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Würzburg
Änderungen ab 2025: Ärzte in Unterfranken fürchten Chaos durch die elektronische Patientenakte
Die elektronische Patientenakte für alle kommt, ein umfassender digitaler Ordner für Gesundheitsdaten. Wieso Ärzte skeptisch sind und was Versicherte jetzt wissen müssen.
Die elektronische Patientenakte soll künftig alle relevanten Gesundheitsdokumente eines Patienten bündeln und leichter nutzbar machen (Symbolbild).
Foto: Getty Images | Die elektronische Patientenakte soll künftig alle relevanten Gesundheitsdokumente eines Patienten bündeln und leichter nutzbar machen (Symbolbild).
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 12.10.2024 02:38 Uhr

Ende der Zettelwirtschaft: Im neuen Jahr soll die elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten in Deutschland kommen - eine Art lebenslanger, digitaler Aktenordner für Gesundheitsdaten wie Medikamentenlisten, Befunde oder Laborwerte. Die Politik will damit den Versorgungsalltag und die Forschungsmöglichkeiten verbessern. Mediziner aus Unterfranken sehen der Einführung noch skeptisch entgegen.

Wie funktioniert die ePA? Und welche Daten werden darauf gespeichert? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Ab wann gibt es die elektronische Patientenakte für alle?

Ab 15. Januar 2025 wird die elektronische Patientenakte für alle gesetzlich Versicherten automatisch von den Krankenkassen angelegt. Wer die Akte nicht nutzen möchte, kann laut Bundesgesundheitsministerium widersprechen (Opt-Out-Regelung).

Zunächst startet die ePA vier bis sechs Wochen lang in den beiden Modellregionen Franken und Hamburg. Für die Versicherten dort werde die ePA "prioritär" angelegt, so ein Ministeriumssprecher. Zugleich würden die Systeme "unter realen und zugleich kontrollierten Bedingungen in Betrieb genommen". Die elektronische Akte muss also ihre Alltagstauglichkeit in den Praxen beweisen, ab Anfang März 2025 soll sie bundesweit nutzbar sein.

Was wird auf der ePA gespeichert?

Auf der ePA werden Informationen wie Arztbriefe, Diagnosen, Therapiemaßnahmen oder Entlassbriefe gespeichert, aber auch eine Liste der eingenommenen Medikamente, die automatisch aus E-Rezepten erstellt wird. Grundsätzlich soll die ePA eine versichertengeführte Akte sein: Das bedeutet, die Patienten kontrollieren selbst, was gespeichert oder gelöscht wird und wer die Daten nutzen darf.

Wie kann der Versicherte auf seine elektronische Patientenakte zugreifen?

Um die eigene ePA einsehen und nutzen zu können, benötigen Versicherte die entsprechende App ihrer Krankenkasse. Mit dieser App lassen sich zum Beispiel Dokumente hoch- und runterladen oder löschen sowie Zugriffsberechtigungen erteilen oder widerrufen.

Generell ist die ePA auf die Nutzung mit digitalen Endgeräten wie Smartphone, Tablet oder Laptop ausgelegt. "Menschen ohne eigenes Smartphone werden ihre ePA in ausgewählten Apotheken einsehen können", heißt es vom Bundesgesundheitsministerium.

Außerdem können Versicherte jemanden benennen, der stellvertretend ihre ePA verwalten darf - zum Beispiel ein Familienmitglied. Auch die Krankenkassen sollen Patienten ohne geeignetes Endgerät bei der Nutzung der ePA unterstützen.

Wie kann ich der Einrichtung der ePA widersprechen?

Derzeit informieren die gesetzlichen Krankenkassen alle Versicherten über die Anlage der elektronischen Patientenakte. Wer keine Akte will, hat sechs Wochen Zeit, zu widersprechen. Je nach Kasse unterscheiden sich die Möglichkeiten zum Widerspruch. 

Was auf der elektronischen Patientenakte gespeichert wird, bestimmen die Versicherten (Symbolbild).
Foto: Getty Images | Was auf der elektronischen Patientenakte gespeichert wird, bestimmen die Versicherten (Symbolbild).

Wer kann die Daten auf der ePA sehen?

Ab Mitte Januar 2025 gilt: Sobald Patienten ihre Gesundheitskarte in einer Praxis oder Klinik in das Lesegerät stecken, bekommt der Arzt im Rahmen der Behandlung standardmäßig für 90 Tage Zugriff auf die Akte.

Zusätzlich können Versicherte über die ePA-App festlegen, wer auf welche Daten in der Akte zugreifen darf und wie lange. So können sie den Zugriff frühzeitig beenden oder über 90 Tage hinaus verlängern, etwa für den eigenen Hausarzt. Falls Versicherte nicht möchten, dass ein Arzt oder Psychotherapeut auf die ePA zugreift, können sie ihn ausschließen. 

Bekommen Privatversicherte auch eine ePA?

Private Krankenversicherungen können ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte anbieten, müssen es aber nicht.  Dabei gilt für die elektronische Patientenakte bei Privatversicherten ebenfalls das Opt-Out-Prinzip.

Sind die Daten auf der ePA sicher?

Vom Bundesgesundheitsministerium heißt es dazu: "Die Daten werden in der ePA verschlüsselt abgelegt". Niemand außer dem Versicherten (oder seinem Stellvertreter) und berechtigten Behandlern könne die Inhalte lesen. Der Zugriff auf die ePA erfolgt über die Telematikinfrastruktur, "ein sicheres, in sich geschlossenes Netz".

Werden die Daten der ePA zu Forschungszwecken genutzt?

Daten aus der ePA können nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ab Juli 2025 "in pseudonymisierter Form für die Forschung als auch für weitere Zwecke im öffentlichen Interesse" genutzt werden. Pseudonymisiert bedeutet, dass Angaben wie Name oder Geburtsdatum entfernt werden.

Wer nicht möchte, dass seine Daten genutzt werden, kann laut Ministerium widersprechen. Dann würden keine Inhalte "aus der ePA an das Forschungsdatenzentrum ausgeleitet". Es sei auch möglich, die Nutzung der Daten auf bestimmte Zwecke einzuschränken.

Was sagen Mediziner in Unterfranken zur Einführung der ePA?

Im Vergleich zum ePA-Start sei die Einführung des E-Rezepts noch "entspannt gewesen", warnt Dr. Mohammad Ahmadi, unterfränkischer Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands. In seiner Praxis in Mainstockheim (Lkr. Kitzingen) habe er mit einem Patienten testweise versucht, dessen Akte zu befüllen. Das Ergebnis: ein Systemabsturz. "Alles war für 20 Minuten lahmgelegt."

Dem Hausärzte-Sprecher ist der Unmut anzuhören. Wenn das Ganze so laufen soll, wie angedacht,  Patienten also jederzeit Befunde in die Akte stellen und wieder löschen lassen könnten, sei das unmöglich: "Ich habe keine Ahnung, wie sich Herr Lauterbach das vorstellt", sagt Ahmadi. Die geplanten bürokratischen Abläufe würden einen enormen Aufwand für die Praxen bedeuten.

"Da kommt ein Riesenbatzen Arbeit auf uns zu, das wird richtig anstrengend", warnt auch Joachim Lentzkow, unterfränkischer Vorstandbeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Im Moment sei die Befüllung der ePA noch extrem umständlich, das System unausgereift.

Und dann sei da noch die Frage, ob Patienten wirklich alle Einträge in ihrer Akte lesen wollten und sollten. Denn es gebe auch Vermerke, wenn sich jemand danebenbenehme, etwa "das Personal bedroht oder bei mir auf den Tisch spuckt", sagt Lentzkow. Nicht jedem Patienten dürften also alle Einträge gefallen.

 
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  • Manfred Ursprung
    Es ist wie mit jeder Software: Sie muss noch etwas reifen. Das geht bestimmt genauso wie mit dem E-Rezept. Es dauert wahrscheinlich ein paar Monate bis ein Jahr und dann funktioniert das ganze.
    Es wird immer von Digitalisierung geredet und. wenn dann Digitalisierung kommt, dann wird gejammert. Ich finde das ganz schon Technologie feindlich.
    Und beim Thema Verbrenner reden viele von technologie offen. Na dann seid mal technologie offen und schätzt die Vorteile der E-Akte und schaut nicht immer auf die Nachteile.
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  • Rainer Gaiß
    Mit meinem Smartphone der neuesten Generation ist es noch nicht einmal möglich, ein eRezept auszulesen. Und eine zweite Meinung bekomme ich ja wohl auch nicht mehr, wenn ich einen entsprechenden Befund auf meiner Karte habe. Da ist Widersprechen ja doch das Gebot der Stunde. Kann ich eigentlich meinem Hausarzt sagen, dass er nichts darauf speichern soll?
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  • Dietmar Eberth
    "eine zweite Meinung bekomme ich ja wohl auch nicht mehr, wenn ich einen entsprechenden Befund auf meiner Karte habe."

    Woher haben sie diese Information?
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  • Hans Schwinger
    Hans Schwinger
    Wieder ein Sieg der Bürokratie. Als ob wir nicht grössere Probleme hätten.Doch hat diese Elektronische Karte noch einen anderen Zweck, nämlich die Erfassung aller Bürger und ggfs. die Nutzung der Daten bei Pandemien oder auch individuell.
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  • Klaus Buechner
    Durch die elektronische Akte (wenn sie denn funktioniert) wird gerade ein Abbau von Bürokratie erreicht. Es liegt auf der Karte nämlich dann ein Überblick über Erkrankungen, Therapien etc. vor, den man als Arzt/MFA/Klinik nicht zeitaufwendig zusammen suchen muss. Das Gespenst der Erfassung aller Patienten und die sonstige Nutzung der Daten kommentiere ich besser nicht....
    Außerdem: wer es nicht will soll halt einfach widersprechen.....
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  • Ralf Eberhardt
    Ein typischer Lauderbach'scher Ansatz. Und für meine Begriffe unvollständig, solange nicht auch über die schriftlichen Infos auch noch bildgebende Daten eingebracht würden. Dann aber wird die Eingabe und die Speicherung noch aufwändiger - die Praxen und Krankenhäuser sind heute schon am Anschlag. Und auch schon heute werden beim Arztwechsel Diagnosen und Untersuchungen doppelt gemacht - dann etwa nicht mehr? Ich halte von derartigen Datenkraken nichts, also Widerspruch. Aber das darf und muss jeder für sich entscheiden. Und Gottseidank lässt einem die Krankenkasse die Entscheidungsfreiheit.
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  • Dietmar Eberth
    Viel Spass. Vergessen Sie aber nicht ihren Medikamentenplan, Impfpass, Allergiepass, Befunde usw., wenn sie zu einem neuen Arzt oder zu einer Notfallpraxis müssen oder bei einem Urlaub im Ausland. Dokumente immer schön griffbereit halten und auch nicht vergessen.
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  • Hans-Joachim Krämer
    Und bitte alles im Notfallpass des Handys speichern für Notfälle.
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  • Klaus Buechner
    Die Einführung der ePA ist seit 1.1.21 in Planung, also ein gutes Jahr vor der Amtseinführung von Herrn Lauterbach....
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  • Hans-Joachim Krämer
    Gerade für chronisch kranke Patienten macht das total Sinn. Funktioniert in Österreich schon lange sehr gut.
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  • Harald Schwarzmann
    Ihre Daten sind ja schon digital auf dem PC des Arztes. Da bedarf es nur eines Mausclicks
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  • Jutta Nöther
    Ja, aber im Laufe der Zeit sind ganz schön viele Ärzte zusammengekommen...
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  • Jutta Nöther
    Ich habe schon etliche
    Jahrzehnte auf dem Buckel.
    Müssen jetzt meine sämtlichen Ärzte aus dieser langen Zeit ihre Befunde etc. in meine E-Akte einspeisen? Na, dann mal viel Vergnügen...
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  • Dietmar Eberth
    Nein, nur Neue Befunde und Ärzte können alte Befunde einpflegen, wenn diese für die Behandlung notwendig sind.
    Sie können auch selbst Einträge in derE-Akte machen.
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