zurück
Würzburg/Rottendorf
Samstagsbrief: Beerdigen Sie Kupsch nicht, Herr Kohrmann!
Der Lebensmittelhändler Edeka will in Unterfranken bis Jahresende alle angegliederten Kupsch-Märkte umbenennen. Das darf nicht geschehen, sagt unser Samstagsbrief-Autor.
Kupsch heißt bald Edeka: Sebastian Kohrmann leitet in Rottendorf den Edeka-Verbund Nordbayern-Sachsen-Thüringen.
Foto: Thomas Obermeier | Kupsch heißt bald Edeka: Sebastian Kohrmann leitet in Rottendorf den Edeka-Verbund Nordbayern-Sachsen-Thüringen.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:08 Uhr

Sehr geehrter Herr Kohrmann,

das habe ich in dieser Woche nicht gerne gelesen: Ihr Edeka-Verbund beerdigt bis Jahresende die Kupsch-Filialen. Sie werden sagen: Nein, nein - Kupsch lebt ja mit neuem Namen, dem Edeka-Logo und Edeka-Angebot weiter. Ich sage: Doch, Kupsch stirbt. Schade.

Kupsch heißt bald Edeka: Die angestrebte Umwandlung der Supermärkte mit dem rot-weißen Erkennungszeichen in Supermärkte in Gelb-Blau ist reines Marketing. Dies wird dazu beitragen, dass die Innenstädte im Kupsch-Land - also vor allem in Mainfranken - noch austauschbarer und gesichtsloser werden, als sie es eh schon sind. So oft die gleichen Ableger der üblichen Modekonzerne, so oft die gleichen Bäckereifilialen oder To-Go-Cafés, so oft die gleichen Adressen für Döner und anderes schnelles Essen: Die Landschaft des Einzelhandels ist schon öde genug.

Klar, Kupsch war und ist auch einfach nur ein Supermarkt. Doch wenn er bis Jahresende zugunsten von klassischen Edeka-Märkten von der Bildfläche verschwunden sein wird, dann geht damit ein Stück Regionalität mit einem Schuss Geschichte zugrunde.

Natürlich spült das Nostalgie hoch. Als Kind verbrachte ich die Sommerferien oft bei meinen Großeltern in der mainfränkischen Provinz. Das ist schon Jahrzehnte her. Aber ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit meiner Oma in ihrer Kleinstadt "zum Kupsch" ging, um Wurst, Limo oder das leckere Sauerteigbrot zu kaufen.

Es ging immer nur "zum Kupsch". Etwas anderes gab es damals nicht, abgesehen vom Metzger oder Bäcker um die Ecke. Beim Kupsch roch es immer gleich, über die Jahre hinweg saß dort immer diese wohlbeleibte, freundliche Frau mit einem rot-weißen Kittel an der Kasse. Kupsch, das war Teil meiner Sommerferien. Wo ich herkam, gab es keinen Kupsch.

Viele Jahre später kehrte ich aus beruflichen Gründen in diese Kleinstadt zurück. Und "der Kupsch" war immer noch da. Ich gebe zu, Herr Kohrmann, dass seinerzeit eine große Portion Heimeligkeit in mir hochkam. Oder nennen Sie es Sympathie für eine regionale Marke.

Da fiel mir zum Beispiel wieder die Limo vom Kupsch ein. Sie schüttete ich an jenen heißen Sommertagen in der kühlen "Speis" meiner Oma regelrecht in mich hinein, als ich stundenlang draußen gespielt und dabei wieder mal vergessen hatte, rechtzeitig etwas zu trinken. Oder dann das frische Brot mit der fränkischen Wurst: ein Traum von einem Abendbrot! Auch ein Teil meiner Kupsch-Erinnerungen.

Schon klar, Herr Kohrmann: Von all dieser Behaglichkeit und dieser Nostalgie kann Ihr Unternehmen nicht leben. Das zählt nichts in Zeiten von Cashflow, Franchise oder Trading-up.

Insofern mögen Sie allein aus Sicht von Betriebswirtschaft und Marketing Nachvollziehbares tun, wenn Sie die 18 Kupsch-Filialen von Mellrichstadt über Würzburg bis Dinkelsbühl in den kommenden Monaten gelb-blau anstreichen lassen. Aber manchmal sind Betriebswirtschaft und Marketing eben nicht alles.

Man muss Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen zugute halten, nach der Übernahme des Ur-Würzburger Unternehmens im Jahre 2000 dem Namen Kupsch bis zuletzt die Treue gehalten zu haben. Damals ging es um 71 Filialen der 1914 gegründeten Supermarktkette. 21 Jahre später ist es ein Bruchteil.

Dennoch verstehe ich nicht, Herr Kohrmann, warum Sie jetzt Kupsch rigoros von der Landkarte streichen. Mal ehrlich: Wird den Edeka-Töchtern Diska sowie Nah & gut bald Ähnliches widerfahren?

Nicht rot-weiß, sondern gelb-blau: Supermärkte wie dieser in Würzburg-Heidingsfeld heißen bald nicht mehr Kupsch, sondern Edeka.
Foto: Johannes Kiefer | Nicht rot-weiß, sondern gelb-blau: Supermärkte wie dieser in Würzburg-Heidingsfeld heißen bald nicht mehr Kupsch, sondern Edeka.

Auf den Edeka-Webseiten ist zu lesen, dass es "vom kleinen Nachbarschaftsmarkt bis hin zum Lebensmittel-Riesen" in Ihrem von Rottendorf bei Würzburg aus gesteuerten Verbund von Kaufleuten vielfältige Arten von Lebensmittelmärkten gebe. Da steht auch: "Regionalität liegt uns am Herzen."

Das lese ich gerne, Herr Kohrmann. Sie haben vor wenigen Tagen versprochen, dass "alles besser bleibt" und dass die 18 Kupsch-Filialen nach ihrer Umbenennung weiterhin "verlässliche Partner für die Nahversorgung der Bevölkerung" seien. Gutes Ansinnen.

Sie können aus meiner Sicht gerne so manche Kupsch-Filiale bei Angebot und Anmutung aufmöbeln. Aber lassen Sie den Namen Kupsch und seine Individualität. Da steckt mehr dahinter als unrentable Nostalgie. Das ist Regionalität. Und wie wichtig das geworden ist, muss ich Ihnen als Kaufmann mit Sicherheit nicht erklären.

"Warum sollte sich bei einer Umbenennung auf einmal die Wurst-Qualität ändern?", schrieb ein Kommentator auf mainpost.de zum Aus des Namens Kupsch. Nun gut, wenn die Wurst wie damals bei meiner Oma schmeckt, könnte mich das ein bisschen trösten.

In diesem Sinne nachdenkliche Grüße,

Jürgen Haug-Peichl, Redakteur

Persönliche Post: der Samstagsbrief

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Das ist in offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.
Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
Quelle: MP
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Rottendorf
Jürgen Haug-Peichl
Edeka-Gruppe
Einzelhandel
Franchise
Kaufleute
Kleinstädte
Lebensmittelmarkt
Nostalgie
Omas
Samstagsbrief
Sommerferien
Supermärkte
Wurst und Wurstwaren
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • KarlheinzHilpert
    Feiner Samstagsbrief und ich teile die Gedanken. Klar ist in Würzburg bekannt , daß " Der Kupsch" zur Edeka Gruppe gehört.....und? " Never chance a running name".... Ich fürchte, daß Edeka u n d die privaten Kaufleute mit dieser Entscheidung ein großes Eigentor schießen werden - gerade weil man die Empathie für den Namen unterschätzt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • stefan.wolz@web.de
    Carl Diehm Halle hat mir auch besser gefallen als s. Oliver Arena (Dieser Name ist nun ja auch bald wieder Geschichte). So ist es nun mal mir dem Wandel der Zeit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ironic
    In der Sanderau waren in den 50ern mal unzählige (vielleicht 20, einer hieß Schnitzer, heute Ararat) Lebensmittel Einzelhändler.
    Diesen wurde v. a der Kupsch in der Eichendorffstraße zum Verhängnis.
    So ist das Leben....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Oreus
    Die sehr hohe Qualität, die Kupsch mal hatte, gibt es, in den bis zuletzt verbliebenen Kupsch-Märkten, schon lange nicht mehr. Da steckt Edeka drin! Da muss man immer höllisch aufpassen, dass man nicht abgelaufene Lebensmittel kauft, oder solche die schon morgen ablaufen!
    Das Motto: "Frische", das Kupsch immer wichtig war, will sich Edeka nicht leisten. Das macht einfach zu wenig Gewinn...
    EDEKA ist von seine Ambitionen sicherlich nicht mit Kupsch vergleichbar...
    Dieser Konzern muss sich vor Schlecker und Konsorten sicherlich nicht verstecken...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dittuhi
    Ich bin sicher, dass sich die jetzigen Betreiber etwas dabei dachten im Namen Kupsch weiter zu machen um aus der Masse noch herauszustechen. So fand ich es auch schön, dass man das alte Kupschlogo wieder hervor holte. Besonders Kupsch Domstrasse ist das Aushängeschild. Seid der Unternehmensübernahme gehören die Kupschfilialen ebenfalls zu Edeka. Trotzdem gehört für mich persönlich Kupsch zu Heimat. Schade wenn es nur noch Edeka heißt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • FischersFritz
    So sehr ich die Emotionen des Autors verstehe und nachvollziehen kann – letztendlich geht es in diesem Samstagsbrief darum, eine Scheinwelt aufrecht zu erhalten.

    Es sind eben schon heute keine Kupsch-Märkte mehr, sondern Edeka-Märkte mit Kupsch-Logo.

    Die Zeit, der Herr Haug-Peichl hier nachtrauert und deren Symbole er aufrechterhalten will, ist bereits Geschichte.

    Mit dem Verschwinden der Symbole unserer Kindheit werden wir – manchmal schmerzhaft – auch an unsere eigene Vergänglichkeit erinnert. Was in diesem Fall wohl das größte Problem des Verfassers zu sein scheint …
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • steffen.cyran@freenet.de
    Und wieder einmal ein "Samstagsbrief" der völlig überflüssig ist. Schade um die Lesezeit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • traumfrau
    Es wird 1-2 Generationen dauern bis der Kupsch im Gedächtnis der Leute nicht mehr Kupsch heißt.

    Meine Oma ist in den 60iger Jahren noch zu Ruschkewitz statt zum Kaufhof - und Spülmittel hieß bei ihr zeitlebens "Spüli" obwohl es das schon lange nicht mehr gab...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • hausgarten
    Die Firma Kupsch wurde von ihrem Besitzer gegen gutes Geld an die Firma Edeka verkauft.
    Offensichtlich wurden beim Verkauf keine Vereinbarungen darüber getroffen, dass die verkauften Geschäfte weiterhin unter dem Namen Kupsch existieren müssen.
    Es ist somit dem neuen Besiter Edeka überlassen welche der alten Kupsch-Geschäfte dieser in Edeka umbenennt und welche er unter dem alten Namen weiterführt.
    In Deutschland, in Unterfranken und in Würzburg gäbe es sicherlich wichtigere Probleme denen die Main-Post einen Samstagsbrief widmen könnte und sollte.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • juergen.haug-peichl@mainpost.de
    Welche?
    Das ist mir zu wenig. Machen Sie gerne Vorschläge. Seien Sie konstruktiv.
    Jürgen Haug-Peichl
    Regionalredaktion
    97084 Würzburg
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Katcke09332703
    Der Großteil der Bevölkerung will doch den Einheitsbrei ! Hauptsache billig, so verschwanden und verschwinden Obst und Gemüsehändler , Bäcker ( keine Ketten) Metzger usw. Bei diesen Läden wurde kein Samstagsbrief geschrieben. Der Mensch wollte es so jetzt hat er es.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ironic
    Eigentlich ist es doch Wurscht.
    So wie Raider irgendwann mal Twix hieß...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • helenews@gmx.de
    vielen dank für diesen Kommentar.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • martmei
    Ich könnte damit leben, da Kupsch neben Tegut die beiden größten Lebensmittel-Apotheken in Würzburg sind.
    Kuscheln ist so unglaublich teuer.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ironic
    Das Problem sind eher die zu billigen Lebensmittel....aber natürlich vordergründig nicht für die Kundschaft, die gerne beim Discounter einkauft.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • schlauesmaedchen2018
    Sehe ich auch so. Es ging mir mit Neubert übrigens ähnlich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • jutta.noether@web.de
    Beim Wertkauf, äh, REAL, am Europastern muss ich auch immer überlegen, wie der grad heißt...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Aber im Endeffekt ist Kupsch schon lange Edeka. Steht nur noch außen Kupsch dran. Nostalgie für die Kundschaft. Leider
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • guvi
    Vielen Dank für diesen Samstagsbrief!

    Es wäre wirklich schaden den traditionsreichen Namen Kupsch aus dem fränkischen Lebensmitteleinzelhandel verschwinden zu lassen.

    Alte Markennamen erfahren derzeit aufgrund ihres "guten Namens" eine Renaissance. Leider sind DUAL, Blaupunkt und Scheppach, um nur einige zu nennen nicht mehr das was sie mal waren.
    Edeka wird sich die Marke Kupsch in einiger Zeit zurückwünschen.

    Nix gegen Edeka an sich, aber der Kupsch sollte bleiben. Edeka könnte "den Kupsch" ja als stolze Traditionsmarke von Edeka ausbauen.

    Den einzigartigen fränkisch rot-weißen Kupschschriftzug in der Domstraße darf man eigentlich nicht durch durch das ikeaschwedische Blau-Gelb von Edeka ersetzen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten