Oft sind es die kleinen Dinge, die einen großen Unterschied machen können. Wer Anthony Höchemer und seine beiden Mitschülerinnen Mina Blüml und Iman Tahir bei der Diskussionsrunde zum Sommerempfang des Stadtjugendrings Schweinfurt in der Rathausdiele zuhört, erkennt, dass es insbesondere den jungen Menschen in Schweinfurt an solchen kleinen Dingen fehlt. Egal ob Jugenddiscos oder zentrale Plätze, wo man sich treffen kann: Viele Jugendliche vermissen in Schweinfurt passende Angebote.
Höchemer, Blüml und Tahir besuchen die Walter-Rathenau-Schulen und die Frieden-Mittelschule in Schweinfurt. Dort sprechen sie für die zirka 1691 Schülerinnen und Schüler. Wie können junge Menschen sich mehr in die Entwicklung ihrer Stadt einbringen und wie kann aus Schweinfurt eine jugendfreundlichere Stadt werden? Diese Frage diskutierten die drei Jugendlichen unter der Moderation des Stadtjugendrings mit Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und dem Leiter des Sozialreferats, Jürgen Montag, sowie SPD-Stadtrat Ralf Hofmann.
Wer in Schweinfurt was erleben will, fährt nach Würzburg
"Wir haben bei unseren Mitschülern nachgefragt, welche Veranstaltungen sie in den vergangenen Jahren in der Stadt besucht haben." Die Antworten seien immer gleich und immer gleich kurz ausgefallen: Vogelschuss, Volksfest und Stadtfest. Wer als junger Mensch in Schweinfurt etwas erleben wolle, müsse entweder in die Dörfer im Landkreis oder gleich ins benachbarte Würzburg fahren.
"Es ist sehr schade, dass Jugendliche in andere Städte fahren müssen, um auf Veranstaltungen zu gehen, die für sie gemacht sind, obwohl wir in Schweinfurt großes Potenzial haben", resümiert Anthony Höchemer. Es fehlten zentrale Orte, wo sich junge Menschen treffen können, kritisiert Mitschülerin Iman Tahir. "An Plätzen wie dem Skaterpark oder vor dem Theater fühlen wir uns nicht wohl."
Zumindest was die kulturellen Angebote angeht, scheinen die Jugendlichen durchaus einen Nerv bei den Verantwortlichen getroffen zu haben. Stadtrat Ralf Hofmann (SPD) gesteht, dass diejenigen, die in Schweinfurt Kultur bestimmen, wesentlich älter seien. Dennoch würden Angebote bestehen – auch für Jugendliche, meint Sozialreferent Jürgen Montag, der auf den Stattbahnhof und den dort tätigen Verein verweist. Das sieht auch der OB ähnlich: "Es ist eigentlich alles da. Ihr müsst nur zugreifen", meint er mit Blick auf die zahlreichen Sportvereine der Stadt. "Ich erwarte auch, dass ihr euch umseht und die Möglichkeiten nutzt, die wir haben", so der OB. Doch es ist noch etwas anderes, etwas viel Grundlegenderes, was nach Angaben der Jugendlichen vor Ort fehlt. Passende Ansprechpartner.
Jugendlichen fehlt der direkte Draht ins Rathaus
"Jugendliche gehen mit ihren Anliegen und Problemen eher zu Gleichaltrige", erklärt Luca Häusler, der Vorsitzende des Stadtjugendrings Schweinfurt. Ein direktes Gremium mit Schülern und Stadträten gebe es nicht. Eine Idee, wie junge Menschen und Politik besser zueinander finden könnten, bietet aus Sicht der Schülerschaft ein Jugendparlament. "Dadurch wäre die Demokratie vielfältiger", meint Iman Tahir. In anderen Landkreisen habe sich dieses Format schon etabliert, verweist sie auf den Jugendkreistag in Kitzingen.
Aber auch ein stärkerer Austausch der Schülermitverantwortung (SMV) mit der Stadt und mehr Werbung über die Sozialen Medien wäre aus Schülersicht nützlich. "Viele Jugendliche nutzen Instagram", so Tahir.
Remelé: Jugendliche sollen Eigeninitiative ergreifen
Dem Vorschlag eines Jugendparlaments standen Sozialreferent und OB zunächst skeptisch gegenüber. "Letztlich scheitern solche Dinge in der Regel an mangelnder Kontinuität", glaubt Montag. Gerade junge Menschen würden nach der Schule aus Schweinfurt wegziehen, um zu studieren oder zu arbeiten. "Wir können aber gerne darüber reden." Einig ist man sich darin, dass man einen anderen Zugang zu den Jugendlichen und ihren Nöten braucht. "Ich vermisse die Jugend im öffentlichen Raum", sagt Remelé. Für die Stadt sei es schwer, einen repräsentativen Zugriff auf die Jugend zu erhalten.
"Man muss das Rad nicht neu erfinden", meint Luca Häusler am Ende der Debatte. Es brauche ein einfaches, niederschwelliges Angebot, um Jugendliche und Stadtverwaltung ins direkte Gespräch miteinander zu bringen. Die signalisierte Gesprächsbereitschaft der Stadt sei ein Anfang und zeige, dass sich die Politik ernsthaft für die Jugendlichen und ihre Stadt interessieren. Die lud die Schülersprecher und den Stadtjugendring zu einem weiteren Austausch ins Rathaus ein, um weitere Schritte zu erörtern.