Wäre seine mechanische Schreibmaschine nicht kaputtgegangen, so hätte sich für Hans Seufert der Einstieg in das digitale Zeitalter noch hinausgezögert oder wäre sogar ganz ausgefallen. Doch irgendwann funktionierte das gute Stück nicht mehr, und Ersatzteile gab es keine mehr. Er musste eine Entscheidung treffen. Eine neue alte Schreibmaschine vom Flohmarkt oder eben ein Computer. Hans Seufert wählte den zeitgemäßen und mutigeren Weg. Er besorgte sich einen Laptop. Nun muss sich der 73-Jährige mit einer ihm vollkommen neuen Technik auseinandersetzen.
„Ich bin mein Leben lang dem Computer aus dem Weg gegangen und auch im Berufsleben war ich nicht auf ihn angewiesen“, erzählt der ehemalige Werbekaufmann. Nun wagt er die „Konfrontation“. Denn aus dem modernen Alltag sind digitale Medien wie Laptop, Tablet und Smartphone nicht mehr wegzudenken.
An Stelle der Schreibmaschine einem Laptop Platz machen
Die ausschlaggebende Motivation, anstelle der Schreibmaschine einem Laptop Platz zu machen, war für Seufert rein zweckmäßiger Natur: „Ich hatte keine Lust mehr, auf Korrekturmöglichkeiten zu verzichten, wenn ich mich verschrieben habe, und das habe mich ich oft“, erzählt er schmunzelnd. Die vielen technischen Erleichterungen, die Fülle an Möglichkeiten und der inzwischen zunehmend zur alltäglichen Notwendigkeit gewordene Umgang mit moderner Technik im digitalen Zeitalter überzeugen mittlerweile auch die bislang vehementeren Verweigerer der Informationstechnologie.
Um älteren Menschen beim Einstieg und im Umgang mit den digitalen Medien zu helfen, hat die Caritas zusammen mit der Stadt Würzburg vor 18 Jahren das Internetcafé „Von Senioren für Senioren“ gegründet, dass sich nun im Seniorenzentrum St. Thekla am Ludwigskai befindet. Dort gilt die Maxime: Computererfahrene Ruheständler bringen hier unerfahrenen älteren Menschen den Umgang mit den digitalen Medien bei.
Das Angebot kommt bei den Senioren gut an
Das Angebot kommt bei den Senioren gut an. Die Anliegen der Gäste sind vielfältig. So geht es unter anderem um das Anlegen eines E-Mail-Kontos und seine Nutzung, das Übertragen von Fotos oder die Einführung in ein neues EDV-Programm. Drei bis vier erfahrene PC-Anwender sind stets anwesend und bieten ihre Hilfe an. „Jeder hat seinen Fachbereich, in dem er sich gut auskennt. Ich bin der Updatespezialist hier“, erklärt Klaus Werner schmunzelnd. Der 71-jährige hilft seit knapp zehn Jahren im Café als Lehrender.
Gerade sitzt er mit Hans Seufert zusammen und erklärt ihm geduldig die ersten Schritte und Grundlagen am nagelneuen Laptop. Beim Kauf hat er ihn auch beraten. „Was wir geben, ist Hilfe zur Selbsthilfe und das am besten an ihrem eigenen Laptop“, erklärt Werner. Denn wenn die Leute ihr eigenes Gerät mitbringen, können sie das Gelernte zuhause gleich anwenden und üben.
Die meisten Senioren, die ihre Hilfe in dem Café anbieten, hatten früher beruflich mit modernen Medien zu tun. Klaus Werner etwa arbeitete im Uni-Klinikum und war dort der inoffizielle Computerspezialist. „Wenn es ein Problem gab, hieß es oft, Klaus, komm mal her“, erinnert er sich.
Verschiebung in Richtung Smartphone und Tablet
Aber auch er hält sich ständig auf dem Laufenden und arbeitet sich immer wieder in neue Bereiche ein. Er stellt fest, dass sich die Anliegen, mit denen die Ratsuchenden zu ihnen kommen, weg vom „normalen“ Computer, immer stärker in Richtung Smartphone und Tablet verschieben. „Ich habe mir erst vor kurzem ein eigenes Smartphone gekauft und arbeite mich gerade selbstständig darin ein“, berichtet er.
Eine weitere Helferin ist Doris Baumann. Die 78-Jährige leitet eine Dame gerade dabei an, Fotos von ihrem Handy auf den PC zu übertragen. Während dessen tauchen ständig neue Fragen auf, die sie beantworten soll. „Manchmal braucht es schon Geduld“, erklärt sie humorvoll. Aber das ist genau das, was das Internetcafé für Senioren auszeichnet. Im Gegensatz zu vielen Jungen, die mit dem Digitalen aufgewachsen sind, können sich die Helfer hier viel besser in ihr unerfahrenes Gegenüber hineinversetzen und sind geduldiger.
„Das war ziemlich hart“
„Mir wurde damals von meiner Chefin ein PC vor die Nase gesetzt und gesagt, 'Lern' damit umzugehen.' Das war ziemlich hart“, erzählt die frühere Angestellte beim Landessportverband. Aber sie hat die Umstellung geschafft und hilft nun Senioren, die dasselbe in höherem Alter noch schaffen möchten. „Es macht unglaublich viel Spaß, den Leuten etwas beizubringen“, erklärt die leidenschaftliche Computernutzerin.
Zu Kritik und Skepsis gegenüber dem Internet und Smartphones hat sie eine deutliche Meinung. „Es ist immer eine Frage der Nutzung. Man kann unglaublich viel am Smartphone lernen.“ Sie selbst nutzt viele Angebote im Internet. „Insbesondere die Podcasts haben es mir angetan“, schwärmt sie.
Ahnenforschung mit dem Computer
Fünf große Tischcomputer umfasst das Internetcafé. Viele Gäste kommen auch nur, um selbstständig am Computer zu arbeiten und bei Bedarf fachkundige Helfer zur Verfügung zu haben. Einer der Stammgäste ist Hermann Drewes. Der pensionierte Facharbeiter bei Opel geht hier seit fast 15 Jahren regelmäßig ein und aus. Neben Ahnenforschung, für das er ein spezielles Programm benutzt, hat er den Umgang mit der Tabellensoftware Excel erlernt und nutzt das Internet auch anderweitig zur Informationsbeschaffungs- und zu Unterhaltungszwecken.
„Eigentlich habe ich mich gegen Computer immer gewehrt“, berichtet er. Es war sein Enkel, der ihn mit der Frage: „Wo kommen wir eigentlich her?“, dazu bewog, Ahnenforschung zu betreiben und dafür den Umgang mit dem Computer zu erlernen. „Am Anfang hat mir mein Sohn viel dabei geholfen, nun mache ich das meiste selbstständig“, erzählt er.
Notizen, um zuhause weiter üben zu können
Hans Seufert hat inzwischen seine erste Lektion mit Klaus Werner an seinem neuen Laptop abgeschlossen. „Jetzt weiß ich schon mal, wie er angeht und kenne die Symbole etwas besser“, zieht er zufrieden Bilanz. Notizen hat er sich auch gemacht, um zuhause weiter üben zu können. Damit ihn die Fülle an Möglichkeiten und Angeboten, die der Computer bietet, nicht erschlägt, will er sich aber erst mal auf die Grundlagen und das Schreiben von Texten konzentrieren.
Internetcafé von Senioren für Senioren
- Alle Hashtags zur Web Week
- Was Stahl und Digitalisierung verbindet
- Wie sich der Journalismus ändern muss
- Wenn die Schachfigur aus dem Drucker kommt
- Cybermobbing als sensibles Thema für Jugendliche
- Frag-würdig: 24 Stunden auf Sendung
- "Die Web Week sorgt für Furore"