
Am Montagmorgen hatten wir im Klinikum 39 Patienten in Corona-Isolation, davon werden acht auf der Intensivstation behandelt. Über den Jahreswechsel gab es zwar einige Entlassungen und auch Todesfälle, insgesamt sind aber deutlich mehr Patienten dazu gekommen. Was wir vor allem sehen, ist ein Anstieg bei der Zahl der Intensivpatienten – sowohl bei uns im Klinikum als auch in anderen Krankenhäusern in der Region.
Deshalb waren trotz der Feiertage immer wieder enge Absprachen zwischen den Fachabteilungen im Klinikum nötig. Diese Kommunikation hat gut geklappt, aber die Lage ist nach wie vor herausfordernd. Die gute Botschaft dabei: Wir sind weiter aufnahmebereit. Das heißt, wir haben nach wie vor Kapazitäten und sind räumlich und materiell gut ausgestattet.
Grundlage dafür war und ist, dass wir uns bei allen Operationen, die eine intensivmedizinische Überwachung nach sich ziehen könnten, ganz strikt fokussieren. Notfall-Eingriffe finden natürlich statt, aber alles, was planbar ist, wird von Tag zu Tag geprüft und entschieden. Wir wollen auf keinen Fall eine Situation schaffen, in der wir Covid-Patienten nicht mehr beatmen könnten.
Bereits 150 Mitarbeiter sind geimpft worden
Der Jahreswechsel war somit auch im Klinikum anders als je zuvor. Es herrschte stetige Anspannung, kaum eine Schicht blieb, wie sie geplant war. Das war sicher für alle Betroffenen eine besondere Erfahrung und nicht einfach. Aber ich glaube, es ist allen ganz gut gelungen, sich da durch zu kämpfen.
Ein Lichtblick ist, dass wir am 31. Dezember und 1. Januar mit den Impfungen beginnen konnten. Das lief sehr gut und ohne Probleme. Mittlerweile wurden bereits 150 Mitarbeiter geimpft. Damit haben wir alle uns zur Verfügung gestellten Dosen genutzt und warten jetzt wie überall in Deutschland auf Nachschub.
Sehr bewegt hat mich am Montag ein langer Brief, den mir die Mutter einer Patientin geschrieben hat. Bei ihrer Tochter, die als Frühchen bereits in der Kinderklinik am Mönchberg zur Welt gekommen war und die inzwischen im Teenager-Alter ist, wurde jetzt die Diagnose Diabetes Typ 1 gestellt. Die Familie war sehr froh, dass sich die Behandler in der Kinderklinik trotz aller Corona-Anspannung sehr empathisch um die Jugendliche gekümmert haben. Und dass es gelungen ist, die Therapie um den Alltag der Patientin herum aufzubauen.
Sie ist eine sportliche junge Frau mit viel Kampfgeist, die das auch entsprechend angenommen hat. In dem Brief der Mutter spürte man große Dankbarkeit, dass trotz Pandemie auch für die anderen Patienten mit Aufopferung gekämpft wird. Das zu lesen, fand ich sehr schön.
Denn meiner Einschätzung nach haben wir noch nicht den Gipfel der Krise erreicht. Deshalb kann ich Diskussionen um eine Verlängerung des Lockdowns gut nachvollziehen, gerade mit Blick auf die steigenden Anfragen nach Intensivversorgung auch bei uns. Dennoch bin ich hoffnungsvoll, dass die Impfung uns wirklich voranbringt. Ja, auch das geht leider in langsamerem Tempo, als man sich vielleicht erhofft hat – aber die Richtung stimmt.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er seit vielen Wochen regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch
Zentralisierung funktioniert nicht immer.