
Bis zum 2. Mai ist noch Zeit, die Grundsteuererklärung abzugeben. Als einziges Bundesland hat Bayern die Abgabefrist bis zum 30. April verlängert. Aufgrund des Wochenendes und des Feiertages endet die Frist nun am 2. Mai 2023. Aktuell liegt die Abgabequote in Bayern bei rund 80 Prozent. Von den 6,5 Millionen Einheiten, für die eine Erklärung eingereicht werden muss, ist das bereits bei über fünf Millionen geschehen, so das Bayerische Landesamt für Steuern auf Anfrage.
Fast 30 Prozent hätten ihre Erklärung so zeitig abgegeben, dass sie bereits die beiden Bescheide (Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag) erhalten hätten, aufgrund derer dann ab 2025 die Grundsteuer neu berechnet wird. 1,8 Millionen Hauptfeststellungen mit je zwei Bescheiden seien bereits getätigt worden, so das Landesamt. Mit 150.000 bewege sich die Zahl der Einsprüche auf niedrigem Niveau, heißt es auf Nachfrage. Das wären 8,4 Prozent bezogen auf die Hauptfeststellungen.
Steueranwalt: Stadt-Land-Gefälle wird nicht berücksichtigt
Der Würzburger Steuerberater Frank Rumpel von der Kanzlei Ecovis sagt dazu, dass seiner Kanzlei derzeit ausschließlich Grundsteuerbescheide vorliegen würden, "die nach unserer Auffassung einfache Fälle betreffen". Für komplexe Sachverhalte lägen dagegen noch keine Bescheide vor.
Im Verhältnis deutlich mehr Einsprüche seien es in seiner Kanzlei, so der Würzburger Rechtsanwalt und Steuerberater Detlef Mayer-Rödle. In Abstimmung mit seinen Mandaten lege er in zirka 75 Prozent der Fälle Einspruch ein, schätzt Mayer-Rödle: "Im Kern begründen wir unsere Einsprüche damit, dass die Regelungen des Grundsteuergesetzes, die maßgeblichen Bestimmungen des Bewertungsgesetzes und das Bayerische Grundsteuergesetz verfassungswidrig sind."

Ob er mit seiner Argumentation durchdringen werde, sei völlig offen. Im Kern gehe es ihm um die pauschale Bewertung von Grund und Boden mit 0,04 Euro pro Quadratmeter auf der einen, und von Wohn- und Nutzflächen mit 0,50 Euro pro Quadratmeter auf der anderen Seite. Hierbei würden keinerlei regionalen Wertunterschiede berücksichtigt, wie zum Beispiel das Stadt- und Land-Gefälle bei den Mieten. Diese hätten jedoch einen wesentlichen Einfluss auf den Wert von Immobilien.
"Es besteht keine Möglichkeit, durch ein privates Sachverständigen-Gutachten nachzuweisen, dass der tatsächliche Verkehrswert niedriger ist", kritisiert Mayer-Rödle. Das aber widerspreche dem Rechtsstaatprinzip. Da das Grundsteuergesetz an den Wert des Grundstücks anknüpfe, müsse dieser realitätsgerecht ermittelt werden. In Bayern aber würden die Grundsteuerwerte so stark nivelliert, dass Wertunterschiede nicht mehr realitätsgerecht abgebildet würden. Gerade dies habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil im Jahr 2018 aber verlangt.
Warum Bayern auf ein wertunabhängiges Flächenmodell setzt
Dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts führte zur Reform der Grundsteuer. Wobei die Länder aufgrund einer Öffnungsklausel im Bundesgesetz abweichende Grundsteuergesetze erlassen können. Bayern habe diesen Spielraum im Sinne der oftmals angemahnten Entbürokratisierung für ein wertunabhängiges Flächenmodell genutzt, so das Bayerische Landesamt für Steuern. Im Gegensatz zum Bundesmodell sei daher eine Neubewertung alle sieben Jahre nicht erforderlich.

Das bayerische Modell ziele somit ausschließlich auf Flächen und deren Nutzung ab. Bei Wohneigentum würden im Bundesmodell, das beispielsweise in Thüringen Anwendung findet, Mietniveau-Stufen einbezogen. Dies führe zu höheren Werten bei renditestarken Vermietungsobjekten oder Wohnhäusern in attraktiver Lage. In Baden-Württemberg werde nur der Bodenwert als Berechnungsgrundlage berücksichtigt, so Detlef Mayer-Rödle. Dabei kann der Bodenwert innerhalb einer Gemeinde je nach Lage stark variieren: in Tauberbischofsheim beispielsweise von 25 bis zu 145 Euro pro Quadratmeter.
Ob entsprechende Klagen erfolgsversprechend wären, ist unter Experten umstritten, sagt Detlef Mayer-Rödle. Er könne sich nicht vorstellen, dass das gesamte Grundsteuerrecht sofort für nicht mehr anwendbar erklärt werden würde. Es gebe dann wohl erneut Übergangsfristen. "Denkbar und nicht ganz unwahrscheinlich" wäre aber auch, dass es aufgrund der einzelnen Landesgesetze zu unterschiedlichen Beurteilungen der Verfassungswidrigkeit komme. Die Folge wäre ein sicherlich nicht gewollter Flickenteppich von verfassungskonformen und verfassungswidrigen Ländergesetzen.
Ist in jedem Fall ein Einspruch nötig?
Aber auch die Frage eines generellen Einspruchs werde kontrovers diskutiert, sagt der Steuerberater Frank Rumpel. Die allgemeine Behauptung, die Grundsteuerreform sei verfassungswidrig, werde aktuell kaum als Einspruchsbegründung akzeptiert werden. Darum halte er die Einlegung eines Einspruchs allein aus diesem Grund für nicht erforderlich, da er davon ausgehe, dass eine mögliche Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerreform nicht rückwirkend festgestellt werden würde. Er wäge deshalb jeden Einspruch im Einzelfall ab, so Rumpel.

Da jeder Einspruch Arbeit und Kosten sowohl beim Steuerpflichtigen, als auch in der Finanzverwaltung verursache, wäre es wünschenswert, dass alle Grundsteuermess- und Äquivalenzbescheide hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken für vorläufig erklärt werden, sagt Mayer-Rödle. Damit würden sich Einsprüche erübrigen. Vielleicht wartet man seitens der Verwaltung in Bayern noch auf eine entsprechende Klage, um eine Grundlage für einen Vorläufigkeitsvermerk zu haben.
Das bayerische Landesamt für Steuern weist auf Nachfrage darauf hin, dass die in Einsprüchen angegebenen Gründe breit gestreut seien. Zum Beispiel abweichende Wohn- oder Nutzflächen oder nicht berücksichtigte Freibeträge. Allerdings sei auch die Begründung, die Anwendung des Grundsteuergesetzes würde gegen die Bayerische Verfassung oder das Grundgesetz verstoßen, ein häufig genannter Grund für den Einspruch.
Da die Bürgermeister und Gemeinderäte von den Bürgern gewählt werden, hätte man hier schon einen Einfluss auf die Grundsteuer.
Wenn ich den Durchschnittswert für den Hebesatz in Unterfranken so sehe, frage ich mich, ob in den Gemeinden die richtigen Leute sitzen - oder obs den Grundbesitzern einfach egal ist.
Man wird sehen, wie sich das weiterentwickelt.