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Würzburg
Influenza und Corona: Rollt in diesem Winter wieder die Grippewelle durch Unterfranken?
Experten warnen vor einer Rückkehr der Grippe in dieser Saison. Wie gut ist der aktuelle Impfstoff und gibt es genügend Dosen? Für wen die Schutzimpfung jetzt sinnvoll ist.
Eine Grippeerkrankung beginnt häufig plötzlich und heftig, mit Fieber, Muskel- oder Kopf­schmer­zen und Husten (Symbolbild).
Foto: Christin Klose, dpa | Eine Grippeerkrankung beginnt häufig plötzlich und heftig, mit Fieber, Muskel- oder Kopf­schmer­zen und Husten (Symbolbild).
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:45 Uhr

Der Herbst ist Erkältungszeit – und zugleich beginnt im Oktober meist die Influenzasaison. In den vergangenen Jahren jedoch ist die Grippewelle durch die vielen Schutzmaßnahmen quasi ausgefallen - eine der wenigen positiven Folgen der Corona-Pandemie. Auch in Unterfranken gab es 2020 und 2021 deutlich weniger Influenzaerkrankte als üblich.

Nun aber sind die meisten Corona-Beschränkungen aufgehoben und Experten warnen: In diesem Winter könnte das Influenza-Virus stark zurückkehren. Wer sollte sich jetzt gegen Grippe impfen lassen? Ist das wichtiger als ein zweiter Corona-Booster? Und wie gut ist der aktuelle Grippeimpfstoff überhaupt? Antworten auf aktuelle Fragen. 

Wie verlief die Grippewelle zuletzt in Bayern und Unterfranken?

Im ersten Corona-Winter 2020 ist die Grippewelle weltweit komplett ausgefallen und auch im vergangenen Jahr gab es deutlich weniger Erkrankte als vor der Pandemie. So registrierte das Robert Koch-Institut (RKI) im Winter 2021/22  in Unterfranken insgesamt 96 Influenzafälle. Zum Vergleich: In der Grippesaison vor Beginn der Pandemie gab es in der Region mehr als 2000 Erkrankte.

Ähnlich sieht es bayernweit aus: Im gesamten Freistaat gab es laut RKI in der Grippesaison 2019/20 noch mehr als 56.000 Influenzafälle, im vergangenen Winter waren es 3796.

Wie sieht es mit der Grippe in diesem Herbst aus?

In der Praxis von Hausarzt Dr. Christian Pfeiffer in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) steigt die Zahl der Patientinnen und Patienten mit Atemwegserkrankungen derzeit deutlich an. Teilweise würden seine Kolleginnen und Kollegen auch von ersten Grippefällen berichten, teilt der unterfränkische Vorsitzende des bayerischen Hausärzteverbandes mit.

"Das wäre sehr früh", sagt Pfeiffer. Denn meist beginnt die Grippewelle laut RKI im Januar und dauert drei bis vier Monate.

Dabei muss man unterscheiden: Der Begriff Grippewelle meint den Zeitraum erhöhter Influenzaaktivität. Als Grippesaison wird hingegen der Zeitraum bezeichnet, in dem Influenzaviren hauptsächlich zirkulieren. Auf der nördlichen Halbkugel ist das meist zwischen Anfang Oktober und Mitte Mai.

Der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken rechnet in diesem Winter mit einem früheren Start der Grippewelle.
Foto: Archivbild: Daniel Peter | Der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken rechnet in diesem Winter mit einem früheren Start der Grippewelle.

Was erwarten Experten für diesen Winter?

"Wir haben aktuell schon deutlich mehr Influenzafälle als gewöhnlich in Deutschland und Europa", sagt der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken. Er rechnet daher mit einem "früheren Start der jährlichen Influenzawelle mit höheren Zahlen noch vor Weihnachten".

Der Grund: Durch die Corona-Pandemie seien die Grippewellen zuletzt quasi komplett ausgefallen. "Die Immunität in unserer Bevölkerung ist also deutlich niedriger als gewöhnlich", erklärt Dölken. "Das bedeutet, dass mehr Menschen nach der Infektion stärker und länger infektiös sein werden." Das Risiko einer Grippeinfektion ist damit aus seiner Sicht in diesem Jahr größer: "Ich gehe diesen Winter von einer größeren Influenzawelle aus."

Auch Allgemeinmediziner Christian Pfeiffer rechnet "mit einem extrem heftigen Erkältungswinter". Dabei mache die Grippe nur einen Teil der Atemwegserkrankungen aus. Generell sei das Immunsystem "nicht trainiert nach zwei Jahren Maske und Kontaktbeschränkung". Das können Folgen in den Praxen haben, sagt der Verbandsvorsitzende: "Wir denken darüber nach, Leistungen wie Gesundheitsuntersuchungen, also Check-ups,  und Vorsorgen bei Bedarf wieder zu reduzieren."

Wem wird jetzt eine Grippeimpfung empfohlen?

Laut Pfeiffer ist die Grippeimpfung für alle Menschen "möglich und sinnvoll". Explizit empfohlen wird sie in Deutschland von der Ständigen Impfkommission (Stiko) unter anderem Menschen ab 60 Jahren, Schwangeren, chronisch Kranken, Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen und Menschen mit erhöhtem beruflichem Risiko, etwa Beschäftigten in der Pflege. Gerade Seniorinnen und Senioren wird dabei zu einem speziellen Hochdosis-Impfstoff geraten, der im höheren Alter eine bessere Wirksamkeit erreichen soll.

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Grippeimpfung?

Jetzt und in den kommenden Wochen. Laut RKI dauert es nach einer Grippeimpfung zehn bis 14 Tage, bis der Schutz vollständig aufgebaut ist. Generell seien die Influenzafallzahlen in den vergangenen Jahren etwa ab September gestiegen – ihren Höhepunkt erreichte die Welle meist nach dem Jahreswechsel.

Die Impfung so lange hinauszuzögern sei jedoch nicht ratsam, sagt Virologe Lars Dölken. Er empfiehlt Risikopersonen sowie Menschen mit vielen Sozialkontakten schon jetzt - im Oktober und November - die Grippeimpfung: "Bis Januar würde ich mit der Impfung nicht warten."

Sollten sich Risikogruppen gegen Corona oder gegen die Grippe impfen lassen?

Beides, sagt Hausarzt Christian Pfeiffer. Aus seiner Sicht brauchen Risikogruppen sowohl eine Grippeimpfung als auch eine vierte Impfung gegen Corona.

Engpässe beim Grippeimpfstoff erwartet Dr. Christian Pfeiffer, Hausarzt mit Praxis in Giebelstadt im Landkreis Würzburg, in diesem Jahr nicht.
Foto: Archivbild: Thomas Obermeier | Engpässe beim Grippeimpfstoff erwartet Dr. Christian Pfeiffer, Hausarzt mit Praxis in Giebelstadt im Landkreis Würzburg, in diesem Jahr nicht.

Kann man sich gleichzeitig gegen Influenza und Corona impfen lassen?

Ja. Nach Angaben der Stiko kann die Influenzaimpfung gleichzeitig mit einer Booster-Impfung gegen Corona verabreicht werden. Ein Abstand von 14 Tagen, wie sonst bei zwei Impfungen üblich, sei nicht nötig. Allerdings sollte die Injektion jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen. Und eine umfassende ärztliche Aufklärung und Beratung sei nötig, da es möglicherweise vermehrt zu  vorübergehenden Impfreaktionen kommen könne.

Gibt es dieses Jahr in Unterfranken genügend Grippeimpfstoff?

Bundesweit sind für die Grippeimpfung laut Paul-Ehrlich-Institut, das für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel zuständig ist, bisher rund 24,1 Millionen Dosen freigegeben. Das ist mehr als in den vergangenen drei Jahren um diese Zeit.

"Es gibt dieses Jahr genug Vorbestellungen für Grippeimpfstoff, so dass ich nicht mit einem Engpass rechne", bestätigt der unterfränkische Hausärztesprecher Pfeiffer. Allerdings starte die Grippeimpfung in den Praxen gerade erst. Wie sich die Nachfrage in Unterfranken tatsächlich entwickle, sei noch nicht abzusehen.

Wie gut ist der diesjährige Impfstoff?

"In wieweit die Grippeimpfung diesen Winter schützen wird, lässt sich leider vorher nicht voraussagen", sagt Lars Dölken. Normalerweise würden bei den Geimpften etwa 60 Prozent der Grippeinfektionen verhindert oder so stark abgeschwächt, dass man sie kaum bemerke. Nach Jahren ohne Grippewelle sieht der Würzburger Virologe keinen Grund zum Zweifel an der Wirksamkeit: Er gehe so der Experte, aufgrund der abgefallenen Immunität "eher von einer deutlich besseren Schutzwirkung" aus.

 
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  • U. S.
    Wenn Maske und Abstand halten so gut gewirkt haben, warum wendet man das nicht an? Warum lässt man Menschen krank werden statt dies als Vorgaben zu verlangen? Grippe ist ein Kostenfaktor. Diese Krankheit schadet auch der Wirtschaft, belastet die Kollegen die die Arbeit machen müssen, belastet die Krankenkassen - und wäre so einfach zu verhindern!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    @winnem: Wollen Sie jetzt lebenslang Maske tragen und Abstand halten. Zur Vorbeugung sollten Sie in Ihrem Bett liegen bleiben - aber auch da kann man sterben!
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  • G. A.
    Wir sind #Alle endlich. Maske tragen in schlecht belüfteten Räumlichkeiten und Abstand halten ist nicht verkehrt. Lernen wir von unseren asiatischen Freunden. Wünschen wir uns einen guten, milden Winter.
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  • d. e.
    Die Grippewelle wird kommen wie jedes Jahr ( außer Corona-Jahren da gab es keine Grippe) nur diesmal wird Sie für manchen schwieriger werden, denn unser Immunsystem wurde in den Corona Jahren durch Maske, Lockdown und Abstand nach unten gefahren.
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    @lutter: Tatsächlich? Herr Prof. Dr.Dr. Lutterbeck???
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