Von „tektonischen Verschiebungen“ war kurz nach Bekanntwerden der Prognose am Sonntag um 18 Uhr die Rede gewesen, und der aus der Geologie stammende Begriff passt durchaus auch auf die politische Landschaft im Wahlkreis Würzburg.
Solide Arbeit im Bundestag
Denn zwar konnte CSU-Mann Paul Lehrieder sein Mandat als Direktkandidat klar verteidigen, doch musste er gegenüber 2013 deutlich Federn lassen. Dass er dennoch nicht nur sein Direktmandat klar verteidigen konnte, sondern auch über dem Zweistimmenergebnis der CSU liegt, dürfte nicht zuletzt auf eine solide Arbeit im Bundestag und einen sehr feingliedrigen Wahlkampf zurückzuführen sein.
SPD-Direktkandidatin Eva-Maria Linsenbreder ist es hingegen nicht gelungen, sich als Alternative zum CSU-Platzhirsch darzustellen. Für die Sozialdemokratin ist das wohl auch deshalb schmerzhaft, weil sie als erfahrene Kommunalpolitikerin über jene Bodenständigkeit verfügt, aus der sich normalerweise ein gehöriger Teil des Vertrauens speist, das man als Wahlkreis-Kandidat einer Volkspartei braucht.
Jubel bei den Genossen von der Linken
Während bei den Genossen von der SPD am Sonntag die Stimmung in den Keller rutschte, war der Jubel bei den Genossen von der Linken groß. Verständlich: Nach einem desaströsen Auftritt der Linken 2013 gelang Simone Barrientos jetzt mit einer stringenten Wahlkampagne eine Verdopplung des Erststimmenergebnisses, und möglicherweise wird sie auf Listenplatz fünf sogar ins Parlament einziehen. Geholfen haben dürfte ihr auch ein Engagement in der Flüchtlingsarbeit, das weit über die Region hinaus strahlte.
Ein Platz im Bundestag dürfte Martin Heilig zwar verwehrt bleiben, doch hat der Grüne beim Erststimmenanteil kräftig zugelegt – und das in einem für die Bundesgrünen wahrlich schwierigen Jahr. Heilig ließ sich von mageren Umfragen nicht beirren, sondern setzte auf klassische grüne Themen. Die sind offenbar immer mehr Menschen wichtig, was sich nicht zuletzt beim Bürgerentscheid zum Kardinal-Faulhaber-Platz zeigte.
Verdreifung des Ergebnisses von 2013
Und die Liberalen? Sie hatten allen Grund zum Jubeln. Direktkandidat Andrew Ullmann blieb mit seinem eigenen Stimmenanteil zwar geringfügig unterm Zweitstimmenergebnis, doch konnte er Joachim Spatz' 2013er Resultat fast verdreifachen. Ein wenig half da wohl auch die von Parteichef Lindner befeuerte pfiffige Wahlkampagne.
Dass AfD-Kandidat Thomas Thiel im Wahlkreis Würzburg nicht ankam, lag wohl nicht zuletzt daran, dass der Augsburger im Wahlkampf praktisch unsichtbar war und mit seinem Kreisverband über Kreuz lag.