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ELFERSHAUSEN
Folge 52: Gänsehaut-Romantik auf der Trimburg
111 Dinge, Folge 52 Von der Zeit der Minnesänger bis in die 1930er Jahre hatte die Feste über dem Saaletal ihre Bedeutung. Lassen Sie sich von ihr Geschichte und Geschichten erzählen.
Silhouette der Geschichte: Auf der Trimburg bei Bad Kissingen soll der jüdische Minnesänger Süßkind gelebt haben. In der Ruine kann man sich in seine Zeit versetzen.
Foto: Horst Bertzky | Silhouette der Geschichte: Auf der Trimburg bei Bad Kissingen soll der jüdische Minnesänger Süßkind gelebt haben. In der Ruine kann man sich in seine Zeit versetzen.
Von unserer Mitarbeiterin Ursula Düring
 |  aktualisiert: 17.07.2022 02:31 Uhr

Wie mag sich eine edle Dame gefühlt haben, der ein schöner Mann in artigen Versen Dienste und minnigliche Liebe anbot? Ist ihr die Röte in die Wangen gestiegen? Hat sie ein bisschen Luft geschnappt im schmalen Innenhof der Trimburg, um das klopfende Herz zu beruhigen? Hat sie sich gar, die Röcke raffend, über die steilen Stufen hoch hinauf auf den Bergfried gewagt für ein verschwiegenes Tete-a-tete?

Ich bekomme Gänsehaut bei so viel Romantik. Und so viel Natur. Beim Blick ins weite Tal auf die friedvoll eingebetteten Orte. Auf das sich durch fette Wiesen schlängelnde Flüsschen. Die fränkische Saale, in der sich am Abend letzte Sonnenblitze brechen. Die Turmfalken und die Dohlen, die hier in dem verwitterten Gemäuer der Ruine Trimburg (Lkr. Bad Kissingen) wohnen, segeln elegant durch die klare Luft. Ich träume mich in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. In meine Gedanken mischen sich Fetzen der Verse des Süßkind von Trimberg.

Er ist jener deutsche Spruchdichter, der im Codex Manesse als Jude benannt wird. Der im Bild, das im Rittersaal der Trimburg hängt, den in die Stirn gezogenen Judenhut trägt. In Zeiten, als fahrende Sänger die Lieblichkeit der Frauen preisen, lobt er in seinen Versen die eigene Ehefrau und klagt für seine armen Kinder. Seine Existenz ist allerdings recht zweifelhaft.

Die eines anderen Promi, der hier ein und aus gegangen ist (die des Hugo von Trimberg) dagegen ist nachgewiesen. Ein 1270 im thüringischen Werna geborenes cleveres Bürschchen, das gesegnet ist mit reichlich Geistesgaben. Er war ein Moralist, der sich mit den sieben Todsünden beschäftigte. Ich betrachte sein Bild im Rittersaal der Trimburg.

Heute ist die Burg, die in Jahrhunderten ihres Bestehens gute wie schlechte Zeiten erlebt hat, eine gut hergerichtete und sehr sorgfältig sanierte Ruine. Leidenschaft, Schaffenskraft und sinnvolle Planung der Mitglieder des Vereins „Freunde der Trimburg“ haben sie zu einem lohnenden Ausflugsziel gemacht.

Die Edelfreier von Trimberg gehören um das Jahr 1100 zum Hochadel und scheinen sich seinerzeit in großem gesellschaftlichem Ansehen gesonnt zu haben. Konrad III. von Trimberg und seine Gemahlin Adelheid schenken im Jahr 1279 ihre Burg dem Würzburger Hochstift, weil sie selbst ihr Leben im Kloster beenden.

Im 16. Jahrhundert, in den Jahren des Bauernkriegs, wird das ansehnliche Anwesen ebenso wie die in der Nachbarschaft stehende Burg Botenlauben von einem Bauernhaufen restlos zerstört und anschließend recht lidschäftig wieder aufgebaut. Dennoch trotzt die Anlage strengen Wintern wie heißen Sommern, Efeu klettert die Mauern hoch, über Kopfsteinpflaster rumpeln Ross und Reiter – bis zum Ende des 16. Jahrhunderts Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn die Trimburg besucht. Er erweitert die Burg durch den heute „Echterbau“ genannten Anbau.

Im Dreißigjährigen Krieg belagern die Schweden die Burg. Der Sage nach wollen sie die Burgbewohner aushungern. Eine schmiedeeiserne Tafel, inmitten von Löwenzahn und Schlüsselblumen, erinnert bis heute an die List, mit der die cleveren Rittersleut und ihr Gesinde ihre Feinde zum Abzug bewegen können. Sie lassen das letzte Schwein, das sie noch haben, braten und die Fleischstücke mit Kanonen hinüber ins schwedische Lager schießen. Damit hoffen sie den Eindruck zu erwecken, dass sie immer noch mit genügend Vorräten versorgt sind. Der Plan klappt, die Schweden ziehen resigniert ab.

Denkmalschutz vom Bayernkönig

Die nächste größere Katastrophe für die Burg bringt die Säkularisation mit sich. Nachdem die gesamte Anlage, die im späten 17. Jahrhundert durch den „Erthalbau“ ergänzt worden war, dem Staat zufällt, steht sie ungeschützt da. Um nicht ganz nutzlos zu sein, werden die Steine der Burg auf Abbruch verkauft. Von dem stolzen Bauwerk bleibt außer den Frontwänden mit den hohen Treppengiebeln nicht mehr viel übrig. Bis Bayernkönig Ludwig I., der mit Lola Montez in Brückenau weilt, davon Wind bekommt, sich selbst vor Ort über den Zustand informiert und eine Art „Denkmalschutzgesetz“ erlässt.

Daraufhin darf ein im Napoleonkrieg verletzter Trimberger eine Art Sommerwirtschaft eröffnen. Sie hält sich, bis 1933 Pläne für eine Ordensburg für die Jugend entworfen werden. Doch das Bauvorhaben scheitert daran, dass die jungen Männer in den Krieg ziehen müssen. Nach dem Krieg ziehen Flüchtlinge in die alten Gemäuer ein. Es wird geklaut und zerstört dort oben, bis eben Hans Schneider bei den umliegenden Gemeinden wirtschaftliches und politisches Interesse weckt.

Seit 1980 ist die Gemeinde Markt Elfershausen, unterstützt vom Staat, Eigentümer der historischen Anlage. Heute steht die Burg oberhalb des kleinen Ortes Trimberg in imposantem Zustand da und ragt, schon von weitem sichtbar, in den Himmel. Im Burghof, auf den Wiesen spielt sich dank der Bewirtschaftung durch umliegende Vereine an den Sommerwochenenden pralles Leben ab. Glasdächer, zwischen den Ruinenmauern angebracht, schützen Mauerkronen und historische Räume. Einmal im Jahr erwacht für ein Wochenende mittelalterliches Leben. Dann füllt sich der Burghof mit Marketendern und Pferden, mit Rittern und Edelfreien und die Trimberger Ritterschaft zelebrieret historische Ritterspiele.

Die Trimburg heute

Kultur in der Ruine

Von Mai bis Oktober an allen Sonn- und Feiertagen etwa ab 11 Uhr bewirtschaften örtliche Vereine die sanierte Burganlage über dem Saaletal.

Am 12. Mai findet ein Gospelkonzert von „Lift Your Voice“ statt. Am 19./20. Mai ist der Mittelaltermarkt der Trimburger Ritterschaft. Ein Jazzfest gibt es am 24. Juni. Das Stück „Arsen und Spitzenhäubchen“ wird am 14./15. Mai aufgeführt. Am 20. Juli bietet der Verein Musifit im Rahmen des Saale-Musicums ein Konzert unter dem Titel „Der König hat Geburtstag heut“. Weinfest auf der Burg ist am 4./5. August, Nacht der Poesie am 11. August. Außerdem gibt es Gottesdienste im Freien, Hochzeitsfeiern und Kinderveranstaltungen.

ONLINE-TIPP

111 Dinge, die Sie in Mainfranken tun müssen, erscheint bis August täglich. Die Serie finden Sie im Netz unter www.mainpost.de/111Dinge

Saniert: Burg-Innenhof
Foto: Fotos(2): Ursula Düring | Saniert: Burg-Innenhof
Trutzig: Die Anlage von außen
| Trutzig: Die Anlage von außen
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