Seit dem 1. August gilt in den Party-Hotspots Sanderstraße und Juliuspromenade ein nächtliches Alkoholverbot. Demnach ist der Konsum von Alkohol auf offener Straße zwischen 1 Uhr nachts und 6 Uhr morgens verboten. Dem liegt ein Anfang Mai von Stadtrat beschlossenes Sicherheitskonzept zu Grunde, das das Nachtleben in Würzburg sicherer und konfliktfreier machen soll.
Bei einem Pressetermin betonte Michael Schwägerl, Bezirksgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), dass die Gastronomen dem Alkoholverbot positiv gegenüber stünden. Er hoffe lediglich, dass das Alkoholverbot zu keiner Verlagerung in die Seitenstraßen führen werde. Doch genau das kritisiert auch die kürzlich zusammengeschlossene Interessensgemeinschaft Sanderstraße. Ihr haben sich hunderte Würzburgerinnen und Würzburger angeschlossen, darunter Anwohnerinnen und Anwohner, Feiernde und einzelne Gastronominnen und Gastronomen wie der Club "Kurt & Komisch" und auch die benachbarte Bar "Loma".
Die Zweifel, ob Verbote zielführend sind, sind groß
"Wir begrüßen die Initiative der Stadt, haben aber Zweifel, ob Verbote zielführend sind", erklärt Manuel Bettinger, Mitglied der Interessensgemeinschaft. Er kritisiert, dass die örtlichen Betriebe zu wenig in die Entwicklung des Konzepts eingebunden wurden. "Der Club 'Kurt & Komisch' hat am 8. April bereits seine Hilfe angeboten, das wurde auch von einem Abgeordneten der Grünen im Stadtrat vorgebracht. Es ist aber nichts passiert", nennt Bettinger ein Beispiel.
Er wünscht sich, dass die Verbote gründlich evaluiert auch mit den Akteuren in der Sanderstraße erarbeitet werden. Denn eine genau vermessene Sanderstraße, in der das Verbot gilt, verhindere nicht, dass jemand zwei Meter weiter in einer Seitenstraße sein Bier trinkt und danach wildpinkelt. Pragmatischer Vorschlag der IG: Auch im Umfeld der Sanderstraße müsse es mobile Toiletten geben. So sähen einfache infrastrukturelle und "praxisnahe Verbesserungen" aus.
Stadt Würzburg: Das Konzept bestünde nicht nur aus dem Baustein Alkoholverbot
"Das städtische Gesamtkonzept 'Nachtleben in Würzburg' besteht nicht nur aus dem Baustein Alkoholverbot in zwei Straßen. Diesen Eindruck könnte man gewinnen, wenn man sich die Kritik der Interessensgemeinschaft Sanderstraße ansieht", kommentiert Kommunalreferent Wolfgang Kleiner. In die Erarbeitungsphase des Gesamtkonzepts, die über ein dreiviertel Jahr ging, sei über den Dehoga auch die Gastronomie in der Sanderstraße frühzeitig eingebunden worden. Bereits im November 2021 habe es ein Gespräch zwischen Stadt und Verband mit Beteiligung der Betriebe "Loma" und "Kurt & Komisch" gegeben.
"Es wurden während der Konzepterstellung eine Reihe von Aspekten beleuchtet und an vielen Stellrädchen nachjustiert, beispielsweise soll die Aktion 'Nette Toilette' auch zur Nachtzeit ausgebaut werden, um das Angebot allgemein zugänglicher Toiletten in diesem Zeitraum zu verbessern", heißt es in einer Stellungnahme der Stadt. Auch das städtische Konzept setze auf ein Konfliktmanagement, das nachts mit Teams an den Hotspots im Einsatz ist und "für alle Seiten ein offenes Ohr hat." Diese Teams beginnen zunächst am Main mit ihrer Arbeit, seien jedoch auch über Hotline erreichbar.
Zudem würden die Auswirkungen des Gesamtkonzepts über einen längeren Zeitraum evaluiert. Anpassungen - auch räumlicher Art oder das Verbot betreffend - seien möglich, sollten sich diese nicht bewähren. Der Zustand vor dem Gesamtkonzept hatte sich laut Kleiner allerdings auch nicht bewährt, sondern brachte eine starke Belastung für die Anwohnerschaft und zwang zu einer Neuausrichtung, die nun auch die rechtliche Grundlage beinhaltet, Uneinsichtigen Verwarnungen und Platzverweise zu erteilen.
Interessensgemeinschaft setzt sich zudem für Konzept "Safer Party" ein
Der Interessensgemeinschaft ist das Konzept der Stadt nicht reichhaltig genug. "Ein Alkoholverbot reicht einfach nicht aus, um die Situation hier zu klären", sagt Bettinger. Deshalb setzt sich die IG auch für ein Konzept namens "Safer Party" gemeinsam mit dem Dehoga ein. Ziel des 2007 von Dehoga, Stadt Würzburg, Polizei und Gastronomen ins Leben gerufenen Konzeptes ist dem unkontrollierten Betrinken und den oftmals damit verbundenen Gewalt- und Sachbeschädigungsdelikten einiger, weniger Gäste besser Einhalt gebieten zu können.
"Wenn Straftaten passieren, dann meldet der Betrieb das der Polizei. Diese übermittelt dann die Kontaktdaten und den Vorwurf an mich in meiner Funktion als Rechtsanwalt. Daraufhin erhält der Täter oder die Täterin für alle Betriebe, die beim Konzept 'Safer Party' mitmachen, ein Hausverbot", erklärt Michael Schwägerl auf Anfrage dieser Redaktion.
Er betont, dass es sich hierbei eindeutig um Straftaten wie Körperverletzung handeln muss, "das passiert nicht, wenn einer mal zu viel getrunken hat oder zu laut ist." Übergeht der Täter oder die Täterin das Hausverbot im selben oder in einem anderen Lokal, dann folgt eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch, "das ist entsprechend zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft so abgeklärt", sagt Schwägerl.
Die Forderung der IG: Mehr freie Toiletten sowie Ruhestifter
Darüber hinaus fordert die IG mehr freie und kostenlos zugängliche WC-Möglichkeiten sowie den Einsatz von Ruhestifterinnen oder Ruhestiftern, wie es sie bereits vor den Bars "Loma" und "Hoffnung" sowie dem "Kurt & Komisch" gebe. So sagt Bettinger über die Interessensgemeinschaft: "Wir wollen proaktiv und gemeinsam Regeln und Konzepte erarbeiten, um die Lärmproblematik durch Passantinnen und Passanten in den Griff zu bekommen, Müll und andere Hinterlassenschaften zu minimieren und künftig eine direkte und einheitliche Kommunikation zwischen Anwohnerinnen und Anwohnern, Politik, Behörden und Gastronomie ermöglichen."
Auch Philipp Schmitt ist Mitglied der IG und langjähriger Mitgestalter des "Kurt & Komisch", er führt außerdem einen Gastro-Betrieb in Köln und erklärt, warum es die IG seiner Meinung nach braucht. "Wir haben dort die Interessensgemeinschaft Belgisches Viertel gegründet und gestalten dort mittlerweile sogar das Verkehrskonzept mit. In Köln hat sich nämlich erwiesen, dass sämtliches, was die Stadt versucht hatte, zu theoretisch war. Das war nicht realitätsnah", erzählt er. Für ihn fiel die Arbeit in der Kölner Interessensgemeinschaft derart produktiv und ergebnisreich aus, dass das Vorbild auch für Würzburg tauge.
Verbesserungen gibt es jedenfalls keine!!!
Vielen Dank für nichts an den kommunalen Ordnungsdienst!!! Feiern ist in Würzburg halt doch wichtiger als die Nachtruhe der Anwohner!