Die Woche endet bei uns im Klinikum leider so, wie sie begonnen hat: Die Corona-Zahlen steigen weiter. Wir behandeln momentan 20 Covid-Patienten, vier davon auf der Intensivstation. Mit den Nicht-Corona-Notfällen zusammen sind die Intensivstationen somit voll belegt – am Standort Missioklinik wie auch im Juliusspital.
Grund zur Panik ist das jedoch nicht: Wir werden gefordert, aber die Lage ist unter Kontrolle und wir können das steuern. Denn in der Situation ist eine gewisse Dynamik. Es gibt zum Beispiel intensiv behandelte Patienten, die bei Bedarf verlegt werden können. Gleichzeitig lässt sich die Kapazität aufstocken, wir können noch einen zusätzlichen Bereich für Beatmungsbetten eröffnen. Sollten also am Wochenende neue Intensivpatienten kommen, muss niemand Angst haben, nicht versorgt zu werden.
Brennpunkte waren hingegen in den vergangenen beiden Tagen die normalen Corona-Stationen. Hier liegen mittlerweile deutlich mehr Patienten. Deshalb haben wir an beiden Standorten entschieden: Das planbare operative Geschäft wird heruntergefahren – nicht komplett gestoppt, aber deutlich gedrosselt. Ziel ist es, mehr Betten für die Innere Medizin zur Verfügung zu haben. Notfälle werden aber weiter uneingeschränkt operativ versorgt, da besteht keine Gefahr. Und auch wichtige onkologische Operationen finden weiter statt.
Höhere Nachfrage nach Material durch die neuen Impfzentren
Solche Entscheidungen sind nicht leicht, und man muss sie natürlich den Patienten erklären. Wenn man die Betroffenen aber anruft und mit ihnen spricht, erntet man meist Verständnis. Denn für uns, für die Mitarbeiter, wäre es anders nicht gegangen. So war die Anspannung auf der Corona-Station in der Missioklinik am Mittwoch noch maximal – jetzt hat sie sich durch die Personalverschiebungen entspannt.
Überrascht hat mich am Freitag, dass wir tatsächlich bereits Auswirkungen der Impfzentren spüren, die landesweit aufgebaut werden. Das ist mir bei einem Gespräch mit der Materialwirtschaft klar geworden. Denn die Zentren brauchen ebenfalls Handschuhe, Kanülen, Spritzen - und wir merken, dass es eine höhere Nachfrage gibt. Deshalb müssen wir uns zusätzlich eindecken, damit es nicht zu Engpässen kommt.
Bei der Visite auf der Corona-Station habe ich mich dann mit einer besonderen Patientin unterhalten: einer Altenpflegerin, die selbst schon Covid-Patienten versorgt hat und sonst diejenige ist, die am Bett steht und pflegt. Jetzt helfen wir ihr, sie hat die Perspektive gewechselt. Das ist nicht einfach. Ich denke aber, wir werden ihr gut zur Seite stehen können.
Und eine Sache ist mir noch bewusst geworden: Es gibt in der Klinik auch stille Helden, auf die in der Corona-Hektik niemand achtet, die aber enorm wichtig sind. Ein Beispiel dafür ist einer unserer Krankenpfleger, der für qualifizierte Patiententransporte zuständig ist. Er ist immer freundlich, kümmert sich gut um die Erkrankten und er weist uns oft auf Bedürfnisse der Patienten hin. Das ist jemand, der nicht im Fokus steht – der aber ein ganz großes Herz für die Menschen hat.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist auch für die Behandlung von Covid-19-Patienten zuständig. Im Tagebuch gibt er Einblicke in den Klinikalltag, im Dezember immer dienstags, donnerstags und samstags: www.mainpost.de/corona-tagebuch