Nein, es war auch im Wahlkreis Würzburg gestern nicht der Abend der Volksparteien. Schon bei der 18-Uhr-Prognose für das Bundestagswahlergebnis gab es bei der CSU im Würzburger Ratskeller und bei der SPD im Hannsheinz-Bauer-Haus in der Semmelstraße betretene Gesichter. Wobei das Drama bei den Schwarzen etwas glimpflicher abging als bei den SPD-Genossen.
Sieben Punkte weniger
Die plus fünf Prozent, die CSU-Mann Paul Lehrieder 2013 verbuchen konnte, musste er mehr als wieder hergeben. Lehrieder kam diesmal auf 42,2 Prozent, ein Minus von rund sieben Punkten. Entsprechend geschockt waren die Reaktionen bei der CSU-Wahlparty. Statt Applaus und Jubel wie vor vier Jahren gab es nun betretene Gesichter.
Auch Paul Lehrieder hatte Mühe, das Ergebnis zu verdauen. „Das ist eine herbe Enttäuschung“, sagte er. Eine Enttäuschung, die um so schwerer wog, als sich mancher bei der CSU sogar ein Ergebnis von 50 Prozent plus X erhofft hatte. Im Ratskeller machte dafür das Wort von der Denkzettel-Wahl die Runde.
Eine Katastrophe für die Sozialdemokraten
Für die Sozialdemokraten um Eva-Maria Linsenbreder ist das Ergebnis schlicht eine Katastrophe. Im Wahlkreis waren es nur knapp 18,52 Prozent – Homaira Mansury hatte 2013 über 25 Prozent geholt. Der Platz reichte nicht im Gerda-Laufer-Forum des Hannsheinz-Bauer-Hauses in der Semmelstraße.
Über 50 Genossinnen und Genossen und ihre Sympathisanten waren gekommen, um zusammen mit ihrer Direktkandidatin Eva-Maria Linsenbreder, Kreisrätin und seit 27 Jahren Bürgermeisterin von Kleinrinderfeld, den Ausgang der Bundestagswahlen zu verfolgen.
Ihr eigenes schwaches Abschneiden nahm die Kandidatin eher gefasst. Regelrecht geschockt zeigt sie sich, wie ihre Parteigenossen auch, vom Abschneiden der AfD. „13,4 Prozent treten jetzt die Demokratie mit Füßen“, kommentierte sie das AfD-Ergebnis.
86 Prozent der Wähler sind keine AfD-Sympathisanten
Der Vorsitzende der SPD Würzburg-Land und Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib kommentierte: „Wir müssen wieder die Unterschiede größer machen und die erreichen, die sich abgehängt fühlen.“ Walter Kolbow, der große alte Mann der Würzburg SPD mahnte: „13,4 Prozent für die AfD bedeuten aber auch, dass 86 Prozent der Wähler keine AfD-Sympathisanten sind.“ Es gelte nun, die demokratischen Parteien zu sammeln.
195 Mitglieder hat die FDP im Wahlkreis Würzburg. Etwa 50 waren in eine Würzburger Kneipe gekommen, um gemeinsam mit ihrem Direktkandidaten Andrew Ullmann mitzufiebern. Die Erleichterung war spürbar, als die ersten bundesweiten Ergebnisse eintrafen. 10,5 Prozent und somit wieder im Bundestag. Das war den Liberalen in Würzburg einen mächtigen Jubel wert.
Ullmann darf noch hoffen
Ob Ullmann, Medizin-Professor an der Uni-Klinik Würzburg, seinen Wahlkreis in Berlin vertreten wird, steht noch nicht fest. Er muss mit einem Listenplatz 12 auf viele Überhang-Mandate für seine Partei hoffen. Wolfgang Kuhl, Landkreis-Chef der Liberalen, mischte auch traurige Töne in all den Jubel. „Wir werden Rechtspopulisten im Bundestag haben. Das müssen wir hinnehmen. Die AfD-Wähler waren von den anderen Parteien enttäuscht. Wir müssen die Sorgen und Nöte dieser Menschen wieder mitnehmen.“
Zu den Wahlsiegern gehört die 54-jährige Verlegerin Simone Barrientos aus Ochsenfurt. Sie hatte für die Linken auf dem fünften Platz der Landesliste kandidiert und zieht in den Bundestag ein. Rund zwei Dutzend Freunde und Parteianhänger haben gemeinsam mit Simone Barrientos vor ihrem Wohnhaus in der Ochsenfurter Altstadt auf erste Wahlergebnisse gewartet.
Ensetzen über das Abschneiden der AfD
Bereits mit der ersten Prognose stand fest, dass die bayerischen Linken mit mindestens fünf Abgeordneten im Parlament vertreten sein werden. Entsetzt äußerte sich Barrientos in einer ersten Stellungnahme über das gute Abschneiden der AfD.
Eitel Sonnenschein herrschte bei der Wahlparty der Grünen im Felix-Fechenbach-Haus. Nach monatelangem Umfragetief wurde die erste Prognose um 18 Uhr, die bundesweit 9,5 Prozent voraussagte, mit großem Jubel und Beifall registriert. Sowohl die Partei als auch Direktkandidat Martin Heilig konnten nach Zwischenergebnissen am gestrigen Abend ihre Ergebnisse im Wahlkreis Würzburg steigern.
Gute Ausgangsposition für die Landtagswahlen
Heilig verbesserte sich demnach von 9,96 Prozent bei der Bundestagswahl 2013, bei der er ebenfalls angetreten war, auf 14,4 Prozent, die Partei kletterte von damals 11,7 auf jetzt 14,5 Prozent. Mit diesen Ergebnissen sehen sich die Grünen auch in einer guten Ausgangsposition für die im nächsten Jahr anstehenden Landtags- und Bezirkstagswahlen, wie Landtagsabgeordnete Kerstin Celina anmerkte.
Für Aufatmen dürfte bei den Wahlkämpfern der anderen Parteien das verhältnismäßig schwache Abschneiden der AfD gesorgt haben. Mit 7,71 Prozent der Erst- und 8,67 Prozent der Zweitstimmen blieben die Rechtspopulisten deutlich unter dem Bundesergebnis von rund 13 Prozent.