Süßkind von Trimberg, der erste jüdische Dichter deutscher Sprache, lebte möglicherweise im 13. Jahrhundert in Würzburg. Der Minnesänger, der aus Trimberg im heutigen Landkreis Bad Kissingen stammte, ist wahrscheinlich identisch mit dem Juden Süßkind, der 1218 ein Grundstück in Würzburg erwarb und am christlichen Dietrichspital als Arzt wirkte. Über das Leben des Spruchdichters ist nur das Wenige bekannt, das sich aus seinem Gedichten entnehmen lässt, die in der "Manessischen Lederhandschrift" überliefert sind. Auf einer Miniatur in der Handschrift ist Süßkind mit dem damals vorgeschriebenen "Judenhut" zu sehen. Friedrich Torberg hat 1972 im Roman "Süßkind von Trimberg" das Leben des Dichters nachempfunden. Er lässt ihn nach seiner Würzburger Zeit Erfolge als Minnesänger erleben. Als sich Süßkind jedoch gegen die Willkür des Adels wendet, entziehen ihm die Herren ihre Gunst. Hier trifft sich der Roman mit Süßkinds letztem Gedicht, in dem er ankündigt, nicht mehr als fahrender Sänger, sondern nur noch als Jude zu leben.

Jehuda Amichai, der bekannteste Dichter Israels, wurde oft als Kandidat für den Literaturnobelpreis genannt. 1924 als Ludwig Pfeuffer in Würzburg geboren, war er mit der Rabbinertochter Ruth Hanover befreundet gewesen. Bei einem Fahrradunfall hatte Ruth 1934 ein Bein verloren, weshalb sie kein Visum für die USA erhielt, wohin ihre Eltern auswanderten. Ludwig Pfeuffer und seine Familie gingen 1936 nach Palästina; Ruth emigrierte nach Holland, wurde 1943 deportiert und in Sobibor ermordet. In seinem 1963 veröffentlichten Roman "Nicht von jetzt, nicht von hier" beschrieb Jehuda Amichai einen Besuch in Würzburg im Jahr 1959 und machte seine Jugendfreundin Ruth zur zentralen Figur dieses Werkes der Weltliteratur. Amichai starb 2000. Sein Roman stand 2018 im Mittelpunkt der Aktion "Würzburg liest ein Buch". In der nächsten "Würzburg liest"-Aktion geht es im Juli erneut um den Roman eines jüdischen Autors: "Frau ohne Reue" von Max Mohr erschien erstmals 1933. Der Schriftsteller, 1890 in Würzburg geboren, starb 1937 in Shanghai.

Der amerikanische Bankier Mayer Lehman wurde 1830 als Maier Lehmann in Rimpar (Lkr. Würzburg) geboren. Bayerische Juden besaßen damals noch nicht die Niederlassungs- und Berufsfreiheit und so gingen viele in die USA, wo in der Verfassung – erstmals in der modernen Geschichte – die vollständige Gleichheit von Christen und Juden festgeschrieben war. Mayer und seine ebenfalls emigrierten Brüder Henry (früher Chaim) und Emanuel gründeten im US-Bundesstaat Alabama das Bankhaus "Lehman Brothers", das sie nach dem amerikanischen Bürgerkrieg nach New York verlegten. Das Foto von Mayer Lehman entstand 1867 bei dessen Besuch in der alten Heimat in einem Würzburger Atelier. Der Bankier starb 1897. Sein Sohn Herbert war von 1933 bis 1942 Gouverneur des Staates New York, von 1949 bis 1957 demokratischer Senator in Washington und unterstützte John F. Kennedy im Präsidentschaftswahlkampf 1960. Als die Bank Lehman Brothers 2008 zusammenbrach, befand sie sich schon lange nicht mehr im Besitz der Familie.

Die Geigerin Ella Bulatova, seit 2016 Trägerin der Kulturmedaille der Stadt Würzburg, wurde in Moskau geboren. Sie erwarb am dortigen Tschajkovskij-Konservatorium Diplome als Orchestersolistin, Kammermusikerin und Musikpädagogin und war Mitglied zahlreicher angesehener Klangkörper, darunter des Orchesters des Bolshoi-Theaters und des Moskauer Staatlichen Sinfonieorchesters, mit dem sie weltweit konzertierte. 1995 kam Ella Bulatova mit ihrer Familie nach Würzburg, wo sie mit dem Philharmonischen Orchester des Mainfranken Theaters spielte, viele Konzerte mit unterschiedlichem Programm gab und gibt - dazu Solokonzerte wie beispielsweise im Dom. Seit 2001 ist Bulatova Dozentin an der Musikhochschule - und die Arbeit mit Studierenden macht ihr "totalen Spaß". Ella Bulatova engagiert sich oft bei Benefizkonzerten, unter anderem in Würzburgs französischer Partnerstadt Caen. Auf dem Foto hält sie ihre 300 Jahre alte Geige, auf der sie seit sie 14 Jahre alt ist bei allen Auftritten spielt.

Der 1910 geborene Norbert Glanzberg war mit seinen Eltern 1911 aus Galizien nach Würzburg gekommen. Der Hochbegabte war schon im Alter von 14 Jahren Eliteschüler bei Hermann Zilcher, dem Direktor des Staatskonservatoriums, und als 18-Jähriger Pianist und Operndirigent am Würzburger Stadttheater. In Berlin schrieb Glanzberg 1931 für die Comedian Harmonists das Lied "Hasch mich", führte mit Hans Albers die "Csárdásfürstin" auf und spielte mit Béla Bartòk vierhändig Klavier. Vor den Nazis flüchtete Norbert Glanzberg 1933 nach Paris. Nach der Besetzung Frankreichs wurde er von Edith Piaf und dem Sänger Tino Rossi versteckt - dies rettete ihm das Leben. Für Piaf, mit der ihn eine kurze Liaison und eine lebenslange Freundschaft verband, schrieb er das Chanson "Padam ... Padam". Im Nachkriegs-Paris komponierte Glanzberg weitere Chansons, Filmmusiken und Hits wie "Chariot" von Petula Clark. Für ein umjubeltes Konzert in der Musikhochschule mit Hanna Schygulla kehrte er 1998 nach Würzburg zurück. Norbert Glanzberg starb 2001.

Der Name Max Fromm und die Geschichte des Kitzinger Weinhandels, des zentralen Wirtschaftszweiges der Stadt, gehören zusammen. Geboren 1873, übernahm er nach dem Tod des Vaters mit 16 Jahren dessen Weingeschäft, die Nathan Fromm GmbH. 1925 beschäftigte die Firma 90 Angestellte, in der Mehrzahl Büttner. Damals gab es Vertretungen in London, Paris, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm, Oslo, Reval und New York. Max Fromm ließ Etiketten von Künstlern gestalten und gehörte zu jenen, die den Bocksbeutel zum Markenzeichen machten. Der Unternehmer, einer der wichtigsten Mäzene Kitzingens, führte ein geselliges Haus mit Gästen aus dem Wirtschafts-und Kulturleben. Von 1918 bis 1929 gehörte er dem Kitzinger Stadtrat an, wo er ab 1924 von Nationalsozialisten beständig angegriffen wurde. 1929 verlegte Fromm seinen Betrieb daher nach Bingen am Rhein. 1939 emigrierte er über England in die USA. Nach 1945 schickte Max Fromm ehemaligen Angestellten Care-Pakete und besuchte seine Heimatstadt. Er starb 1956.

Die 1867 in Paris geborene Klara Oppenheimer war eine Pionierin. Als eine der ersten Frauen studierte sie an der Würzburger Universität und als erste Frau überhaupt hatte sie eine Arztpraxis in der Domstadt. 1875 war Klara Oppenheimer mit ihrer Familie nach Würzburg gekommen. 1889 hatte sie das Lehrerinnenexamen bestanden und damit den höchsten Bildungsabschluss erreicht, der damals für Frauen zugänglich war. Als 1903 Frauen in Bayern zum Studium zugelassen wurden, holte sie das Abitur nach und studierte ab 1906 Medizin. Im Verein "Frauenheil" und im Frauenstimmrechtsverein setzte sich Oppenheimer dafür ein, dass Frauen an Wahlen teilnehmen durften und dass ihnen bisher verschlossene Berufe geöffnet wurden. 1918 eröffnete sie nach verschiedenen Stellen als Assistenzärztin eine Praxis für Säuglings- und Kinderkrankheiten in Würzburg, die sie bis 1933 führte. Am 23. September 1942 wurde Klara Oppenheimer ins KZ Theresienstadt deportiert, wo sie am 17. Mai 1943 den dort herrschenden unmenschlichen Bedingungen erlag.

Im Jahr 1831 wurde in Höchberg (Lkr. Würzburg) Leopold Sonnemann geboren. "Meine erste Beschäftigung als kleiner Knabe war das Spulen in der Webstube, meine Wiege stand am Webstuhl meines Vaters", heißt es in seinen Jugenderinnerungen, in denen er auch den Besuch der jüdischen Dorfschule beschreibt. 1840 verließ die Familie Bayern. 1856 gründete Sonnemann in Frankfurt ein kleines Börsenblatt, aus den zehn Jahre später die Frankfurter Zeitung wurde, die bis in die Weimarer Republik die bedeutendste liberale Tageszeitung Deutschlands blieb. Als Abgeordneter der linksliberalen Deutschen Volkspartei wurde Sonnemann im Berliner Reichstag zum entschiedenen Gegner des konservativen Reichskanzlers Otto von Bismarck. Er bekämpfte als Parlamentarier und mit seiner Zeitung, deren Redaktion er angehörte, die von Bismarck betriebene Angliederung Elsass-Lothringens, den antikatholischen "Kulturkampf" und das Sozialistengesetz, das 1878 zum zwölfjährigen Verbot der SPD führte. Leopold Sonnemann starb 1909.
Im Staatsarchiv Würzburg liegt der Gestapo Akt für Klara Oppenheimer - ich empfehle, ihn einzusehen. Da bekommen Sie Beklemmung, wenn Sie lesen, dass sie für jede Kleinigkeit, die sie aus ihrem Besitz verkaufen wollte (um an Geld zu kommen), einen Antrag stellen musste, der zu genehmigen war. Und auch, wie ihr immer mehr genommen wurde, vom geerbten Elternhaus bis zu letzt in einer Art Wohngemeinschaft/Sammelunterkunft.
Im Netz gibt es eine Datenbank, wo auch ein paar Sachen zu finden sind. Aber es ist einfach anders, das selbst in den Originalen zu lesen.