Bayern hat angekündigt, die Maskenpflicht im ÖPNV bald aufzuheben. Im SPD-geführten Bundesgesundheitsministerium ist man vorsichtiger, doch auch innerhalb der Koalition werden die Stimmen für weitere Corona-Lockerungen lauter. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, der Würzburger Abgeordnete und Infektiologe Prof. Andrew Ullmann, appelliert an die Eigenverantwortung.
Andrew Ullmann: Wir haben sie noch nicht vollständig überwunden, sind aber sehr weit gekommen. Wir kennen das Virus besser, wissen um den Schutz durch Impfung, haben antivirale Medikamente. Und wir sind auch insofern deutlich weiter in der Pandemiebekämpfung, weil über 95 Prozent der Bevölkerung eine Basisimmunität gegen das Virus aufweisen.
Ullmann: Ja, so würde ich das bezeichnen, allerdings dürfen wir uns nicht so sehr an Begriffen aufhalten. Es gibt keinen fixen Zeitpunkt X, an dem eine Pandemie endet. Das Virus wird in der Bevölkerung bleiben, immer wieder mal Wellen auslösen – so wie wir es auch von anderen Viren etwa bei der Grippe kennen.
Ullmann: In jeder Phase der Pandemie bedarf es anderer Maßnahmen – aber sie müssen immer angemessen sein. Wenn wir jetzt die Maßnahmen runterfahren, dann heißt das nicht, dass wir leichtsinnig werden. Aber jeder kann selbstbestimmt und eigenverantwortlich handeln, um sich vor einer Infektion zu schützen. So wie wir es von anderen Infektionsgefahren schon kennen.
Ullmann: Die Maskenpflicht müssen wir differenziert anschauen. In den öffentlichen Verkehrsmitteln halte ich sie mittlerweile für entbehrlich, das heißt auch im Fernverkehr. Aber es gibt weiterhin Menschen, die besonders schutzbedürftig sind, hier denke ich vor allem an ältere oder immungeschwächte Menschen, so genannte vulnerable Gruppen. Deren Schutz in Kliniken und Heimen könnte aber auch über die jeweiligen Hygieneregeln sichergestellt werden.
Ulmann: Sie sollte als staatliche Maßnahme entfallen, hier habe ich mich positioniert. Das heißt trotzdem: Wer krank ist, bleibt zu Hause. Und auch hier gilt: Wer eine nachgewiesene Infektion hat, sollte in dieser Zeit den Kontakt mit vulnerablen Menschen vermeiden, vor allem mit immungeschwächten.
Ullmann: Diese Länder haben ja unsere Regelungen angewendet. Ich darf daran erinnern, dass Herr Söder derjenige war, der immer strengere Regeln haben wollte. Er war der Wortführer jener Länder, die dafür den sogenannten Werkzeugkasten vom Bund verlangt hatten. Ich freue mich sehr, dass Herr Söder offensichtlich zur Vernunft gekommen ist und jetzt auf unserem Weg der Lockerungen mitgehen möchte.
Ullmann: Ich denke, die anderen Länder sollten im süddeutschen Raum beobachten, ob und gegebenenfalls welche Folgen die Aufhebung der Isolationspflicht nun hat. Aber eine Überlastung des Gesundheitswesens durch Patienten, die an Corona erkranken, ist nicht mehr in Sicht. Insofern würde ich es begrüßen, wenn alle Bundesländer die Isolationspflicht und die Maskenpflicht im ÖPNV fallen lassen würden.
Ullmann: Wir haben ein föderales System in Deutschland. Im Bund haben wir uns für einheitliche Regelungen eingesetzt, etwa bei der Maskenpflicht im Fernverkehr sowie dort, wo vulnerable Menschen sind. Alles andere waren alleinige Entscheidungen der Länder. Sie haben auch die Möglichkeit, sie wieder auszusetzen. Würden wir eine bundeseinheitliche Vorgabe machen, kämen Beschwerden der Länder, dass wir in ihre inneren Angelegenheiten eingreifen. Gut wäre es, wenn sich die Länder zum Beispiel in der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen würden. Die Isolationspflicht sollte wieder rein medizinisch entschieden und aus der Maskenpflicht eine Maskenempfehlung werden.
Ullmann: Wir haben uns ja geeinigt, sind mit der Werkzeugkiste aber den Wünschen der Länder entgegengekommen. Sie sind in unserem föderalen System für die Gefahrenabwehr zuständig und können angepasst an die Lage vor Ort handeln.
Ullmann: Als FDP wollen wir die Diskussion im Bund jetzt anstoßen. Der ÖPNV ist reine Ländersache. Aber zum Beispiel die Maskenpflicht in Fernzügen halte ich aufgrund der jetzigen Datenlage für verzichtbar. Jeder kann selbst entscheiden, ob er der Empfehlung zum Schutz vor dem Virus nachkommen will.
Ullmann: Und der meiner Fraktion.
Ullmann: Wenn die Immunisierung im Pflegeheim entsprechend hoch ist, sehe ich medizinisch keine große Gefahr von Ausbrüchen mit relevanten Todesfallrisiko. Das wollen wir ja verhindern. Und ich verstehe, dass der soziale Umgang miteinander in den Heimen durch die Maske leidet. Als Mediziner bin ich offen dafür, die Situation in den einzelnen Einrichtungen mit Hygienevorschriften vor Ort zu regeln, damit auch hier wieder ein normales soziales Leben stattfinden kann.
Ullmann: Ja, das finde ich richtig. Wir haben auch bei den Schulen gelernt, dass nicht alle Maßnahmen geeignet waren. Insofern muss man die Schutzmaßnahmen immer neu auf ihre Verhältnismäßigkeit hin überprüfen – und anpassen.
Ullmann: Es handelt sich einerseits um eine gesellschaftliche Frage, aber es geht eben auch um Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Die möglichen Maßnahmen zum Selbstschutz sind ja wirksam. Die Impfung schützt vor schweren Verläufen, wir haben Medikamente, und wir wissen alle: Wenn man eine FFP2-Maske trägt, desto besser ist auch der Eigenschutz. Ich selbst trage meine FFP-Maske – und wenn jemand neben mir hustet, bin ich ganz tiefenentspannt und froh, dass ich die Maske aufhabe. Sie schützt mich ja nicht nur vor Covid, sondern auch vor allen Respirationsviren. Auch die Grippeviren spielen jetzt wieder eine größere Rolle.
Ullmann: Da mache ich mir tatsächlich größere Sorgen als wegen einer Covid-19-Welle. Die Vorhersage einer Welle ist zwar schwierig – aber wenn wir auf die Erfahrungen der Südhalbkugel in unserem zurückliegenden Sommer schauen, befürchte ich tatsächlich eine stärkere Grippewelle, möglicherweise in einem ähnlichen Ausmaß wie 2017/18. Wir haben jetzt eine schwächere Immunisierung und die Menschen sind pandemiemüde und werden unvorsichtiger. Deshalb rate ich als Mediziner dringend, sich gemäß der Stiko-Empfehlung gegen Grippe impfen zu lassen.
Ullmann: Es ist nicht ganz auszuschließen, dass so etwas wieder passieren kann, Daher mein Appell, sich impfen zu lassen.
da kommt jemand aus der Versenkung!
Muss halt auch mal wieder was sagen um ein Lebenszeichen abzugeben!
Warum sind denn die vergangenen Grippewellen so schwach verlaufen? Wieso sind gleich mehrere Influenza-Linie so gut wie ausgestorben (https://www.20min.ch/story/gefaehrliche-grippe-varianten-dank-corona-moeglicherweise-ausgestorben-669635372150)?
Weil die Pandemie-Maßnahmen eben nicht nur gegen Corona helfen ...
Aber wir sind ja ein freies Land. Und zum eigenen Schutz und zum Schutz Anderer eine Maske aufsetzen zu MÜSSEN … DAS geht in einem freien Land ja nun mal gar nicht! Zumindest nicht mit der FDP! Da steht die Freiheit ja schon im Namen …
Das klappt nur, wenn man an die „Eigenverantwortung“ der Menschen appelliert – DANN werden sie plötzlich rücksichtsvoll, verantwortungsvoll und vernünftig.
Schon klar, Herr Ullmann, schon klar …
Danke für nix!
Wir benötigen keine Maskenpflicht in dieser Phase der Pandemie, sondern es reicht eine Maskenempfehlung auszusprechen, denn Impfungen schützen und Masken bieten einen guten Selbstschutz.
Influenza, ja die globalen Maßnahmen waren ursächlich für einen weltweiten Rückgang. Nur es nützt nichts, wenn Deutschland weiterhin einen Alleingang verfolgt. Denn Masken reduzieren das Risiko und nur dann, wenn konsequent angewendet.
Nicht nur die FDP, sondern viele sind überzeugt, dass der Einzelne nun wieder entscheiden können. Hier dürfen wir mehr Normalität wagen, der Staat muss nicht alles regeln.
Eigenverantwortung und Selbstbestimmung funktionieren. Impfen schützt und Masken schützen auch. Jeder kann selbst entscheiden.
Bitte schön.
Offensichtlich ist Ihnen entgangen dass vielen Menschen jegliches Verantwortungsbewusstsein fehlt.
Wegen diesen Menschen brauchen wir Verbote, da sie mit Argumenten nicht zu überzeugen sind.
Abgesehen davon ist dies eine ziemlich bescheuerte Diskussion weil der Nutzen des Maskentragens an sich überhaupt nicht anzuzweifeln ist.
Und wie war das nochmal mit Selbstschutz? Geht es beim Maskentragen nicht auch darum Andere zu schützen?
Sie vergessen dabei völlig, das sich die Bewohner von Pflegeheimen i.d.R. nicht aussuchen können ob Sie in ebendieser leben wollen oder nicht.
Auch kann sich nicht jeder der möchte Impfen lassen!
Wie kann man daher in solchen Einrichtungen mit Eigenverantwortung argumentieren, wenn es doch nur der Egonismus der Rücksichtslosen ist?
In Bereichen, welche man nicht nur zum Vergnügen nutzt muss der Zugang weiterhin für alle möglich sein. Mit bestmöglicher Sicherheit für alle.
Es wird aber zwecklos sein, ein FDP Mitglied dazu aufzufordern auf die ärmeren und schwächeren der Gesellschaft Rücksicht zu nehmen.
Ist das so?
Der Mensch vergisst schnell – wie groß war der Aufschrei, wie endlos war die Diskussion über die Maskenpflicht, selbst als die aggressiveren Varianten kursierten und die Kliniken kollabierten?
Wie groß war die Zahl der „eingeschleppten“ Infektionen, weil man sich als Deutscher ja bitte nicht den Urlaub von einem Virus verbieten lassen kann?
Wie viele Demonstrationen gab es von Aufstehern, Spazierengehern und Querdenkern? Teilweise auch vor Krankenhäusern, während buchstäblich Menschen gegen Corona in diesen Krankenhäusern um ihr Leben gekämpft haben?
Wie viele Gerüchte kursierten zur Impfung – von Bill Gates „Chip“-Initiative bis hin zu „Im Herbst werden alle Geimpften tot sein!“?
Ja, es gibt in diesem Land viele vernünftige, rücksichtsvolle und verantwortungsvolle Menschen, bei denen Eigenverantwortung gut funktioniert.
Aber leider eben auch sehr viele andere …
Hat er nicht bemerkt, dass die FDP in Regierung und nicht in der Opposition ist?
Die Forderung ist klar: Maskenempfehlung statt Maskenpflicht. Masken dienen dem Selbstschutz und das wird häufig in den Diskussionen ausgelassen. Eigenverantwortlich und selbstbestimmt sind wichtig. Denn jeder kann sein Risiko selber minimieren durch Impfung und Tragen einer Maske. Es gibt Long-COVID keine Frage, deshalb wollen wir in mehr Forschung und Behandlungsmöglichkeiten investieren. Das ist verantwortliches Handeln. Nur einen 100% wird es nicht geben, gab es auch nie. Andere Länder machen es uns bereits vor, dass wir in die Normalität schrittweise gehen können.
Wenn wegen dummen Entscheidungen, die wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen, Menschen zu Schaden kommen, ist „opfern“ eine treffende Beschreibung.