Setzte sich jemand an die Konsole und erklärte dabei, er mache nun Sport – lange Zeit hätte er dafür schräge Blicke geerntet. Aber auch wenn heute noch viele darüber ihren Kopf schütteln, so hat das professionelle Spielen am Computer oder der Konsole in den letzten Jahren stark an gesellschaftlicher Akzeptanz gewonnen. Selbst in der Politik ist das Thema angekommen. Die Große Koalition hat die Förderung des sogenannten elektronischen Sports, kurz E-Sport, sogar auf ihre politische Agenda gesetzt.
Dabei geht es um Spiele im Virtuellen, für die hohe motorischen und geistige Fähigkeiten vorausgesetzt werden. Auch wenn der Begriff E-Sport in Deutschland bei vielen Menschen noch auf Befremden trifft und eher ein Nischendasein führt, so ist das Spielen, oder im Fachjargon Zocken, an der Konsole oder am PC vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen bereits seit langem ein beliebtes Mittel der Freizeitgestaltung.
E-Sport-Profi zu Gast auf der Web Week
In diesem Zusammenhang wurde auf der Würzburger Web Week dem Thema E-Sport eine eigene Veranstaltung gewidmet. Im Informatikgebäude der Universität gab es eine Podiumsdiskussion, an der unter anderem auch Kai „deto“ Wollin teilnahm, E-Sport-Profi und mehrmaliger Weltmeister in FIFA, einem Konsolen- und Computerspiel, in dem man mit einem Controller ausgestattet vor dem Fernseher eine Fußball-Mannschaft navigieren kann.
Preisgelder in vierstelliger Größenordnung sind für solche Titel im E-Sport durchaus realistisch. Werden noch Sponsorengelder und Werbung hinzugerechnet, so lässt sich davon ganz gut auskommen. „Ich studiere nebenher noch, aber ich könnte aktuell von dem Einkommen leben“, erklärt Wollin.
Mehr Talent an der Konsole als auf dem Platz
Auch wenn das erwartbare Renommee und der Verdienst von dem eines richtigen Fußballstars noch weit entfernt ist, so ist der Karriereweg ein kürzerer. „Ich habe früher Fußball auch aktiv auf dem Platz gespielt und parallel dazu FIFA“, erläutert der E-Sport Profi. Irgendwann hat er dann sein größeres Talent an der Konsole ausgemacht. Da das Spiel auch online spielbar ist und es eine große Spielegemeinschaft umfasst, ist man bei den Spielegegnern nicht auf den unmittelbaren Freundeskreis beschränkt. Es können damit jederzeit die besten Spieler aufeinandertreffen, um sich zu messen.
„Spiele wie FIFA oder League of Legends haben einen viel weiteren Weg, was das Marktpotenzial anbelangt.“, erklärt Michael Berchtold, Diskussionsteilnehmer und geschäftsführender Gesellschafter bei eSportsReputation, einer Firma aus München, deren Geschäftsmodell auf der Förderung und Beratung von E-Sportlern beruht. Berchtold: „Der virtuelle Fußball hat eine deutlich größere Dynamik als der reale Sport und ein enormes Entwicklungspotenzial.“
In unbekannte Realitäten vorstoßen
Die Universität Würzburg hat das Zukunftspotenzial erkannt und sich die Ausbildung von Software- und Spieleentwicklern auf die Fahne geschrieben. Mit den beiden Studiengängen „Games Engineering“ und „Mensch-Computer-Systeme“ bietet die Uni zwei Bachelor-Studiengänge für die Ausbildung der Spezialisten von morgen in diesem Bereich an. Professor Dr. Sebastian von Mammen vom Lehrstuhl für Mensch-Computer-Systeme der Universität Würzburg erklärt: „Die Spiele werden immer anspruchsvoller, was die kognitiven Leistungen betrifft. Wir sehen den Mehrwert immer mehr, und die gesellschaftliche Akzeptanz steigt.“ Was für ihn den besonderen Reiz ausmacht: „Mit Computerspielen können wir uns in Realitäten begeben, die wir sonst nicht erleben würden. Die Grenzen zwischen Realem und Surrealem verschwimmen.“
Seiner Ansicht nach müssten die Gründerkultur gefördert und bürokratische Hemmnisse abgebaut werden. Würzburg bereite mit den passsenden Studiengängen einen fruchtbaren Boden für zukünftige Gründer mit guten Ideen und Innovationen in Franken.
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion gab es noch ein Showmatch, indem sich einer der Zuschauer mit dem E-Sport Profi messen durfte. Es traten an: Die Würzburger Kickers gegen Real Madrid. Zur Pause stand es 1:1.
Mehr zur Würzburger Web Week:
Da schwitzt nur die CPU und nicht der Daddler...