zurück
Würzburg
Offener Brief an Würzburgs OB: Urban Priol, Michl Müller und viele bekannte Künstler wollen, dass das Bockshorn bleibt
Keine Kabarett-Bühne mehr in Würzburg? Zahlreiche große Namen aus der Kulturszene wenden sich mit einem Appell an die Stadt. Was Bockshorn-Betreiber Repiscus jetzt sagt.
Das Bockshorn im Würzburger Kulturspeicher (Archivbild) schließt zum Ende des Jahres seine Türen. Das Betreiber-Ehepaar geht in den Ruhestand. 
Foto: Johannes Kiefer | Das Bockshorn im Würzburger Kulturspeicher (Archivbild) schließt zum Ende des Jahres seine Türen. Das Betreiber-Ehepaar geht in den Ruhestand. 
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:35 Uhr

Das Bockshorn im Würzburger Kulturspeicher steht vor dem Aus. Am 23. Dezember findet dort die letzte Vorstellung unter dem Betreiber-Ehepaar Mathias Repiscus und Monika Wagner-Repiscus statt. Danach ist die Zukunft ungewiss. Wie weiter mit den Räumen? Gibt es in Würzburg bald keine eigene Kleinkunst-Bühne mehr? Zahlreiche Kulturschaffende und Kulturfreunde aus dem ganzen Bundesgebiet haben sich jetzt in einem Offenen Brief an Oberbürgermeister Christian Schuchardt gewandt.

Sie möchten "die Bedeutung des Bockshorns im Kulturspeicher für die nationale Kabarettszene hervorheben" und die Aufmerksamkeit der Stadt auf die möglichen Auswirkungen einer Veränderung in der Nutzung der Bühne lenken. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner bitten "die Entscheidungen zur weiteren Nutzung der Bühne mit größter Sorgfalt zu treffen".

Viele namhafte Künstler haben den Brief unterzeichnet

Zum Hintergrund: Im März kündigte das Ehepaar Repiscus an, das Bockshorn aus Altersgründen zum Jahresende aufzugeben. Unter mehreren Bewerberinnen und Bewerbern entschied sich die Stadt Würzburg als Vermieterin für Gespräche mit dem Theater Chambinzky, dem selbst der Mietvertrag gekündigt worden war. Das sorgte für Aufruhr zum einen beim Ehepaar Repiscus ("Das Bockshorn soll eine reine Kabarettbühne bleiben"), zum anderen bei vielen Bockshorn-Fans. Kulturfreundinnen und Kulturfreunde starteten eine Petition, um die Übernahme durch das Theater Chambinzky zu verhindern. Zahl der Unterstützer bis Anfang dieser Woche: über 4100.

Nun kommt also ein Offener Brief hinzu. Über die vergangenen Jahrzehnte habe das Bockshorn "eine herausragende Rolle als kultureller Treffpunkt und bedeutender Impulsgeber für die Kabarettszene in Deutschland" gespielt, heißt es darin. Das Programm habe sich durch "enorme Qualität, Vielfalt und Innovation" ausgezeichnet. "Das Bockshorn hat wie nur wenige andere Bühnen in der Republik einer immensen Zahl an Künstlerinnen und Künstlern eine lebenswichtige Plattform geboten."

Unterzeichnet ist der Brief von Johannes Sens von der Band Gankino Circus. Unterschrieben haben ihn außerdem mehr als drei Dutzend namhafte Kabarettistinnen und Kabarettisten wie Urban Priol, Luise Kinseher, Michl Müller, Torsten Sträter, Josef Hader oder Matthias Egersdörfer sowie Agenturen.

Begriff "Kabarett" soll in einem breiten Sinne zu verstehen sein

Der Verlust des Bockshorns könne schwerwiegende Folgen für die Kulturszene haben, schreiben die Künstler. "Durch das Wegbrechen des Bockshorns würde etwas zerschlagen, das für den Lebensraum Würzburg und seine Bewohnerinnen und Bewohner mühsam aufgebaut worden ist: Ein Ort, an dem Kultur auf höchstem Niveau, mit zielgerichtetem Programm, unterhaltend, belebend, gestaltend und zukunftsweisend eine Bühne findet."

Monika Wagner-Repiscus und Ehemann Mathias Repiscus betreiben das Bockshorn Theater im Würzburger Kulturspeicher seit fast 40 Jahren. 
Foto: Thomas Obermeier | Monika Wagner-Repiscus und Ehemann Mathias Repiscus betreiben das Bockshorn Theater im Würzburger Kulturspeicher seit fast 40 Jahren. 

Die Unterzeichner möchten, dass das Bockshorn seine bisherige Definition als Kabarettbühne möglichst behält und betonen, dass der Begriff "Kabarett" dabei in einem breiten Sinne zu verstehen sei. "Uns liegt daran, dass das Bockshorn eine offene Plattform für vielfältige künstlerische Ausdrucksformen bleibt, ohne sich auf eine dogmatische Auslegung des Begriffs 'Kabarett' zu beschränken." Weiter schreiben sie, dass es sinnvoll sei, die Familie Repiscus in die Diskussion um den Fortbestand des Bockshorns mit einzubeziehen.

"Dieser Brief ist eine Würdigung unserer Arbeit", kommentiert Monika Wagner-Repiscus den Brief auf Anfrage der Redaktion. Sie habe großen Respekt vor den Verfassern. "Das nehmen wir dankbar entgegen", sagt Mathias Repiscus. Mit vielen der unterzeichnenden Künstlerinnen und Künstler habe er selbst "mit Herzblut" gearbeitet.

Würzburger Kulturreferent weicht nicht von Standpunkt ab

Auch wenn der Brief nicht explizit an den Kulturreferenten gerichtet wurde, äußert sich Achim Könneke auf Anfrage zu den Zeilen. Von seinem bislang vertretenen Standpunkt weicht er nicht ab: "Würzburg ist Mathias Repiscus und seiner Frau zu großem Dank verpflichtet. Die Lücke, die durch den Rückzug Repiscus im Kulturleben der Stadt und Region gerissen wird, lässt sich nicht einfach schließen, da die Institution Bockshorn ohne ihren charismatischen Leiter kaum zu denken ist." 

Alle an den Räumen des Bockshorns interessierte Akteure seien aufgefordert worden, inhaltlich und betriebswirtschaftlich überzeugende Konzepte einzureichen. Nach Angaben der Stadt gab es jedoch keinen Bewerber, der das Bockshorn als eine reine Kabarettbühne weiterbetreiben will. "Mehrere Konzepte zielen auf Mischkonzepte, in denen auch das Kabarett künftig eine Rolle spielen soll", so Sprecher Georg Wagenbrenner.

Vertragsverhandlungen zwischen Chambinzky und AMV sind gescheitert

Die Stadt habe größtes Interesse, dass nicht gleichzeitig zwei renommierte Bühnen schließen müssen und das Kulturleben Würzburgs auf einen Schlag deutlich ärmer werde. Deshalb vermittle das Kulturreferat aktuell zwischen dem Chambinzky und seiner Vermieterin, der Akademisch- Musikalischen Verbindung (AMV), "die seit Monaten um eine Fortführung des Mietvertrags bzw. um einen sozialverträglichen Übergang bei einem Umzug in die bisherigen Räume des Bockshorns verhandeln".

Ein Ergebnis zeichne sich ab, sagte Könneke noch zu Beginn der Woche. Sie werde nach erfolgter Einigung kurzfristig verkündet. Am Dienstagnachmittag teilte das Theater Chambinzky dann jedoch in einer gemeinsamen Presseerklärung mit der AMV mit, dass die Vertragsverhandlungen zur Fortführung des Betriebes am jetzigen Standort endgültig gescheitert sind.  

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Sophia Scheder
Briefe
Christian Schuchardt
Josef Hader
Kabarettistinnen und Kabarettisten
Kulturspeicher Würzburg
Luise Kinseher
Matthias Egersdörfer
Michl Müller
Stadt Würzburg
Theater Chambinzky
Urban Priol
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Johannes Keller
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Andreas Brauns
    War das "Bockshorn" unter Leitung von Mathias Repiscus nicht früher in Sommerhausen?
    Veränderungen ergeben sich immer wieder. Muß eine Kabarettbühne in Würzburg auch ohne Repiscus noch "Bockshorn" heißen? Und wenn, könnte die Bühne nicht noch einmal den Spielort wechseln, falls sich jemand findet, der Geld und Energie hat, eine solche zu betreiben ?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ursula Ruppert
    Es wäre sehr zu wünschen, dass die Stadt mal etwas engagierter und kreativer zu Werke geht und sich für das Chambinzky doch noch eine andere Lösung findet. Die beiden Bühnen gegeneinander "auszuspielen", geht eigentlich gar nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Paul Merklein
    Besuchte bisher die Veranstaltungen im Bockshorn sehr gerne, auch wenn ich in MSP wohne. Sollte sich ein Unterstützer/Betreiber Team/Verein gründen würde ich dieses/diesen gerne in irgendeiner Form unterstützen.
    Wichtig, dass das Bockshorn in seiner derzeitigen Form erhalten bleibt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Gwendolyn Ambesser, von
    Die Kabarett-Anhänger die bisher ihre Meinung abgegeben haben, vergessen dabei zwei Tatsachen. Zum einen wäre es für die Kultur-Szene der Stadt ein riesen Verlust, wenn ausgerechnet ein so gutes und erfolgreiches Theater wie das Chambinzky (wegen welcher Einwände auch immer) aus Würzburg verschwinden würde. Zum anderen haben, bevor es das Boxhorn gab, im Chambinzky, neben dem Theaterbetrieb, immer Kabarett Gastspiele im Haus der Valentin -Becker-Straße stattgefunden. Und die Gegner des Chambi scheinen leider nicht genug Phantasie zu haben, um sich vorzustellen, dass das wieder so gehandhabt werden könne. Am fassungslosesten bin ich dabei über die Unterschrift von Urban Priol. Er hat früher jahrelang erfolgreiche Gastspiele im Theater Chambinzky gegeben und dass er jetzt gegen das Theater unterschreibt spricht weder für sein Gedächtnis noch für seinen Charakter.
    Wenn das Chambinzky Unterschriften für seinen Verbleib sammelte, käme rasch die dreifache Menge der obigen 4100 Zusammen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Haselmann
    Ich bin großer Fan des Chambinzky und sehr traurig darüber, dass das Haus seine etablierte Spielstätte verlassen muss. Ich wünsche Csaba und dem gesamten Team nur das Beste! Und trotzdem sollte klar sein, dass ein Votum und eine Unterschrift für das Bockshorn in keiner Weise gegen das Chambinzky stehen. Beide sind etablierte und erhaltenswerte Kulturbetriebe. Und ich wünsche mir, dass beide in ihrer kulturellen Vielfalt für die Region erhalten bleiben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Warum tun sich nicht ein paar von den Unterzeichnern zusammen und betreiben das Bockshorn selbst. Was Heißmann und Rassau oder Priol können sollten doch andere Kleinkünstler auch schaffen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Walter Seubert
    Würzburg verschwindet auf der Landkarte das Kabaretts und wir immer mehr zur Provinz. Am besten man baut wieder eine Stadtmauer.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Haselmann
    Die Stadt verspielt hier offensichtlich sehenden Auges die Möglichkeit, das kulturell-kabaretistische Erbe der Eheleute Repiscus zu würdigen umd zu erhalten. Das Bockshorn ist mehr als eine Kabarettbühne. Es ist Keimzelle umd Geburtsort herausragender Kabarettisten. Wer nicht im Bockshorn aufgetreten ist, zählt nicht zur Elite. Es steht die Befürchtung, dass die Stadt hier am Willen vieler Bürger (und somit Wähler) vorbei entscheidet. Traurig, dass die Stadt diese Chance nicht sieht. Kabarett ist mehr als ein sprechendes Nilpferd!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten