
Es ist außergewöhnlich, dass die Diözese Würzburg einen Ex-Chef vor Gericht bringt: Ende März beginnt vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts Würzburg der Strafprozess gegen den Mann, der 24 Jahre lang das Immobilien-Unternehmen des Bischöflichen Stuhls sowie die Liegenschaften-Abteilung des Bischöflichen Ordinariats geleitet hat. Dieser erklärt, er habe nur das getan, was die Kirche von ihm erwartet habe.
Was kommt jetzt von kirchlichen Finanzgeschäften ans Licht? Worum es geht und welche Fragen sich vor dem Prozess stellen.
Was ist der Hintergrund des Strafprozesses?
Einen Monat nach dem Amtsantritt von Franz Jung als neuer Bischof von Würzburg im Sommer 2018 entmachtete die Diözese überraschend die damalige Führungsriege der Sankt Brunowerk-Bauträger- und Verwaltungs-GmbH (SBW) des Bischöflichen Stuhls: Der Geschäftsführer des SBW und Chef des Liegenschaftamtes verlor seine Jobs, der Aufsichtsrat wurde aufgelöst. Am 12. Juli 2018 erstattete der Generalvikar Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Würzburg.
Die Frage: Was hatte die Leitung der Diözese gegen die langjährigen und teils prominenten Männer in der Hand? Die Kirche begründete Rausschmiss und Anzeige nebulös mit Problemen bei "Compliance, guter Verwaltungsführung, Kontrolle und Transparenz".
Was wird den ehemaligen kirchlichen Führungskräften vorgeworfen?
Die SBW-Führung hatten die Verantwortung über Millionensummen. Weil einige der Beteiligten in Doppelfunktionen tätig waren - SBW-Geschäftsführer und Chef der bischöflichen Liegenschaften, bischöflicher Finanzdirektor und Aufsichtsratsvorsitzender, Aufsichtsratsmitglied und Bau- und Kunstreferent - hatten sie viel Macht und wurden wenig kontrolliert. Ihr Einfluss innerhalb der Kirche und in der regionalen Bauwirtschaft war groß. War die Diözesanspitze unter Bischof Jung der Meinung, dass sie damit der Kirche geschadet haben?
Auf Nachfrage erklärt Bernhard Schweßinger, Pressesprecher der Diözese, heute dazu: "Die Anzeige war geboten aufgrund der Höhe des möglichen Schadens und des eventuellen Unrechts, sowie der besseren Ermittlungs- und Beweismöglichkeiten staatlicher Behörden. Darüber hinaus wollte sich die Diözese nicht dem Vorwurf der Vertuschung aussetzen."
Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Aufsichtsräte wurden inzwischen eingestellt. Gleichzeitig hat die Diözese den Geschäftsführer und mehrere Aufsichtsräte zivilrechtlich auf Schadensersatz verklagt.
Warum sitzt der ehemalige Geschäftsführer auf der Anklagebank?
Es geht um Untreue. Dem ehemaligen Chef der Liegenschaftsabteilung des Bischöflichen Ordinariats wird vorgeworfen, in seiner Funktion als Geschäftsführer der SBW die Kirche um rund 300.000 Euro geschädigt zu haben.
Dieser Schaden soll beim Verkauf des Erbachshofs bei Eisingen (Lkr. Würzburg) entstanden sein. Laut Anklageschrift hat er ein höheres Angebot für den Aussiedlerhof abgelehnt ohne darüber den Aufsichtsrat zu informieren. Durch den Verkauf an ein Künstlerehepaar für knapp 1,4 Millionen Euro seien der Diözese so 300.000 Euro entgangen. Eine persönliche Bereicherung wird dem 66-Jährigen nicht vorgeworfen.
Die zivilrechtlichen Verfahren gegen den Geschäftsführer und die Aufsichtsräte zum Erbachshof ruhen, bis der Strafprozess entschieden ist.
Was wurde bereits von Gerichten entschieden?
Die Diözese verklagte Mitglieder der SBW-Führung außerdem, weil sie sich beim Ankauf von Kunstwerken geschädigt sah. Es ging dabei um Skulpturen des Künstlers, der den Erbachshof gekauft hatte.
Diese Klagen wurden in verschiedenen Instanzen abgewiesen. Die Gerichte erkannten kein pflichtwidriges Verhalten. Die Klage gegen den ehemaligen Bau- und Kunstreferenten Jürgen Lenssen zog die Diözese im vergangenen Jahr zurück. Über die Höhe der Anwalts- und Gerichtskosten der Diözese durch diese Rechtsstreitigkeiten gibt die Pressestelle der Diözese keine Auskunft.
Wer steht am Landgericht Würzburg im Zeugenstand?
Ab 28. März sind prominente Zeugen am Landgericht geladen. Neben dem Künstler, der den Erbachshof erworben hat, auch die damaligen Mitglieder des Aufsichtsrates wie Adolf Bauer (ehemaliger bischöflicher Finanzdirektor, ehemaliger Würzburger Bürgermeister, CSU-Stadtrat) und Jürgen Lenssen (ehemaliger Bau- und Kunstreferent, Domkapitular im Ruhestand). Diese Männer dürften viel über die damaligen Finanzgeschäfte des Bistums wissen.
Gibt es ähnliche Fälle in anderen Bistümern?
Nach dem Skandal um die Luxusausgaben des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst mit Mitteln des Bischöflichen Stuhls machte 2018 auch im Bistum Eichstätt ein Finanzskandal Schlagzeilen. Die oberbayerische Diözese hatte rund 50 Millionen Euro für ungesicherte Darlehen ausgegeben, unter anderem in Texas. Dabei verlor die Diözese laut Süddeutscher Zeitung zweistellige Millionenbeträge. Im Sommer 2022 wurde Anklage gegen den Vize-Finanzdirektor der Diözese Eichstätt wegen Untreue und Bestechlichkeit erhoben.
Als Konsequenz aus diesen Skandalen forderte die Deutsche Bischofskonferenz eine Transparenzoffensive. Die Bistümer sollten ihre Vermögen offen legen und Finanzgeschäfte transparent machen.
Was sagt der Angeklagte?
"Ich habe nichts Unrechtes getan, sondern nur das was die Kirche von mir erwartet hat", sagt der heute 66 Jahre alte, ehemalige Geschäftsführer auf Anfrage der Redaktion. Er leide physisch und psychisch noch immer sehr unter dem Druck der jahrelangen juristischen Auseinandersetzung.
Was sagt die Kirche?
Hat Bischof Jung mit den Menschen, die die Diözese Würzburg verklagt hat, gesprochen? Wie beurteilt er die Wirkung der anstehenden Verhandlung auf das Image der Kirche? Diese Fragen der Redaktion werden von der Pressestelle des Bischöflichen Ordinariats mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht beantwortet.
Es wurde gebaut, es wurde saniert, es wurde investiert!
Und jetzt wird geklagt, Baustop eingelegt, und viel viel Geld für Wirtschaftsberater und Anwälte ausgegeben...
Irgend wie kann ich da keinen Mehrwert erkennen und frage mich, ob heute nicht eher Geld der Gläubigen veruntreut wird als damals....
Erst wenn sich die Personen innerhalb der Instituion katholische Kirche uneinig sind sollen plötzlich weltliche Gerichte urteilen! Der Anlass hier ist das liebe Geld. Scheinbar eine Hauptsorge der katholischen Kirche.
Wehe man läuft Gefahr etwas von seinem immensen Vermögen zu verlieren oder gar Geld in Renovierungen stecken zu müssen ohne vorher Staat und Kommunen und Pfarreien vor Ort in die Pflicht nehmen zu können. Da werden diese Herren der Kirche plötzlich sehr flink im Handeln.
Bei anderen Dingen bevorzugt die katholische Kirche hingegen oftmals das Aussitzen von Missständen, je nachdem wie es ihr nutzt.
Komisch nur, dass sich der Pfarrer von St. Adalbert sich nicht gegen einen weltlichen in der Kirche durchsetzen konnte. Zudem ist Pfarrer Gerhard R. noch Coach und genießt größtes Ansehen.
An die Mainpost: hat er euch ein Interview gegeben?