
Wenn Maria Anetzberger mit ihrer Gitarre beim Fasching auf der Bühne steht, staunen die Leute oft nicht schlecht. Denn die Texte der 26-Jährigen sind nicht gerade das, was man von Büttenreden sonst so kennt. Sie singt von schlechten Anmachsprüchen von Männern, Frauen bei der Feuerwehr, von ihren Erlebnissen als Bedienung beim Seniorennachmittag oder verschiedenen Alltagssituationen.
Dass Anetzberger so selbstbewusst auf der Bühne steht, ist nicht selbstverständlich. "Als Kind war ich total schüchtern", gibt die junge Frau aus Gerchsheim (Lkr. Main-Tauber) zu. Sie habe sich nicht mal getraut, auf dem Dorffest eine Bratwurst zu bestellen. "Dann hätte ich ja mit jemanden reden müssen." Doch als sie älter wurde, sei ihr bewusst geworden, dass ihre Schüchternheit ihr immer nur im Weg steht. "Ich habe dann zu meiner Mama in der 9. Klasse gesagt, dass ich es blöd finde schüchtern zu sein und damit jetzt aufhöre."
Mit Schlagfertigkeit auf die Faschingsbühne
Gesagt, getan: Heute ist von Schüchternheit bei Anetzberger nichts mehr zu spüren. Wenn sie die Bühne betritt, begrüßt sie selbstbewusst ihr Publikum. Dabei kann auch mal der ein oder andere freche Kommentar in Richtung Publikum oder Sitzungspräsident fallen. "Mir macht es total Spaß, spontan auf Situationen zu reagieren", erzählt sie. Ihre Schlagfertigkeit habe sie dabei vor allem bei ihrem Job als Bedienung beim Seniorennachmittag gelernt.
Und der ist auch Thema in ihren Liedern. Teils sarkastisch, teils überspitzt handeln ihre Texte von verschiedenen Situationen, die sie mit Seniorinnen und Senioren schon erlebt hat. Der ein oder andere im Publikum fühlt sich dabei dann auch schon mal ertappt. So erzählt Anetzberger von einem Auftritt, bei dem ein älterer Mann auf sie zukam und sie zum Seniorennachmittag bei ihm einlud. "Ich sollte dann mal vorbeikommen und mir anschauen, wie es dort in Wirklichkeit ist."
Von der Mädchenschule zur Industriemechanikerin
Aber nicht nur die Seniorinnen und Senioren sind bei Anetzberger Thema. Sie schreibt auch gern in ihren Liedern über die vermeintlichen Geschlechterrollen von Mann und Frau – zugespitzt, mit einer großen Portion Humor. So singt sie in einem ihrer Lieder beispielsweise: "Frauen tragen gern auch mal eine Uniform und das nicht nur beim Fasching oder bei 'nem soften Porn. Frauen tragen sie mit Stolz im Alltag – ganz real. Und was die Männer denken, ist uns sowas von egal."
Mit ihren Texten will Anetzberger die Leute zum Nachdenken anregen, damit sie weniger Vorurteile gegenüber dem anderen Geschlecht haben. "In meinen Augen ist der Unterschied zwischen Mann und Frau nicht mehr groß und jede Person kann alles machen und sein, was sie will."

Und Anetzberger selbst scheint das beste Beispiel dafür zu sein. Die Gerchsheimerin ist die einzige Frau in der örtlichen freiwilligen Feuerwehr Oberaltertheim und hat eine Ausbildung als Industriemechanikerin gemacht. "Da war ich nur von Männern umgeben", sagt sie. In ihrer Schulzeit hingegen war das noch ganz anders. Anetzberger ging auf eine Mädchenschule und stand schon mit elf Jahren als Tanzmariechen auf den Faschingsbühnen. Sie kennt die Vorurteile, mit denen man als Frau oft konfrontiert wird.
So werde ihr auf der Arbeit häufiger gesagt, dass sie nicht schwer heben könne. Doch Anetzberger sieht das anders. "Klar kann ich das und wenn nicht, dann melde ich mich schon", dennoch habe sie auch Verständnis dafür, dass viele Männer dies nur nett meinen würden. "Aber für mich kommt es so rüber, als könnte ich das nicht selbst", sagt die 26-Jährige. Andere Frauen hingegen würden sich darüber vielleicht freuen. Das Thema sei kein einfaches.
Auch in der Faschingssession 2024/2025 will Anetzberger wieder auftreten
Seit zwei Jahren steht die 26-Jährige nun schon bei verschiedenen Faschingssitzungen auf der Bühne, darunter Erlabrunn, Margetshöchheim und Schönfeld. Angefangen hatte damals alles während Corona. Damals hatte ihr die Sitzungspräsidentin ein Comeback als Tanzmariechen angeboten, doch die Gerchsheimerin hatte einen Gegenvorschlag: Sie wollte auf bekannte Lieder neue Texte dichten, die zum Nachdenken anregen.
Das kam gut an und später stand Anetzberger sogar bei der närrischen Weinprobe in Leinach auf der Bühne. Seitdem werde sie immer wieder von verschiedenen Faschingsvereinen angefragt. Nach dem Ende der diesjährigen Session will die Sängerin auch im kommenden Jahr wieder auf der Faschingsbühne stehen und schreibt dafür schon fleißig an neuen Liedern.