Gefühlt waren sie in Würzburg immer dagewesen: die sechs Buchstaben, das rote Firmenlogo mit der Waage und dazu auf Papier oder als gesungener Jingle die Werbebotschaft "In aller Frische – Kupsch!". Wenn jemand "zum Kupsch" ging, dann war klar, wohin er wollte, in Würzburg war Kupsch eine Marke wie Tempo für Taschentücher. Der Lebensmittelhändler gehörte über Jahrzehnte zur DNA des Würzburger Stadtbilds, und das nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in vielen Stadtteilen.
Mit diesem Wochenende ist damit Schluss. Kupsch, seit dem Jahr 2000 bereits im Besitz des Lebensmittelriesen Edeka, ist jetzt auch visuell aus Würzburg verschwunden. Seit Februar wurden die zehn Würzburger Kupsch-Märkte ebenso wie die acht weiteren in Unterfranken aufs Edeka-Design umgerüstet: statt rot und weiß nun blau und gelb auf dunklem Grund.
Die alten Firmenfarben sind in Würzburg Geschichte
Dass er einmal derjenige sein würde, der dem Markennamen Kupsch sozusagen das Licht ausknipst, das hätte sich Christian Riedmayer nicht träumen lassen. Der 51-Jährige betreibt zwei bisherige Kupsch-Märkte in Würzburg, sein Markt in der Brettreichstraße ist von allen verbliebenen Kupsch-Läden der letzte in den alten Firmenfarben. Ab diesem Wochenende ist auch das Geschichte, dann steht Edeka statt Kupsch über der Eingangstür.
Für Riedmayer ist der Wechsel auch ganz persönlich eine Zäsur. Noch trägt er beim Gesprächstermin die bekannte Firmenkluft: weißes Hemd, rote Weste, so wie er es gewöhnt ist – seit genau 30 Jahren. So lange ist Riedmayer schon beruflich mit Kupsch verbunden.
"Lebenslange Beziehung" zu Kupsch in Würzburg
Dabei war es für ihn zunächst keineswegs ausgemachte Sache gewesen, sich mit Obst und Jogurt, mit Brot, Butter und mit Wurst und Käse zu beschäftigen. Traumberuf Einzelhandel? Nie im Leben! – Dachte er zumindest. Bis er bei seinem dualen Betriebswirtschaft-Studium nach einem Ausbildungsbetrieb suchte und auf Kupsch stieß. 1992 war das, und nach der Lehre in der Filiale in der Würzburger Domstraße folgte ein Posten als stellvertretender Marktleiter und bald darauf die Verantwortung als Leiter eines Marktes.
Als er 2001 zunächst als angestellter Leiter seinen heutigen Markt in der Brettreichstraße übernahm, betrat er bekannten Boden: "Ich bin ja selber schon als Kind hier einkaufen gegangen." Im Viertel hatte Riedmayer Trompetenunterricht, "und hier im Markt habe ich dann immer mein Eier-Wurst-Brötchen bekommen". Zu Kupsch, sagt er schmunzelnd, habe er somit "eine lebenslange Beziehung".
Und das ist auch der Grund, weshalb Christian Riedmayer, seit 2007 Inhaber des Geschäfts, kurz mal nachdenklich wird angesichts der letzten Tage als "Kupschianer": "Wehmut ist schon dabei, auf alle Fälle. Wenn ich alte Bilder sehe oder das Logo mit der Kupsch-Waage – das wird so schnell nicht aus dem Gedächtnis verschwinden. Und die alteingesessenen Mitarbeiter, die schlucken schon etwas. Sie haben ja die Unternehmensgeschichte miterlebt und mitgeschrieben."
Zum Beispiel Susanne Meckel. Sei 42 Jahren arbeitet sie im Unternehmen: "Ich habe hier gelernt", sagt die 59-Jährige, die damals den Rat einer Freundin befolgt hatte und ihre Ausbildung in der Filiale in der Brettreichstraße machte. Sie blieb dort bis heute. Und jetzt, da der Name Kupsch verschwindet? "Irgendwie ist es komisch", sagt sie, "man hängt da schon dran". Ein historisches Foto hat sie sich mit nach Hause genommen: "Das hängt jetzt in meiner Küche."
Über vier Jahrzehnte bei Kupsch, das sind für die Verkäuferin auch unzählige Begegnungen. "Man kennt mit der Zeit viele Kundinnen und Kunden persönlich. Aus manchen sind Freunde geworden, mit denen man sich auch privat trifft", sagt Susanne Meckel.
Ihre Kollegin Anja Feldrapp ist zwar noch nicht ganz so lange dabei, aber 25 Jahre sind ja auch nicht wenig. Sie schätzt ebenso die enge Beziehung zu vielen Kundinnen und Kunden. "Ich arbeite gern mit Menschen, ich bin nicht so der Büromensch", sagt die 50-Jährige, die in der Bäckereiabteilung arbeitet. Und auch bei ihr klingt etwas Wehmut durch: "Kupsch kannte doch jeder, egal in welchem Stadtteil man war."
Mit dem Wegfall des Namens Kupsch geht auch ein Teil städtischer Identität verloren
Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketings "Würzburg macht Spaß", beschäftigt sich von Berufs wegen mit der Würzburger Ladenlandschaft. Er findet es zwar "unheimlich schade, wenn ein Traditionsunternehmen aus dem Stadtbild verschwindet", im Fall der Kupsch-Märkte gebe es jedoch kein Problem: "Es entsteht ja kein Leerstand, sondern es wird an gleicher Stelle unter dem Namen Edeka weitergemacht." Etwas Emotion ist aber auch bei ihm im Spiel: "Ich bin auch mit der Oma früher in den Kupsch gegangen, aber der Lauf der Zeit ist nicht aufzuhalten."
Ähnlich sieht das Hans Steidle. Mit dem Wegfall des Namens Kupsch im Straßenbild gehe auch ein Teil städtischer Identität verloren, sagt Würzburgs Stadtheimatpfleger, aber das sei nicht außergewöhnlich: "Der Wandel im Handel ist etwas Selbstverständliches, das gab es schon mit anderen alteingesessenen Würzburger Firmen, wie Seisser oder Deppisch."
Dass Handel und Wandel zusammengehören, weiß auch Willi Dürrnagel (75). Die Eltern des Stadtratsmitglieds und Würzburg-Kenners betrieben bis in die 1970er Jahre selbst einen Lebensmittelhandel. Er erinnert sich daran, dass es in Würzburg in den 1950er und 1960er Jahren noch eine bunte, kleinteilige Ladenlandschaft gegeben habe, aber: "Kupsch war das führende Einzelhandelsgeschäft." Dessen dominierende Stellung habe schließlich auch kleinere Ladenbetreiber bewogen, sich anderen Verbünden anzuschließen, um mithalten zu können.
"Dass der Name jetzt wegfällt, ist durchaus ein Verlust", findet Dürrnagel, "er stand ja auch für einen wichtigen Teil der Aufbauzeit nach dem Krieg." Und Kupsch habe einen wichtigen Teil der Lebensmittelversorgung in Unterfranken organisiert: "Das war eine große Leistung".
Über 70 Kupsch-Filialen in ganz Unterfranken
Bemerkenswert war in der Tat, wie das Unternehmen nicht nur in Würzburg, sondern in ganz Unterfranken expandierte: Kupsch betrieb zuletzt über 70 Filialen. In den 1990er Jahren geriet die Firma allerdings in wirtschaftliche Schieflage – im Jahr 2000 übernahm schließlich Edeka. Die Zahl der Kupsch-Märkte ging zurück auf zuletzt 18, die späteren selbstständigen Kupsch-Kaufleute wurden Genossenschaftsmitglieder.
Einer davon ist Peter Bräutigam. Der 57-Jährige betreibt die Märkte in der Mergentheimer Straße und am Rathausplatz in Heidingsfeld. Anfang dieses Jahres war er der erste, dessen Geschäfte auf Edeka umgerüstet wurden. Auch Bräutigam ist "Kupschianer" durch und durch, seit 1996 bei der Firma. "Bei mir ist Kupsch-Blut in den Adern geflossen", sagt er, schon seine Eltern haben in der Zentrale des Unternehmens gearbeitet.
Der Abschied vom Namen Kupsch ist auch ein Schritt nach vorn
Seine beiden Märkte betreibt er seit 16 beziehungsweise 14 Jahren. Aber selbst für einen wie ihn ist der Wegfall des Namens eher ein emotionales Thema. "Ich bin auch nostalgisch veranlagt, der Name Kupsch soll eine gute Erinnerung sein. Aber das jetzt ist ja auch ein Schritt nach vorn, der Weg in die Zukunft", sagt er.
Den Kundinnen und Kunden sei vor allem wichtig, in den Märkten auch künftig die gewohnten Menschen hinter der Theke und an der Kasse vorzufinden. "Ihr bleibt aber da?" – diese Frage hätten er und auch Kolleginnen und Kollegen anderer bisheriger Kupsch-Märkte immer wieder gehört.
Christian Riedmayer vom letzten Kupsch-Markt Würzburgs ist derweil mit der Umrüstung auf Edeka beschäftigt. Sein Geschäft in der Brettreichstraße wird er am Montag wie gewohnt öffnen. Das rote "K"-Logo mit der Waage, das früher an vielen Ecken Würzburgs zu sehen war, ist dann endgültig ein Fall fürs Museum.
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Heute muss man wirklich aufpassen, dass man nicht versehentlich Artikel einkauft, die schon einen Tag später ablaufen, obwohl sie ab Hersteller mindestens 3 Wochen haltbar wären.
Auch der Service wird immer schlechter, und die Warteschlangen an den Kassen werden immer länger, bevor mal eine weitere Kasse öffnet.
Kupsch hatte mal eine ausgezeichnete Metzgerei in Rottendorf, die in höchster Qualität produziert hat. Davon ist heute nicht mehr viel übrig. Kupsch war zwar kein Delikatessengeschäft, aber in Punkto Wurst-, und Fleisch-Produkten da schon sehr nahe dran.
Das ist heute leider Geschichte...
Aber so ist es wohl - viele Firmen die es mal gegeben hat - gibt es nicht mehr oder haben andere Namen. Dass ist der Wandel der Zeit.
Aber es ist schon Schade.
Ein wenig Wehmut und Mitleid für die Jüngeren, die eine derart lebendige und zukunftsfrohe, bunte Aufbruchstimmung wie wir sie noch kannten wohl nie mehr erleben werden, ist auch dabei.
Läuft halt leider alles auf Einheitsbrei und normiertes Grau in Grau hinaus.