwaltungs-Gesellschaft (SBW) 2018 entlassen worden. Auch den Aufsichtsrat löste die Diözese auf, den Beteiligten warf sie fehlende Transparenz und Kontrolle vor. Die Diözese sei dadurch finanziell geschädigt worden.

Nach einer Anzeige des damaligen Generalvikars begann die Würzburger Staatsanwaltschaft zu ermitteln. Gleichzeitig wurde die ehemalige Führungsriege zivilrechtlich auf Schadensersatz verklagt - bislang ohne Erfolg.    

"Fünf Jahre haben meine Frau und ich darunter gelitten, dass man mich wie einen Verbrecher behandelt und aus dem Amt gejagt hat", sagt der ehemalige Kirchenmanager.  Und: "Ich fühle mich als Opfer der Kirche." Neben einer persönlichen Entschuldigung der Bistumsleitung fordert der 66-Jährige jetzt eine Entschädigung sowie die Übernahme seiner Rechtsanwaltskosten von rund 40.000 Euro.

Ex-Kunstreferent Lenssen: "Wir wurden öffentlich bloß gestellt"

Auch andere Betroffene der SBW-Affäre warten auf eine Reaktion aus dem Bistum. "Es wäre eine Sache des Anstands sich dafür zu entschuldigen, uns öffentlich bloß gestellt und unseren Ruf geschädigt zu haben", sagt beispielsweise Jürgen Lenssen, dessen Wohnung 2018 im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen durchsucht worden war. Auch gegen den ehemaligen Bau- und  Kunstreferenten und Domkapitular ist die Kirche ohne Erfolg zivilrechtlich vorgegangen.  

Der ehemalige Bau- und Kunstreferent Jürgen Lenssen. Die Wohnung des Würzburger Domkapitulars war 2018 durchsucht worden..
Foto: Hanns Friedrich | Der ehemalige Bau- und Kunstreferent Jürgen Lenssen. Die Wohnung des Würzburger Domkapitulars war 2018 durchsucht worden..

Obwohl strafrechtlich kein Schaden beim Verkauf des Erbachshofs nachgewiesen wurde, zieht die Kirche die zivilrechtlichen Klagen gegen ehemalige Aufsichtsräte und Geschäftsführer der SBW nicht ohne weiteres zurück. Stattdessen schlägt die SBW diesen in einem der Redaktion vorliegenden Schreiben vor: Die SBW lässt die Zivilklagen dann fallen, wenn die Beteiligten unterschreiben, nicht mehr öffentlich über den Fall zu sprechen, insbesondere nicht mit der Presse. "Das werde ich auf keinen Fall annehmen", sagt der ehemalige Geschäftsführer dazu. 

Die Diözese will sich zu diesem Angebot nicht äußern, ebenso wenig zu dem Vorwurf der fehlenden Entschuldigung. "Die Gespräche mit den Prozessparteien laufen noch", lautet die Erklärung der Pressestelle, warum man nichts sagt. Auch zur Frage nach den Kosten des jahrelangen Rechtsstreits mit der SBW-Führung, der neben dem Landgericht Würzburg auch verschiedene Arbeitsgerichte beschäftigt hat, gibt es keine Auskunft.

Künstler Mehler: "Wir wurden fünf Jahre als Persona non grata behandelt"  

Auch das Künstlerehepaar, das den Erbachshof 2016 gekauft hatte, sieht sich durch das Vorgehen des Würzburger Bistums geschädigt. "Nachdem 2018 unser Haus durchsucht wurde, standen wir fünf Jahre lang unter Verdacht und wurden in der Region als Persona non grata behandelt", sagt der Bildhauer Herbert Mehler.

Die Malerin und Bildhauerin Sonja Edle von Hoeßle und der Bildhauer Herbert Mehler auf einem 2018 entstandenen Bild in ihrem Skulpturengarten im Erbachshof bei Eisingen. 
Foto: Patty Varasano | Die Malerin und Bildhauerin Sonja Edle von Hoeßle und der Bildhauer Herbert Mehler auf einem 2018 entstandenen Bild in ihrem Skulpturengarten im Erbachshof bei Eisingen. 

Seine Netzwerke seien auseinandergerissen, regionale Aufträge abgesagt worden, obwohl er international weiter sehr erfolgreich gewesen sei, sagt Mehler: "Wider besseren Wissens hat die Kirche behauptet, dass sie unsere Kunst zu teuer gekauft hätte." Diese Behauptung solle sie öffentlich berichtigen und sich dafür entschuldigen.       

Mehler, Lenssen, der frühere Geschäftsführer und andere Betroffene der SBW-Affäre erwägen jetzt, selbst rechtlich gegen die Diözese vorzugehen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Eisingen
Manuela Göbel
Bauträger
Bildhauer
Bischöfe
Bistum Würzburg
Franz Jung
Jürgen Lenssen
Landgericht Würzburg
Staatsanwaltschaft Würzburg
Thomas Keßler
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • th.faust@gmx.de
    Die Sekte halt 🤷‍♂️
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • famker22501804
    .... ich könnte der Diozöse Würzburg noch einen weiteren Fall schildern, bei dem der Verkauf einer Immobilie nicht sauber war... ich bin wirklich am überlegen!!
    Herr F. sollte lieber schweigen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • herbert.zorn@web.de
    "Herr F. sollte lieber schweigen."
    Warum?
    oder meinen Sie sich selbst?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • herbert.zorn@web.de
    Es wird immer beschämender und peinlicher ein praktizierendes Mitglied dieser Kirche zu sein.

    Ohh mein Gott, lass doch auf deinen Vertreter auf dieser Welt
    > Weiheit ,
    > Klugheit
    > Einsicht
    > noch viel mehr
    herab regnen!!
    Wir, das kleine Volk-Gottes wissen nicht mehr wie wir mit diesen Kirchenvertreter umgehen sollen! Zeig denen doch deinen göttlichen Ratschluß!!
    Danke!!!!

    (Zum Verständniss: Das war jetzt keine Ironie sondern Verzweiflung)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • wasisnlosda21
    Als Laie würde ich meinen, dass der Rechtsbeistand der SBW (Diözese) hier - erneut wieder- ein juristisches Eigentor geschossen hat:

    „…. Stattdessen schlägt die SBW diesen in einem der Redaktion vorliegenden Schreiben vor: Die SBW lässt die Zivilklagen dann fallen, wenn die Beteiligten unterschreiben, nicht mehr öffentlich über den Fall zu sprechen, insbesondere nicht mit der Presse. “….
    Damit werden in einem möglichen Verfahren gegen die Diözese doch auch indirekt die jetzigen Vorwürfe und Ersatzansprüche der ehemals Beschuldigten zugegeben???

    Es bleibt spannend!😳
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hery.Mennig@web.de
    Es ist wohl typisch für die Kirchenoberen: Man verliert einen Prozeß (und zwar deutlich), bringt kein Wort der Entschuldigung und des Bedauerns hervor und will den Prozeßgewinnern auch noch einen Maulkorb anlegen. Einsicht? Gleich Null!!! Sehr christlich!! Eine Klage der Betroffenen ist auf jeden Fall notwendig. Es sollte eine sehr hohe Entschädigungssumme angestrebt werden. Auf keinen Fall darf irgendeine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet werden. Falls(!!!) die verantwortlichen Kirchenoberen zu einer Entschädigungszahlung verurteilt werden, nehmen die das Geld bestimmt aus dem Fond, der für Missbrauchsopfer gedacht ist. Das klappt prima. Auf diese Art und Weise hat man ja schon Spielschulden eines Priesters in Höhe von über 1 Mio. Euro beglichen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • RupNeu@t-online.de
    Aber, aber...
    Man darf/kann doch Bischof Jung und erst recht nicht Herrn Keßler kritisieren. Beide sind doch progressive Reformer. Da verbietet sich doch jegliche Kritik von vornherein!
    (Für alle Fälle: Das war Ironie!)
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Entschuldigung und Buße ist scheinbar für Kirchenfürsten nicht vorgesehen......
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • thomashemmerich@web.de
    Was bitte soll man zur katholischen Kirche und ihren vielen großen und kleinen Skandalen etc noch schreiben? Immer wieder stellt man fest, dass hier nichts stimmt. Entweder es wird gelogen, dass sich die Balken biegen oder es wird versucht alles unter dem Tisch zu kehren bzw. Leute mundtot zu machen.
    Aber das alles scheint egal zu sein, denn seit Jahren geht das schon so und trotzdem zahlen viele immer noch Kirchensteuer und unterstützen somit das alles auch noch, noch immer rennen Sonntag für Sonntag die Gläubigen in die Kirche und hören zu, was da gepredigt wird aber von den oberen selbst nicht befolgt wird. Alles etwas scheinheilig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • al-holler@t-online.de
    Sorry, aber Sie verquicken da was in unzulässiger Weise oder aus Unwissen: Ich bin praktizierender Katholik und gehe, wie Sie sicher hier schon gelesen haben, durchaus kritisch mit der AMTSkirche und ihren Organen um. Ich brauche diese AMTSkirche eigentlich nicht für meinen Glauben, bin aber froh und dankbar, dass ich auch gute Hirten kennenlernen durfte und warne vor populistischen und billigen Verallgemeinerungen. Im übrigen: Ich und viele andere "rennen" nicht, wie Sie es zu nennen belieben, in die Kirche, sondern gehen da hin - und zwar nicht nur zu den offiziellen Gottesdiensten, sondern bei sich bieten der Gelegenheit auf dem Wege.
    Guten Tag
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • evi.schmitt@gmx.de
    Was nützt das Sündenbekenntnis, wenn ein Bischof nicht Buße tut und statt dessen den zu Unrecht Beschuldigten ein Schweige-Gelübde auferlegt werden soll?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • info@gerbrunn.de
    Kirchensteuer abschaffen, staatliche Finanzierung der Bischöfe gleich mit dazu. In diesem Paralleluniversum der Kirchenfürsten lebt es sich bisher wohl zu gut.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Ganz aktuell hatte ich eine Begegnung mit einem engagierten Pfarrer einer mittelgroßen Gemeinde in Würzburg und Umgebung. Mit seiner Feststellung, dass es immer schwieriger wird, die Gläubigen zu binden, hat er recht. Ein Grund ist das fehlende Vertrauen in die Verantwortlichen an "höchster" Stelle. Übrigens auch in der Politik.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Funkenstern
    Alte Männer, alte Ideologie, senile Bettelprinzen, denen das Rechtsverständnis des 21. Jahrhunderts nicht geläufig werden wird und will.
    Die katholische Kirche ist ein Verein, der seine eigene Auflösung unweigerlich herbeiführt.
    Sie lernen… nichts!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten