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Würzburg/Estenfeld
Familie Knüpfing spricht über die letzten Bratwurst-Tage am Würzburger Marktplatz: "Viele berührende Begegnungen"
Nach 53 Jahren geben die Knüpfings aus Estenfeld ihren legendären Bratwurststand mitten in Würzburg auf. Die Familie erzählt, wie sehr der Stand ihr Leben bestimmt hat.
Die drei Damen vom Grill: (von links)  Silvia King (geb. Knüpfing), 'Oma' Hedwig Knüpfing und ihre Enkeltochter  Charlene King-Demling in ihrem legendären Bratwurststand am Würzburger Marktplatz. 
Foto: Patty Varasano | Die drei Damen vom Grill: (von links)  Silvia King (geb. Knüpfing), "Oma" Hedwig Knüpfing und ihre Enkeltochter  Charlene King-Demling in ihrem legendären Bratwurststand am Würzburger Marktplatz. 
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 03.10.2023 02:48 Uhr

Das war's nun also. Nach 53 Jahren in Familienhand wird Silvia King an diesem Samstag zum letzten Mal in ihrem Stand am Marktplatz nach der Bratwurst greifen. Wird sie schwungvoll-elegant ins Brötchen, in den Kipf befördern, dabei knicken – und auf Wunsch mit einer Spur Senf bestreichen.

Seit vor zwei Wochen bekannt wurde, dass sich die Knüpfings aus dem Bratwurststand zurückziehen, kommt es dort zu rührenden Szenen. Die Schlange ist in der Mittagszeit noch länger als sonst, Stammkunden und wildfremde Menschen verabschieden sich bei Silvia King und ihrer Tochter Charlene King-Demling, Metzgermeisterin und Leiterin der Wurstküche. Vor Ort und in den sozialen Medien erzählten Gäste in den vergangenen Tagen ihre persönliche Wurst-Geschichte. 

Der Würzburger Bratwurststand hat es in japanische Reiseführer geschafft

Viel Wehmut ist dabei, vor allem aber Dankbarkeit für die lange Zeit, in der die Estenfelder Familie zum Marktplatz gehörte. In der der Bratwurststand zu einem Würzburger Markenzeichen wurde – er hat es sogar in einen japanischen Reiseführer geschafft. "Die Touristen kamen dann mit der aufgeschlagenen Seite und freuten sich, wenn sie uns gefunden hatten", erinnert sich Silvia King, die gelernte Erzieherin, lächelnd.

Als ihre Eltern Karl und Hedwig Knüpfing 1970 zunächst auf dem Paradeplatz und schon ein Jahr später in der Bude auf dem Markt damit begannen, hatten sie eine solche Geschichte nicht annährend im Sinn.

Silvia King, die mittlere der drei beteiligten Frauen-Generationen, haben die Abschiedsszenen und die guten Wünsche der letzten Tage sehr berührt. Dabei ist sie es selbst, die sich bedanken möchte – voran bei ihren treuen Gästen, "ich werde sie vermissen". Für die 63-Jährige, die über die Jahre im Verkauf zum Gesicht des Standes wurde, steckt eine Haltung dahinter. "Ich habe immer versucht, jeden einzelnen Menschen zu sehen", gleich welcher Herkunft, ob arm oder reich. 

Eine Geknickte mit (Senf) oder ohne? Über fünf Jahrzehnte ist die  Würzburger Bratwurst vom Markt ein Markenzeichen für die Stadt geworden.
Foto: Patty Varasano | Eine Geknickte mit (Senf) oder ohne? Über fünf Jahrzehnte ist die  Würzburger Bratwurst vom Markt ein Markenzeichen für die Stadt geworden.

Vermissen werde sie nicht nur die Banker oder Büroleute in ihrer Mittagspause. Nicht nur Touristen aus aller Welt, die oft genug erstmal einen aus ihrer Gruppe zum Probieren vorschickten. Vermissen werde sie eine alte Frau, die regelmäßig für eine Bratwurst kam und der Verkäuferin ihren Geldbeutel anvertraute, um das passende Kleingeld herauszusuchen. Oder den Rollstuhlfahrer, dem Silvia King nur allzu gerne die Bratwurst vor die Tür brachte.

Die Arbeitsbelastung war physisch enorm

Vielleicht sind es gerade Begebenheiten wie diese, die die Familie so lange durchhalten ließen. Denn die Arbeitsbelastung war enorm – rein physisch, und mit Blick auf den ganzen Alltag. Er musste immer um den Bratwurststand herum organisiert werden, er hat das Familienleben bestimmt.

Das ist schon Anfang der 70er so, als Karl und Hedwig Knüpfing zunächst allein den Betrieb wuppen, die zwei Kinder werden bis abends im Heim betreut. Schon im Alter von elf Jahren hilft Silvia King an Samstagen mit oder passt auf den kleinen Bruder auf. 1987 kündigt die gelernte Erzieherin ihren Job im Würzburger Elisabethenheim und steigt in den elterlichen Betrieb ein. So wie später ihre eigenen Töchter.

Während Sarah nebenberuflich bei der Buchhaltung unterstützt, tritt ihre Schwester Charlene ganz in die Fußstapfen des Opas, macht eine Metzgerlehre, den Meistertitel gleich hinterher – und dann der Schock: Am 5. Oktober 2005 verunglückt Karl Knüpfing im Alter von 66 Jahren im hauseigenen Betrieb in Estenfeld.

Um 7 Uhr stirbt Karl Knüpfing, um 11 Uhr steht die Familie im Bratwurststand

"Es war gegen 7 Uhr früh", erinnert sich Tochter Silvia. "Und um elf sind wir auf den Markt gefahren und haben Bratwürste verkauft. Danach haben wir geweint." Das hätten damals viele nicht verstanden. "Aber was hätten wir denn tun sollen? Wir hatten doch frische, verderbliche Ware!" Die Arbeit war eben immer da, selbst in dieser schweren Stunde.

Drei Frauen – Witwe, Tochter, Enkelin – rückten durch das tragische Geschehen eng zusammen. Schnell war klar: Sie wollten das Lebenswerk von Karl Knüpfing fortsetzen. Als frisch gebackene Metzgermeisterin übernahm Charlene King-Demling mit erst 22 Jahren die Produktion und die Leitung der heimischen Wurstküche, wo seit 1990 die Bratwürste und auch die gefragte Gelbwurst nach Familienrezept hergestellt wurden.  

Im Schatten der Marienkapelle ist der Bratwurststand auf dem unteren Markt in mehr als 50 Jahren zur Institution geworden. Die Warteschlange zur Mittagszeit war in den letzten Tagen noch länger als sonst.
Foto: Silvia Gralla | Im Schatten der Marienkapelle ist der Bratwurststand auf dem unteren Markt in mehr als 50 Jahren zur Institution geworden. Die Warteschlange zur Mittagszeit war in den letzten Tagen noch länger als sonst.

Dankbar ist Mutter Silvia in der Rückschau auch ihren verlässlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, "ihren" Männern und Frauen. Ohne sie hätte es die Familie nicht geschafft. Doch nach dem Weggang zweier Stammkräfte hatten die Knüpfings zuletzt wie so viele mit dem grassierenden Arbeitskräftemangel zu kämpfen – und nicht jede und jeder ist für den Job geeignet. Wegen dieser Personalnot ist der Bratwurststand seit einigen Wochen am Montag geschlossen.

Weniger Menschen sind mittlerweile in der Stadt unterwegs

Das Geschäft ist schwieriger geworden, vor allem seit der Corona-Krise. Generell, sagt King, "sind weniger Menschen in der Stadt unterwegs", das spüre man. Auch gesundheitlich will sie nun mehr auf sich achten, freut sich auf die kommende ungewohnte Freiheit.

Und die 85-jährige Hedwig Knüpfing? Wie erlebt sie das Ende dieser Familienära? Sie äußert großes Verständnis für die Entscheidung von Tochter und Enkelin und ist vor allem stolz, dass sie den Betrieb so lange weitergeführt haben. Ein wenig stolz ist die Familie auch auf die Nachhaltigkeit, mit der 53 Jahre lang gearbeitet wurde. Bis auf einen einzigen Tag habe man niemals Ware entsorgen müssen.

Nur an einem einzigen Tag in 53 Jahren blieben Würste übrig

Dieser einzige Tag – das war der 20. März 2020. Corona. Von einer Stunde auf die nächste musste bayernweit die Gastronomie schließen. Die Familie schwärmte aus, verkaufte und verschenkte, was nur ging – und musste am Ende doch mehr als 1000 Würste entsorgen. "Das hat weh getan", blickt Silvia King zurück auf einen kleinen dunklen Fleck in fünf Jahrzehnten Familien- und Betriebsgeschichte.

Sie ist nun zu Ende. "Aber unsere Wurst bleibt, sie ist nicht verloren, das ist das Wichtigste", kündigt die Chefin an. Man habe ja zum Glück einen Nachfolger gefunden, der den Bratwurststand und auch das Rezept übernehme. Die Erleichterung darüber, so viel ist gewiss, werden viele teilen – in Würzburg und weit darüber hinaus.

 
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    Hallo an das Dreigestirn ! ! !
    Wünsche Euch alles erdenklich Gute
    sowie Gottes reichen Segen für
    die Zukunft.
    Gruß Klaus Habermann ! ! !
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