Der innerparteiliche Vorwahlkampf zwischen Sozialreferentin Hülya Düber (Würzburg) und Rechtsanwalt Marc Zenner (Veitshöchheim) um die CSU-Direktkandidatur bei der Bundestagswahl im Herbst 2025 bewegt viele CSU-Mitglieder in der Stadt. Es wurmt sie, dass der Kreisverband Würzburg-Land ihren Vorschlag, Hülya Düber als einzige Bewerberin aufzustellen, nicht ernst genommen hat. "Das haben wir eigentlich erwartet", sagt Kreisvorsitzende Christine Bötsch am Tag nach der Delegiertenkonferenz im Gespräch mit dieser Redaktion.
CSU steht am 20. September vor einer Kampfkandidatur
Sie könne sich zwar selbst nicht erinnern, doch ihr Vater habe oft die Geschichte von seiner Nominierung erzählt. 1975 musste sich Wolfgang Bötsch einer Kampfabstimmung stellen und wurde mit einer Stimme Mehrheit als Direktkandidat gewählt. "Das hat Wunden hinterlassen und meinen Vater sehr bewegt", weiß Christine Bötsch. Sie sagt dies am Montagabend bei der Kreisdelegiertenkonferenz, weil jetzt der CSU-Familie in Stadt und Landkreis am 20. September wieder eine Kampfkandidatur bevorsteht.
"Meinem Vater war es damals wichtig, Vorsorge zu tragen, dass dies nicht wieder geschieht und sich beide Kreisverbände einigen", sagt Bötsch. Deshalb habe er deutlich gesagt, über die nächste Kandidatur könne die CSU im Landkreis bestimmen. Es war dann auch Paul Lehrieder aus Gaukönigshofen, der als einziger bei den jeweiligen Nominierungsversammlungen seit 2005 zur Wahl stand. Fünf Mal war das so - und jetzt müsste eigentlich wieder der CSU-Stadtverband an der Reihe sein, die Kandidatin vorzuschlagen, meint Bötsch. Dass man sich daran nicht mehr erinnern will, "enttäuscht uns alle", sagt sie.
Ungewöhnlich deutlich für die sonst eher um Ausgleich bemühte Kreisvorsitzende kritisiert sie, dass ihr Kollege im Landkreis, CSU-Kreisvorsitzender Thomas Eberth, vom Recht des Stärkeren spricht. "Dabei hat er sinngemäß schon den Gedanken, was interessiert uns die Stadt, wir können das eh' alleine bestimmen", meint Bötsch und betont: "Wir sind nicht in einer Statistenrolle."
Für Christine Bötsch zählen Kompetenz und Zutrauen
Auf die "vermeintliche Kraft des Stärkeren", möchte sie sich nicht einlassen. Es geht um Kompetenz und Zutrauen, sagt sie. Das sollte bei der Nominierungsversammlung am 20. September entscheidend sein, wenn 106 Frauen und Männer aus dem Landkreis und 54 Delegierte aus der Stadt über den CSU-Direktkandidaten entscheiden.
Fast alle Mitglieder der CSU-Stadtratsfraktion sind unter den gut 160 Besuchern der Regionalkonferenz. Sie erfahren von Zenners Dackel Edda und von einer rebellischen jungen Frau, die sich nach einem freiwilligen sozialen Jahr kurzfristig für das Jura-Studium entschieden hat.
Kritische Fragen an Marc Zenner
Zenner spricht über seinen geradlinigen Lebensweg. Er wollte schon immer Anwalt werden und habe sich nicht aufgehalten mit einer Promotion, sagt er - und das kommt bei vielen im Saal nicht gut an. Schon gar nicht bei Hülya Düber. "Ich bin stolz auf meine Doktorarbeit, an der ich drei Jahre gearbeitet habe und für die ich einen Wissenschaftspreis bekommen habe", kontert sie auf Zenners Spitze.
Das ist nicht das einzige Mal, dass Zenner an diesem Abend in Bedrängnis gerät. Er muss sich auch kritischen Fragen des Publikums stellen. "Sie waren wehruntauglich. Warum haben Sie wie Frau Düber kein soziales Jahr oder Zivildienst geleistet?" Rainer Griebl, Hauptmann a. D., wollte das wissen. "Ich war nicht traurig darum, weil ich mich so um meine Großeltern kümmern konnte, da meine alleinerziehende Mutter berufstätig war", antwortete Zenner.
Ein anderer fragte, warum es Zenner bei der Kreistagswahl 2020 nicht gelungen sei, ein Mandat zu erreichen und wie er Wähler zurückgewinnen möchte. Zenner fällt schnell eine Erklärung ein. "Als Anwalt bleibt es nicht aus, Mandanten zu vertreten, die unpopulär sind", sagt er und bezieht sich auf den Tierskandal von Osthausen. Zenner hat damals den Landwirt vertreten, der die Entsorgungskosten für 2000 tote Schweine nicht übernehmen wollte und den Landkreis Würzburg deshalb verklagte.
Hülya Düber hat am Montag ein Heimspiel. Ihr werden keine kritischen Fragen gestellt und sie überzeugt viele. Unter anderem auch Stadträtin Claudia Adam. "Sie setzt offensichtlich die besseren Akzente. Das Machtspielchen um ihre Kandidatur verstehe ich nicht", sagt sie. Für Kreisrätin Martina Wild war Marc Zenner hingegen heute inhaltlich besser.
Lückemann fordert eine freie Wahl ohne Absprachen
Für Clemens Lückemann, einst Präsident des Oberlandesgerichtes Bamberg, sind die Regionalkonferenzen eine "Form der gelebten Demokratie" - und das soll auch am 20. September bei der Bundeswahlkreiskonferenz fortgesetzt werden. Damit es eine freie und geheime Wahl ohne Absprachen bleibt, möchte er, dass Wahlkabinen aufgestellt werden. Beide Kandidaten sichern zu, dies zu unterstützen.
Andersherum würde das“ Umarmen“ sicherlich so nicht stattfinden.
Die Phase "Paul Lehrieder" - von einer Ära möchte ich gar nicht erst sprechen - waren verschenkte Jahre. Sowohl bundespolitisch, aols auch für Stadt und Landkreis Würzburg. Doch auch Würzburgs städtische Kreisvorsitzende Dr. Christine Bötsch sollte sich einmal hinterfragen bezüglich ihres öffentlich sichtbaren Engagements, ihrer Präsenz und Volksnähe. Von der Aura ihres unvergessenen Vaters - einschließlich dessen Winkelzügen - häufig notwendig oder auch nicht - zu profitieren, erscheint auf Dauer zu wenig für das nötige Ansehen der CSU.
Von Kampfabstimmung zu sprechen ist Antidemokratie!