Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist seit Beginn der Corona-Pandemie vor einem Jahr nahezu ständig als Krisenmanager gefragt. Das Virus bestimmt die Politik und das gesellschaftliche Leben. Laut jüngstem "Bayern-Trend" können sich 63 Prozent der Befragten in Bayern den 54-Jährigen aus Nürnberg als Kanzlerkandidat der Union vorstellen. In wenigen Tagen steht "Fastnacht in Franken" an, in normalen Jahren ein Pflichttermin für Markus Söder. Im Telefon-Interview spricht der Ministerpräsident über Fasching in Lockdown-Zeiten und er kündigt weitere Hilfen für die leidende Kulturbranche an.
Markus Söder: Zumindest gehört der Abend in Veitshöchheim zu den schönen Erinnerungen des vergangenen Jahres. "Fastnacht in Franken" war einer der letzten unbeschwerten Momente. Für mich ist das immer ein echter Höhepunkt in meinem Kalender. Eigentlich ist Fastnacht in Veitshöchheim ein fränkischer Feiertag.
Söder: Keiner hat das. Wir haben es mit einer weltweiten Herausforderung zu tun, die damals keiner so einschätzen konnte. In Bayern haben wir vor einem Jahr den ersten Corona-Fall bei der Firma Webasto zunächst gut in den Griff bekommen. Als sich in Italien und Österreich allerdings die großen Infektionswellen entwickelt haben, war für mich aufgrund der offenen Grenzen klar, dass wir erhebliche Probleme bekommen könnten. Aber es hätte keiner zu Beginn der Pandemie daran gedacht, dass es so gefährlich werden würde. Viele hatten gehofft, dass der Spuk nach einigen Wochen vorbei sei. Sogar in unserer bayerischen Regierungskoalition wurde vereinzelt eine zweite Welle für unmöglich gehalten. Ich habe immer zum Team Vorsicht gehört. Das hat sich leider bewahrheitet.
Söder: Humor behält man, aber für Späße gab es keinen Anlass. Dafür war und ist die Lage zu ernst. Die erste Welle war besonders schwer, weil wir damals noch nicht wussten, ob die Maßnahmen auch wirken würden. Das ist heute anders. Jetzt kommt es darauf an, gesund und vorsichtig zu bleiben. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel. Gerade das mutierte Virus macht große Sorge. Man darf nicht vergessen: Die Öffnungen nach der ersten Welle haben wir bei einer Inzidenz von unter 10 gemacht. Davon sind wir noch weit entfernt.
- Fastnacht in Franken: So geht die Corona-Ausgabe über die Bühne
Söder: Ja, wir müssen darüber diskutieren, die bayerischen Hilfen bis Mitte des Jahres zu verlängern, weil noch unklar ist, wie genau der Bund helfen wird. Ich habe dafür große Sympathie. Wir haben in Bayern eine Mehrfachhilfe: den Unternehmerlohn für Solo-Selbstständige, den Spielstättenzuschuss und die Kinohilfe. Dieses Programm könnten wir bis Mitte des Jahres fortsetzen. Denn eines ist klar: Kultur ist systemrelevant. Künstlerinnen und Künstler sind für die Menschen unheimlich wichtig, sie schenken uns Freude und geistige Nahrung. Dabei geht es weniger um Geld, sondern vielmehr um Kreativität. Kreativität leidet ohne Publikum. Es geht auch um eine Perspektive für den Kulturbetrieb. Deshalb wird der Freistaat viele Kulturaktivitäten fördern, sobald es wieder möglich ist. Ich denke an einen bayerischen Kultur-Frühling oder Kultur-Sommer.
Söder: Kein Wissenschaftler in Deutschland kann sicher sagen, wo genau Infektionen stattfinden. Es gibt Wahrscheinlichkeiten, die höher und geringer sind. Aber es gibt keine Sicherheit bei der Herkunft der Infektionen. Deshalb bleibt die größte Herausforderung, die Infektionszahlen dauerhaft zu senken – gerade jetzt, wo wir in großer Sorgen wegen verschiedener Mutationen des Virus sind. Sie haben zum Teil eine bis zu 70-prozentig höhere Ansteckungsgefahr. Wir dürfen daher nicht unvorsichtig werden und sollten lieber konsequent und konzentriert bleiben anstatt rasch zu lockern, um dann wieder schließen zu müssen. Ein ständiges Hin und Her ist für alle am schlimmsten. Stellen Sie sich vor, ein Theater öffnet für zwei Wochen und muss dann wieder schließen. Damit wäre niemandem geholfen.
Söder: Es gilt der Grundsatz: Kontakte reduzieren und Mobilität runterfahren. Bei allem Verständnis dafür, dass die Menschen gerne Fasching feiern würden, das geht heuer leider nicht. Der Fasching darf nicht zum Superspreader-Event werden. Erfreuen wir uns lieber an TV-Sendungen wie der "Fastnacht in Franken". Im Fernsehen ist es zulässig. Bei der Produktion werden Protagonisten und Mitarbeiter getestet und alle Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Es ist wie beim Profifußball. Wenn die Bundesliga möglich ist für das Fernsehen, dann gilt das auch für die Fastnacht. Für alles andere in diesem Fasching gilt: Abstand halten und sich aus der Distanz freuen.
Söder: Ja, natürlich. Es ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass ich nicht vor Ort bin. Natürlich wird mir der Abend mit seiner Freude und den vielen Begegnungen fehlen. Man schaut ja auch immer, wer ein besonders tolles Kostüm trägt. Da gibt es echte Hingucker, aber immer auch ein paar, die sich noch verbessern können (lacht). All das fehlt, und das wird auch in der Fernsehsitzung diesmal fehlen. Veitshöchheim ist ja ein zweigeteiltes Erfolgsmodell. Das eine ist die Bühne mit den großartigen Künstlerinnen und Künstlern. Das zweite ist das Publikum, das mit seinen Verkleidungen interagiert. Der zweite Teil wird fehlen. Insofern stelle ich mir heuer einfach vor, in welchen Kostümen Hubert Aiwanger oder Katharina Schulze aufgetreten wären – und freue mich dann einfach auf das nächste Jahr.
TV-Tipp: "Fastnacht in Franken", 5. Februar, 20.15 Uhr, Bayerisches Fernsehen.
Nachdem Ostern ausgefallen ist, und Weihnachten aus triftigem Grund auch nicht das Weihnachten war, wie wir es kennen und gerne gefeiert hätten, brauche ich auch keinen Fasching.