zurück
Dettelbach
Work-Life-Balance: Dettelbacher Betrieb stellt auf die 4-Tage-Woche um – das sagen der Chef und die Beschäftigten dazu
Die Hannweber flooring GmbH & Co. KG schickt ihre Monteure schon am Donnerstag ins Wochenende. Warum dieses Arbeitszeit-Modell dem Betrieb und den Beschäftigten so attraktiv erscheint.
Fußböden legen die Monteure eines Dettelbacher Betriebs fortan nur noch an vier Tagen die Woche.  Geschäftsführer Franz Döring blickt mit dem Vertrauen in die Zukunft, dass das Arbeitszeitmodell ein voller Erfolg sein wird. 
Foto: Tabea Goppelt | Fußböden legen die Monteure eines Dettelbacher Betriebs fortan nur noch an vier Tagen die Woche.  Geschäftsführer Franz Döring blickt mit dem Vertrauen in die Zukunft, dass das Arbeitszeitmodell ein voller ...
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:05 Uhr

Freitags arbeitet keiner, außer im Büro: So funktioniert das neue Arbeitszeitmodell der Hannweber flooring GmbH & Co. KG in Dettelbach. Seine Monteure schickt Geschäftsführer Franz Döring nur noch montags bis donnerstags auf die Baustelle. Dafür gehen die Arbeitstage etwas länger, von 7 bis 17.15 Uhr statt bis 16.30 Uhr. Nur sein Meister und er sind bei der Fünf-Tage-Woche geblieben. Vom neuen Arbeitszeitmodell verspricht der Betriebswirt sich viel – seine Beschäftigten ebenfalls. 

Viele Erwartungen hängen an der Vier-Tage-Woche

"Damit sie ausgeglichener sind, damit sie mehr Zeit für die Familie haben, damit sie vielleicht auch motivierter sind, wenn sie Montag auf die Arbeit kommen", das waren Dörings Ziele bei der Arbeitszeit-Umstellung. Schon am ersten Montag nach der Einführung seien seine Monteure morgens mit einem Lachen ins Büro gekommen. "Wenn jetzt die Produktivität nicht darunter leidet, ist das für mich ein voller Erfolg", sagt der Geschäftsführer. 

Damit der Freitag ganz wegfallen kann, verkürzte sich die Mittagspause von einer Stunde auf 45 Minuten, aber auch die Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden. Bei gleich bleibendem Lohn ist das für die Beschäftigten eine indirekte Gehaltserhöhung. "Das war ein kleines Zuckerle obendrauf", sagt Döring. Dadurch liegt der Lohn für die Monteure sogar nun über dem Tarif.

Offen spricht der 31-jährige Geschäftsführer auch über ein weiteres Ziel, das er mit diesem neuen Arbeitszeitmodell verfolgen will: die Akquise von Fachkräften und Auszubildenden. In der Industrie gebe es mehr Möglichkeiten für Gehaltserhöhungen oder Homeoffice. "Für mich ist das am Ende mit die einzige Alternative gewesen, um das Ganze attraktiver zu machen", sagt er über die Änderung der Arbeitszeiten.

Im Notfall am Freitag arbeiten – aber zumindest nicht am Samstag

Ein Azubi wird im September seine Lehre starten und ein neuer Mitarbeiter wird dazukommen. Kapazitäten hätte der Betrieb Döring zufolge aber noch, um eine weitere Ausbildungsstelle zu besetzen und zwei bis drei Fachkräfte mehr zu beschäftigen. Wartezeiten bei den Kunden und Fehlzeiten seiner Beschäftigten kann der 31-Jährige nicht ausgleichen: "Wenn einmal jemand ausfällt, ist gleich Land unter", sagt er über die aktuelle Situation. Im Notfall könnten ein paar Stunden am freien Freitag einer Baustelle zum Opfer fallen; zumindest müsse aber nicht mehr auf den Samstag ausgewichen werden. 

Die Idee wuchs im Zusammenspiel mit den Beschäftigten

Einer seiner Monteure hätte schon seit längerem immer wieder nach einer Vier-Tage-Woche gefragt, doch Döring habe die Idee anfangs kritisch gesehen. "Im Handwerk hat man eh schon so wenig Zeit und dann kürzt man noch den Freitag runter; das hört sich im ersten Gedanken so negativ an."  Vier Wochen vor der Umstellung hätte er die konkreten Planungen begonnen, auch mal "den Taschenrechner in die Hand genommen", alles durchkalkuliert. 

Unproduktive Zeiten wie die Fahrt zur Baustelle und zurück kann Döring so einmal die Woche einsparen, den dafür nötigen Sprit ebenfalls. Die Einsatzorte liegen Döring zufolge im Umkreis von bis zu 100 Kilometern, größtenteils aber im Raum Würzburg. Und seine Beschäftigten sparen sich einmal den Arbeitsweg. Umweltfreundlichkeit, die Döring zufolge auch bei den Kunden gut ankomme.

Mit seinen Beschäftigten habe er an einem Freitagnachmittag die Konditionen durchgesprochen und am Montagmorgen darauf bereits die letzte Unterschrift für die Anpassung des Arbeitsvertrags erhalten. Ab 1. August ging es dann auch schon los. Insgesamt sagt Döring: "Umso länger man über das Thema nachdenkt, war es einfach die richtige Entscheidung bisher."

Monteur Waldemar Brandt (43): "Keiner rennt mehr in der Gegend rum."

Monteur Waldemar Brandt fährt schon seit Jahrzehnten als Fußbodenleger auf Baustellen. Die Vier-Tage-Woche wird funktionieren, ist er sich sicher. 
Foto: Tabea Goppelt | Monteur Waldemar Brandt fährt schon seit Jahrzehnten als Fußbodenleger auf Baustellen. Die Vier-Tage-Woche wird funktionieren, ist er sich sicher. 

"Am Freitag werden meist schnelle Kleinigkeiten gemacht", sagt Monteur Waldemar Brandt. "Wenn du das auf die Tage draufrechnest, brauchst du den Freitag nicht." Auf der Baustelle selbst nutzt er die Stunde zwischen 16 Uhr und 17 Uhr zum Beispiel, um in Ruhe die Fläche vorzubereiten für den nächsten Tag. Andere Handwerker würden oft um 16 Uhr schon gehen – dann "rennt keiner mehr in der Gegend rum", sagt Brandt.

Behördengänge und Arzttermine zu erledigen, ohne einen Tag frei nehmen zu müssen: Das zählt der Monteur zu den Vorteilen der Vier-Tage-Woche. Der größte Vorteil? "Bei mir ist das die Familie, ist ja klar", sagt der Vater zweier Töchter. Freitags könne nun der Papa seine Tochter vom Kindergarten abholen. "Sie freut sich dann auch", sagt er. Das erste lange Wochenende hat er nicht zum Entspannen, sondern für den Hausbau seines Eigenheims genutzt.

Monteur Michael Graber (19): "Mein Fahrlehrer war höchst begeistert."

Michael Graber kurz vor dem Aufbruch zur Baustelle: Stressiger sei die Arbeit durch die Verkürzung der Arbeitswoche nicht geworden, findet er. 
Foto: Tabea Goppelt | Michael Graber kurz vor dem Aufbruch zur Baustelle: Stressiger sei die Arbeit durch die Verkürzung der Arbeitswoche nicht geworden, findet er. 

"Die erste Woche war ungewohnt", sagt Monteur Michael Graber (19). Vor einem Jahr hat er seine Ausbildung im Betrieb abgeschlossen und direkt mehrere Wettbewerbe im Parkettlegen gewonnen. Seine Arbeitsabläufe musste Graber zum Ende des Tages hin erst umstellen und die angehängte Zeit mit vorausplanen. Stressiger sei es deshalb nicht: "Die Arbeit ist im Endeffekt die gleiche, ob ich vier oder fünf Tage brauche", sagt Graber.

Zu Beginn war er etwas skeptisch, weil er abends nach der Arbeit oft im Familienbetrieb zuhause ausgeholfen habe. Das funktioniere jetzt aber am Freitag viel entspannter. Und: Der 19-Jährige kann vormittags Fahrstunden für seinen Führerschein nehmen, um auch mal den Berufsverkehr zu üben. "Mein Fahrlehrer war da höchst begeistert davon."

Arbeitszeitmodelle im Handwerk

Prozesse optimieren oder Mitarbeitenden mehr Flexibilität ermöglichen: "Betriebe, die sich für das Angebot einer 4-Tage-Woche entscheiden, tun dies bewusst", so Michael Bissert, Präsident der Handwerkskammer für Unterfranken. Die Handwerkskammer wisse von Betrieben, die schon weit über ein Jahrzehnt mit diesem Arbeitszeitmodell arbeiten und damit gute Erfahrungen machen. 
Teilzeitstellen im Handwerk sind Bissert zufolge grundsätzlich möglich. Auch für die Ausbildung gebe es fest geregelte Teilzeitmodelle. 
Die betriebswirtschaftliche Beratung der Handwerkskammer ist eine erste Anlaufstelle für Betriebe, die ihre Arbeitszeitmodelle umgestalten möchten. Für den Landkreis Kitzingen ist Peter Urbansky zuständig, Tel.: 0931 30908-1161, E-Mail p.urbansky@hwk-ufr.de. Mehr Informationen zum Beratungsangebot finden sich unter www.hwk-ufr.de/betriebsberatung.
Quelle: Handwerkskammer
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Dettelbach
Tabea Goppelt
Arbeitnehmer
Handwerker
Handwerkskammer Würzburg
Handwerkskammer für Unterfranken
Kunden
Töchter
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. K.
    Tolle Entscheidung!
    Hoffentlich macht das Modell in vielen kleineren Betrieben Schule, gerade damit sie Mitarbeiter finden und uns allen erhalten bleiben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. A.
    Und was ist jetzt daran neu? Als Lehrling in den Ende der 80er haben wir schon die 4 Tage auf den Bau gearbeitet Und was war das Ende von Lied? Wenn die Auftragsbücher voll waren war selbst der Freitag ein Arbeitstag. Man kann es drehen wie man will die Arbeitszeit muss erbracht werden, egal in wie viel Tage man das aufgliedert. Fakt ist aber auch, je weniger Arbeitstage desto höher die Stundenzahl am Tag und desto mehr ist der Arbeitnehmer anschließend ausgelaugt, so das er dann auch die drei Tage zur Erholung braucht. Persönlich halte ich nichts von der 4 Tage Woche, das wurde schon Jahrzehntlang durchgekaut.
    Das Thema ist jetzt eh nur wieder aufgeploppt weil viele junge nach mehr Freizeit schreien, dabei wird vergessen das die zwar mehr Freizeit möchten aber auch gleichzeitig weniger arbeiten wollen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • K. S.
    Du weißt wie das bei Handwerkern ist. In der Vergangenheit wurde nur "schwarz" am Freitagnachmittag und Samstag gearbeitet - jetzt den ganzen Freitag und Samstag. Jeder der etwas anderes sagt, weiß nicht wie das heutzutage so "läuft".
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Viele in Deutschland haben leider noch nicht verstanden, dass wir nicht alleine sind, auch wenn wir aktuell Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel haben. Viele Deutsche Firmen konkurrieren mit Firmen aus der ganzen Welt. Dort gibt es in vielen aufstrebenden Ländern keine 32- oder 35-Stunden-Woche und auch keine 4-Tage-Woche. Diese Länder holen auf und ziehen vorbei (oder sind bereits). So werden wir unseren Wohlstand in Deutschland nicht halten können und sobald hier die Firmen nicht mehr konkurrenzfähig sind, ist es vorbei mit den vielen Luxusproblemen hier in Deutschland. Dann geht es wieder um die Befriedigung der täglichen Grundbedürfnisse.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • F. S.
    Klar haben viele Betriebe zumindest Industrie 35 Stunden Woche aber auch nur auf dem Papier. Ich bin in der Industrie und da wird es mittlerweile als Selbstverständlich angesehen das man seine 40 oder mehr Stunden in der Woche macht mit Samstag sogar noch. Begründung Hohe Auftragslage Konkurrenz Fähigkeit usw. aber am Ende ist es doch nur schuften für jedes Jahr höhere Zahlen damit Investoren und Vorstände zufrieden sind. Im Endeffekt spart die Industrie weil man 5 Stunden pro Woche umsonst arbeitet und viele ein Stundenkonto von 180-200 Stunden haben.

    Und kaum ist mal nur so viel Arbeit das man sie in 35 Stunden ohne Stress schaffen kann, redet die Vorstandsebene von Auftragseinbruch und man schickt die Leute in Kurzarbeit.

    Von Mehrarbeit in Kurzarbeit und von Kurzarbeit in Mehrarbeit, finde den Fehler.

    Und brauchen wir diesen Wohlstand wie wir in kennen wirklich?

    Und ein kleiner Handwerksbetrieb hat sicher keine Konkurrenz aus China
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    "Und brauchen wir diesen Wohlstand wie wir in kennen wirklich?"
    Diese Frage kann man sich stellen. Dann braucht man aber auch nicht über angeblich nicht bezahlbare Energiekosten, Kindergartenkosten, mehr Transferleistungen,... reden. Ich glaube nicht, dass das viele so sehen wie Sie. Alle wollen schön leben, in Urlaub fahren usw., nur dafür entsprechend arbeiten wollen immer weniger.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. E.
    Ich finde die Entscheidung von Herrn Döring - in Abstimmung mit seinen Mitarbeitern - mutig. Gerne lese ich mit zeitlichem Versatz mal wieder in der Main-Post, dass sie auch erfolgreich umgesetzt wurde. Viel Erfolg Herr Döring und Kolleginnen/Kollegen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • I. L.
    Neidisch oder wie?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. U.
    ich schon ein bisschen grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. K.
    Schau mer mal ob es die Firma in zwei Jahren noch gibt.
    Bei www.bundesanzeiger.de kann man sich über die Bilanz ganz amtlich schlau machen.
    Dass Handlungsbedarf bestand will ich nicht bestreiten. Aber Handlungsbedarf zugunsten der Work-Life-Balance der Mitarbeiter?
    Was ist mit der Pay-Wait-Balance der Kunden?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. B.
    Ich hab` mir die Bilanzen angeschaut, was ist daran bedenklich? Weil keine großen Gewinne erwirtschaftet wurden? Nun, dies kann z.B. durch erhöhte Investitionen und die damit verbundene Abschreibung begründet sein. Zumindest sind keine mangels Eigenkapital gedeckten Fehlbeträge ausgewiesen. Herr Döring hat die Zeichen der Zeit erkannt, offensichtlich ist ihm bewusst, dass er mit einer klassischen 40-Stunden-Woche heute nicht mehr punktet. Das Handwerk sucht händeringend nach Nachwuchs, da können solche Angebote den Unterschied ausmachen. Wir haben seit 2 Jahren einen Arbeitnehmermarkt, noch nie kamen auf einen qualifizierten Arbeitnehmer so viele offene Arbeitsstellen. Am deutlichsten leiden Branchen wie Gastronomie, Friseurhandwerk u.ä. und warum, weil sie jahrzehntelang die Mitarbeiter ausgebeutet haben. Herr Döring, ich finde Ihre Idee gut, schauen wir mal, wie es sich nach einem Jahr entwickelt hat und ob die Zahlen stimmen, ich wünsche es Ihnen jedenfalls.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • G. A.
    Zufriedenheit, gesunde, einsatzfreudige, fitte Mitarbeiter sind Voraussetzung für die Ausführung der Kundenaufträge.
    Was früher in Grossbetrieben Jobchairing war, gilt hier jetzt die 4 TageWoche. Super Chef, durchdachtes Modell.
    Falls es nötig ist, Ausweichsmöglichkeit am Freitag für Überstunden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten