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Gaukönigshofen
Die Vor- und Nachteile der 4-Tage-Woche: Betrieb aus Gaukönigshofen lässt Mitarbeiter nun frei wählen
Die Mitarbeiter bei NSI-Technik können sich aussuchen, ob sie fünf oder vier Tage pro Woche arbeiten. Wie zufrieden sie sind und wie das organisatorisch klappt.
Nicolas Sieber, Tanja Nöth, Michael Nöth und Manuel Wendinger (von links)  vor der Lagerhalle der Firma NSI-Technik in Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg). Geschäftsführer Michael Nöth bietet seinen Mitarbeitenden  eine 4-Tage-Woche an.
Foto: Daniel Peter | Nicolas Sieber, Tanja Nöth, Michael Nöth und Manuel Wendinger (von links)  vor der Lagerhalle der Firma NSI-Technik in Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg).
Anna Kirschner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:10 Uhr

Statt an fünf nur noch an vier Tagen arbeiten – kann das Fachkräfte in Unternehmen bringen, oder zumindest halten? Das hofft Michael Nöth. Seine Firma "NSI-Technik" in Acholshausen (Gaukönigshofen, Lkr. Würzburg) ist eine von mehreren Handwerksfirmen in Unterfranken, die die 4-Tage-Woche anbieten. In seinem Sanitär-Heizung-Klima-Betrieb (SHK) können sich die Mitarbeitenden seit März 2021 aussuchen, ob sie an vier oder fünf Tagen in der Woche arbeiten.

4-Tage-Woche im Landkreis Würzburg

Bisher haben bei NSI-Technik sechs von 14 Mitarbeitenden die kürzere Woche gewählt. Einer von ihnen ist Nicolas Sieber, 39 Jahre alt und SHK-Meister. Er und sein direkter Kollege stellten Anfang 2022 als erste um. "Ich habe mich mit meinem Kollegen verständigt, weil wir gerade eine neue Baustelle angefangen haben." Beide fanden die Idee "super", wie Sieber sagt. "Wenn man das mischt, ist es vielleicht unangenehmer. Wenn nur ich montags bis donnerstags auf der Baustelle wäre, und der Kollege montags bis freitags, hätte das zur Folge, dass ich jeden Tag eineinhalb, zwei Stunden abends alleine bin und der Kollege den ganzen Freitag. Aber es ist besser, wenn man zu zweit ist."

Nicolas Sieber in  der Lagerhalle der Firma NSI-Technik im Ochsenfurter Gau. Er hat sich für die 4-Tage-Woche entschieden.
Foto: Daniel Peter | Nicolas Sieber in der Lagerhalle der Firma NSI-Technik im Ochsenfurter Gau. Er hat sich für die 4-Tage-Woche entschieden.

Für Sieber hat die 4-Tage-Woche einen signifikanten Vorteil: Er kann den gesamten Freitag nutzen, um mit dem privaten Hausumbau voran zu kommen. "Das ist super praktisch, deswegen habe ich es dankbar angenommen." Im Dezember wird er Vater und will die Regelung dann beibehalten. Sein Kollege freute sich laut Firmenchef Michael Nöth ebenfalls über die Umstellung: "Er hat einen weiten Anfahrtsweg und spart sich so 160 Kilometer pro Woche. Auf den Monat gerechnet ist das eine gute Tankfüllung" – bei gleichem Gehalt.

Wochenarbeitszeit bleibt bei 4-Tage-Woche gleich

Auch die Wochenarbeitszeit bleibt gleich: 40 Stunden in Vollzeit. Das macht die Organisation recht einfach, wie der Geschäftsführer Nöth erzählt: "Manche arbeiten Freitag und haben dafür Montag frei. Ich bin da flexibel. Das Arbeitspensum bleibt ja gleich, wir planen einfach dementsprechend." Manche Baustellen stehen freitags eben still. Prinzipiell sei ein monatsweiser Wechsel zwischen den Modellen möglich. Nöth weiß aber auch: "Es will nicht jeder die 4-Tage-Woche."

So geht es Manuel Wendinger, 35 Jahre alt und ebenfalls SHK-Meister in Nöths Betrieb. Er hat sich gegen die 4-Tage-Woche entschieden. "Ich habe zwei Söhne im Kindergartenalter. Für mich ist es schöner, wenn ich sie abends ins Bett bringen oder mich mit ihnen beschäftigen kann." Vollzeit berufstätig – da bliebe sonst nur das Wochenende. "Wenn ich freitags nicht arbeiten würde, wären sie ja trotzdem im Kindergarten. Dann hätte ich unterm Strich wahrscheinlich weniger Zeit mit meinen Kindern."

Manuel Wendinger ist Kundendienstleiter bei NSI-Technik und bei der 5-Tage-Woche geblieben.
Foto: Daniel Peter | Manuel Wendinger ist Kundendienstleiter bei NSI-Technik und bei der 5-Tage-Woche geblieben.

Wendinger ist Kundendienstleiter, also auch für Notfälle zuständig. Da passt es gut, dass er weiterhin montags bis freitags arbeitet. "Wenn der Kunde anruft und am Freitag ein Problem hat, kann man nicht sagen, du musst bis Montag warten", sagt der Installations- und Heizungsbaumeister. Ein Rohrbruch kann eben nicht warten.

Baustellen lassen sich auch auf vier Tage planen

"Auf Baustellen ist das nicht so", berichtet Sieber. Er teile sich die Arbeit, die in einer Woche ansteht, selbst ein, und arbeite montags bis donnerstags von 7.30 bis 18.15 Uhr. Zehn Stunden täglich, "das war am Anfang eine Umstellung", erzählt der Bauleiter. "Der erste Monat war anstrengender als normalerweise. Aber man gewöhnt sich dran. Mittlerweile passt es." Seine Freitage, Samstage und Sonntage verbringt Sieber dann auf der Privatbaustelle.

Sieber glaubt an die Anziehungskraft der 4-Tage-Woche. "Ich denke, dass man damit Mitarbeiter anlocken kann. Ich glaube, es funktioniert." Auch weil viele Handwerker um die Ecke es noch nicht anbieten würden. "Mit manchen kann man auch nicht darüber reden", denkt Sieber. Für ihn war das Angebot bei NSI-Technik aber anfangs nicht der ausschlaggebende Grund für den Wechsel vom Büro- in den Handwerksjob. Er kam, wie neun weitere Mitarbeiter, im vergangenen Jahr in Michael Nöths Firma. Sieber wollte eine neue Herausforderung und fand zudem eine bessere Bezahlung.

Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen

Mit der 4-Tage-Woche will Geschäftsführer Michael Nöth für Zufriedenheit unter der Belegschaft sorgen. "Meine größte Intention ist, ein gutes Betriebsklima zu haben", sagt Nöth. "Das Schlimmste ist, wenn man morgens zur Arbeit geht und schon keine Lust hat. Man verbringt ja nicht nur drei Stunden im Monat auf der Arbeit. Und unser Beruf ist nicht der leichteste. So einen 400 Kilo Kessel in den Keller tragen ist nicht das, was jeder gern jeden Tag macht", so der Chef. Immerhin hat er in diesem Jahr einen Azubi gefunden. "Wir hätten auch zwei genommen", sagt Nöth.

Michael Nöth und Tanja Nöth wollen für eine hohe Zufriedenheit unter ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sorgen.
Foto: Daniel Peter | Michael Nöth und Tanja Nöth wollen für eine hohe Zufriedenheit unter ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sorgen.

Ehefrau Tanja Nöth arbeitet auch im Betrieb und legt ebenfalls Wert auf eine hohe Zufriedenheit, denn in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikbranche gibt es viel Kundenkontakt. "Und wenn ein unmotivierter Mitarbeiter einen Kunden anschnauzt", sagt sie, "dann heißt es nicht der Monteur, sondern die Firma ist schlecht."

Wie IHK und HWK die Lage einschätzen

Sascha Genders von der IHK Würzburg-Schweinfurt hält die 4-Tage-Woche für einen Baustein in der modernen Arbeitswelt: "Wir wissen, dass Betriebe mehr auf flexible Arbeitszeiten setzen. Das ist seit Jahren ein Trend. Es wäre aber ein Trugschluss, dass die 4-Tage-Woche die Lösung wäre für den Fachkräftemangel. Sie ist ein Baustein unter vielen unter der Überschrift flexibles Arbeiten." In der Region sei die 4-Tage-Woche eher die Ausnahme als die Regel. 
Die Handwerkskammer Unterfranken schätzt das ähnlich ein: "Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müssen viele Stellschrauben gedreht werden", sagt Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken. "Für das Handwerk braucht es vor allem weitere Anstrengungen von politischer Seite zur Stärkung und Gleichstellung der beruflichen Bildung. Das ist die Grundvoraussetzung. Darauf aufbauend ist für den einen oder anderen Betrieb die 4-Tage-Woche sicherlich ein Argument, um neue Fachkräfte anzusprechen und Mitarbeitende zu binden."
Quelle: anki
 
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