Es ist eine Premiere: Zum ersten Mal seit 34 Jahren wird die Sendung "Fastnacht in Franken" nicht live in den Mainfrankensälen in Veitshöchheim stattfinden. Die Auftritte der Künstler wurden stattdessen vorab gedreht. Mit dabei sind auch Bauchredner Sebastian Reich (37) aus Höchberg und die "närrische Putzfraa" Ines Procter (47) aus Erlabrunn. Ein Gespräch über die Stimmung im Fasching, fehlendes Publikum und warum vermutlich viele Menschen in diesem Jahr dem Freitagabend entgegenfiebern.
Ines Procter: Wie die Sau! (lacht schallend) Als wir in Veitshöchheim am Drehen waren, war die Faschingsstimmung besser. Und das Wetter spielt ja auch gerade nicht mit.
Sebastian Reich: So geht es mir auch. Der Geist der Fastnacht hat bei den Aufzeichnungen in Veitshöchheim geweht, aber momentan sind Backrezepte für Krapfen und Quarkbällchen der einzige Berührungspunkt, den ich noch mit Fasching habe.
Procter: Woher soll sie auch kommen? Für mich ist Fasching die Zusammenkunft mit den Kollegen. Hinter den Kulissen ist es oft noch viel lustiger als auf der Bühne. Das kennt Sebastian ja auch, und das fehlt!
Reich: Und das geht nicht nur uns so. Für viele Menschen wird der Freitagabend der einzige Faschingsmoment in diesem Jahr sein. Dafür setzen sie sich aber kostümiert vor den Fernseher und machen eine familieninterne Faschingsfeier daraus. Das ist der Moment, an dem man den Fasching in diesem Jahr nach Hause transportieren kann. Und das ist auch unsere Mission.
Procter: Ein letztes schönes Ereignis war unser jährliches Sommertreffen in Kitzingen, auch wenn es schon unter Corona-Bedingungen stattfand. Dort haben wir besprochen, was super war und was wir ändern wollen.
Reich: Damals waren wir noch optimistischer. Es stand im Raum, dass es vielleicht nur 100 oder 200 Zuschauer geben könnte.
Procter: Wir hatten dieses Worst-Case-Szenario im Sommer durchgesprochen, aber dass es dann wirklich eintrifft...
Reich: Das war das gruseligste Szenario und als es so kam, waren wir natürlich alle erst einmal geplättet. Aber man wird in der Sendung sehen: Wir haben das Beste daraus gemacht.
Procter: Genau! Und wenn man in den Mainfrankensälen ist, ist es immer wie live. Die Anspannung war trotzdem da, obwohl man es ja noch einmal hätte aufnehmen können. Das fand ich an mir spannend zu beobachten.
Reich: Ja, ich war genauso aufgeregt. Es gab ja auch die Überlegung in einem Studio zu drehen, aber für diese Sendung braucht man einfach die Kulisse.
Procter: Das hat uns auch etwas entspannt. Es war ein Heimkommen in die Mainfrankensäle.
Procter: Den Mitarbeiter, der als persönlicher Abstandshalter im Einsatz war, kannten wir ja schon aus anderen Produktionen wie dem Närrischen Jahresrückblick, wo er dafür gesorgt hat, dass sich niemand zu nahe kommt. Es ist nicht mehr kurios. Im Laufe des vergangenen Jahres hat man sich auf so manches eingelassen und für mich ist der beste Weg, das mit einem lachenden Auge zu betrachten. Wir müssen durch diese Zeit durch und dann doch lieber mit einem bisschen Humor.
Reich: Es war auf jeden Fall sehr sicher, was die Abstände und Regeln betrifft. Ich habe noch nie so viele Klebepfeile und Einbahnwege gesehen. Und trotzdem hatten wir viel Spaß. Unser Regisseur hat die Masken als Maultäschle bezeichnet und sobald die Kamera lief, hieß es für den Akteur vor der Kamera "Maultäschle ab". Wenn der Dreh vorbei war, ist die Maske wieder aufgesetzt worden.
Procter: Es war alles sauber. (lacht)
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Procter: Ich habe mich 2019 mit einem Programm selbstständig gemacht. Mit der "Fastnacht in Franken" nahm das Fahrt auf und ich war für 2020 sehr gut gebucht. Dann wurde alles abgesagt, was für mich höchst dramatisch war. Wie es weitergeht, steht noch in den Sternen. Natürlich macht man Termine aus, aber man traut sich nicht sie zu bewerben. Ich bin dann auch andere Wege gegangen, habe einen Corona-Rap samt Video gemacht. Und auch ein Lied über Umarmungen. Diese fehlen mir sehr und ich weiß manchmal gar nicht, wohin mit meinen Händen. Ich habe einfach Sachen ausprobiert. Letztendlich fehlt das Publikum.
Reich: Live ist live! Das ist der entscheidende Punkt. Aber man kann sich daheim eingraben oder andere Wege gehen. Bei mir war es das Backen. Als gelernter Bäcker und Konditor gebe ich in Verbindung mit Amanda Online-Backkurse. Das macht mir Spaß und wird sehr gut angenommen. Ansonsten versucht man zu planen, was im Sommer möglich ist. Aber wer weiß das? Man muss den Fans dankbar sein, dass sie diesen Weg mitgehen und oftmals ihre Karten behalten. Bis dahin überbrücken wir die Zeit. Aber was wir eigentlich wollen, ist auf der Bühne stehen und echte Menschen vor uns haben. Das ist durch nichts zu ersetzen. Wenn ich in eine Kameralinse spiele, kann ich mir zwar vorstellen, dass die Leute daheim viel Spaß haben, aber ich bekomme davon nichts mit. Der Spruch 'Der Applaus ist des Künstlers Brot' klingt zwar klischeehaft, aber es steckt einfach sehr viel Wahrheit darin.
Procter: Das hast du schön gesagt. Ja, die Reaktionen der Menschen sind wichtig.
Procter: Die größte Anstrengung ist die Eigenmotivation. Ich habe für andere sehr viel Humor und verbreite gute Stimmung. Aber man selbst hadert oft im stillen Kämmerlein, weil man es in der Branche ungern zulässt, dass das jemand mitbekommt. Ich habe mir jetzt ein Gerät gekauft, das mir sagt, wenn ich mich zu wenig bewege: einen jungen Hund (lacht). Wenn ich mit ihm spazieren gehe, versuche ich mich zu erden und sage mir: Komm Ines, das bekommen wir hin! Es wird aber immer härter, den Humor nicht zu verlieren.
Reich: Es wird Zeit, dass es sobald wie möglich wieder in kleinen Schritten voran geht. Dass die Kultur und die Theater zumindest langsam wieder loslegen dürfen. Ich versuche positiv nach vorne zu schauen. Es fällt schwer, wenn es in Strömen regnet oder man beim Blick auf den Kalender sieht, dass man heute eigentlich auf der Bühne stehen würde. Ich bin von Natur aus ein fröhlicher Mensch und das muss man sich bewahren.
Procter: Man muss jede Art von Humor zulassen und den anderen auch zugestehen. Ich finde Galgenhumor hervorragend, um über dunkle Zeiten hinwegzukommen. Lachen ist erlaubt!
Reich: Man hört von so vielen, wie sehr sie sich darauf freuen. Sie möchten einfach mal abschalten, Spaß haben und sind gespannt, was passiert – wie übrigens auch wir Akteure. Das Endprodukt der Sendung sehen wir auch erst am Freitagabend.
Procter: Es ist gut, dass die Leute darauf eingestellt sind, dass es anders wird. Das hilft ungemein. Und ich erlebe es noch stärker als in den Vorjahren, dass die Menschen auf die Sendung hin fiebern. Weil sie auch ein Stück Normalität ist.
Procter: Ich weine mich schon einmal am Donnerstag in den Schlaf, weil dann unsere Generalprobe gewesen wäre und das Zusammensein mit den Kollegen fehlt. Ich habe auch schon verschiedene Szenarien gedanklich durchgespielt, ob wir vielleicht in einer Videokonferenz zusammen TV schauen. Ich glaube, dass ich auf alle Fälle einiges trinken muss (bricht in Gelächter aus). Ich habe viele Situationen beim Dreh als lustig erlebt, aber das Endprodukt zu sehen, könnte das noch einmal toppen.
Reich: Ja! Wobei Amanda auch einen Weg gefunden hat, dass der ein oder andere Politiker durchaus in der Sendung dabei ist. (Ines Procter lacht laut auf) Und weil das die meist gestellte Frage in den vergangenen Tagen an mich war: Nein, wenn die Show läuft, sitze ich nicht mit Amanda auf dem Sofa. Ich werde mir die Sendung ganz in Ruhe anschauen und das ist eine Besonderheit. In der Regel brauche ich Abstand nach dem Trubel und sehe sie erst nach drei Wochen. Heuer dann aber wahrscheinlich am Freitag und Samstag, damit ich vor lauter Aufregung nichts versäume...
Procter: ... oder schon wieder vergessen habe (lacht).
Reich: Ich bin gespannt, was die Kollegen gemacht haben. Wir waren ja nicht gemeinsam bei den Aufzeichnungen. Volker und Martin, also Heißmann und Rassau, habe ich kein einziges Mal getroffen. Ines hat vor mir das Anfangsstück gedreht. Da hat man ein paar Elemente mitbekommen. Es gibt übrigens auch einen schönen Schlussgag.
Procter: Gerade der Prolog am Anfang könnte auch nach Corona Bestand haben, wenn auch nicht in dieser Länge. Ich kann mir vorstellen, dass das gut ankommt.
Reich: Die Zuschauer werden auf alle Fälle überrascht sein.
Procter: Ja! (bricht in schallendes Gelächter aus)
Humor ist wenn man trotzdem lacht und drum wird der Fernseh heut Abend angemacht; FRANKEN HELAU