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Schweinfurt
ZF auf der Suche nach Geschäftspartnern: Wer kommt als Investor für die Elektromobilität in Schweinfurt infrage?
Der ZF-Konzern sucht nach einem Partner für seine Antriebssparte. Die Strategie bietet Chancen für den Standort Schweinfurt - und manche Risiken. Um was es dabei geht. 
Der ZF-Hauptstandort für Elektromobilität in Schweinfurt steht vor großen Herausforderungen. Im Bild ein Mitarbeiter in einer Fertigungshalle, in der unter anderem Montagemaschinen für den Elektromotorenbau entstehen.  
Foto: René Ruprecht | Der ZF-Hauptstandort für Elektromobilität in Schweinfurt steht vor großen Herausforderungen. Im Bild ein Mitarbeiter in einer Fertigungshalle, in der unter anderem Montagemaschinen für den Elektromotorenbau ...
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 30.03.2025 03:29 Uhr

Sie spielt eine Schlüsselrolle im ZF-Konzern, besonders am Standort Schweinfurt: In der E-Division, dem Bereich "Electrified Powertrain Technology", entwickelt der weltweit zweitgrößte Autozulieferer Technologien der Elektromobilität. Neben dem Bau von Elektromotoren und Fahrwerken werden in der weltweit 32.000 Mitarbeiter starken Abteilung auch die Geschäfte mit den klassischen Verbrennergetrieben gemacht. Der ZF-Vorstandsvorsitzende Holger Klein sprach bei der Vorstellung der aktuellen Geschäftszahlen in diesem März vom "Herz" des Unternehmens.

Doch die E-Division steckt in einer tiefen Krise. Rund 10 Milliarden Euro Umsatz hat die Sparte 2024 weltweit erzielt - fast 1,5 Milliarden Euro weniger als im Jahr zuvor. Die Gründe sind vielfältig. Neben hohen Produktionskosten und einer massiv gesunkenen Nachfrage bei Elektromobilität drücken offenbar auch ungünstig ausgehandelte Konditionen mit wichtigen Abnehmern auf die Profitabilität. Vorstands-Chef Holger Klein hat angekündigte, teilweise neu mit Kunden verhandeln zu wollen.

Das ändert nichts daran, dass das ZF-Management die Sparte auf eine Beteiligung eines Investorenpartners vorbereitet. Auch über einen Börsengang wird laut Klein nachgedacht. Der vollständige Verkauf der Division bleibt laut Klein vorerst ausgeschlossen – auch, weil ZF die Technologie in anderen Bereichen weiter nutzen und davon profitieren möchte.

IG Metall betont Chancen und Risiken einer Partnerschaft

In Schweinfurt, Hauptstandort der Division E, arbeiten etwa 6000 Beschäftigte. Hier blickt man besonders aufmerksam auf die aktuelle Situation: Wer kommt für ein solches Joint Venture infrage? Und welche Folgen hätte dies für die Schweinfurter ZF-Belegschaft? Die Gewerkschaft IG Metall äußerte zuletzt immer wieder Bedenken vor einer Partnerschaft und kritisierte den Konzern für seine widersprüchlichen Signale.

ZF gehört mit über 9000 Beschäftigten zum größten Arbeitgeber in Unterfranken. Im Bild das Werk in Schweinfurt mit ZF Aftermarket und dem Entwicklungszentrum.
Foto: René Ruprecht | ZF gehört mit über 9000 Beschäftigten zum größten Arbeitgeber in Unterfranken. Im Bild das Werk in Schweinfurt mit ZF Aftermarket und dem Entwicklungszentrum.

Verkauf wie Beteiligung hätten grundlegende Konsequenzen für die Beschäftigten, sagt Thomas Höhn, Erster Bevollmächtiger der IG Metall Schweinfurt. "Wenn es einem Partner darum geht, Wachstum zu generieren, Technologien zu bündeln, finanzielle Stabilität zu sichern und Finanzkraft zu nutzen, um in die Zukunft zu investieren, dann kann eine Partnerschaft durchaus Chancen bieten", meint Höhn.

Der Gewerkschaftler verweist auf den Fall des Automobilzulieferers Continental, der Vitesco ausgliedert hatte. Inzwischen ist Vitesco vom Schaeffler-Konzern übernommen. Ein Zusammenschluss, der die Beschäftigten hart getroffen habe, aber zugleich Perspektiven schuf, sagt Höhn.

IG Metall: Verlust von Know-How und Arbeitsplätzen droht durch Investoren aus Asien 

Gehe es einem Partner primär nur darum, Zugang zum europäischen Markt zu bekommen und Kundenstrukturen zu übernehmen, drohe der Verlust von Wissen und Arbeitsplätzen vor Ort. Die IG Metall hält das für eine reale Gefahr: "Wir sehen in vielen Branchen, dass asiatische Investoren gezielt europäische Unternehmen übernehmen oder Partnerschaften eingehen, um technologisches Know-how, Marktzugänge und strategische Positionen in Europa zu sichern", sagt Höhn.

Die Strategie sei oft ähnlich: Investoren aus Asien kommen in etablierte Märkte, profitieren vom vorhandenen Wissen, bauen langfristig eigene Stärken aus – meist ohne in Deutschland stärker zu investieren oder Standorte zu erhalten.

Der Fall des Zulieferers Preh in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) zeigt, wie schnell sich die Lage ändern kann. Dort habe der chinesische Investor Joyson nach der Übernahme zunächst viel Geld in den Standort investiert, berichtet Höhn. "Gleichzeitig erleben wir dort, wie schnell die Zukunft für einen deutschen Standort hart und radikal infrage gestellt wird." 

ZF-Konzernsprecher: Partnerschaften in Asien üblich

Joint Ventures seien bei ZF nichts Neues, sagt ein Unternehmenssprecher. In Asien seien die Partnerschaften sogar - vorgegeben durch die Gesetzregelungen dort - eher die Regel als die Ausnahme für viele Produktgruppen des ZF-Konzerns. In der gesamten Automobilbranche würden Partnerschaften zunehmen.

Grund dafür seien die Transformation und schnelle Entwicklung neuer Technologien, die gemeinsam oft besser gelinge, sagt der Sprecher. Häufig entstünden dabei ganze Netzwerke. So gründeten ZF und die taiwanesische Hon Hai Technology Group (Foxconn) zuletzt ein Joint Venture im Bereich Pkw-Fahrwerksysteme. Foxconn erwarb dabei 50 Prozent der Anteile an der ZF Chassis Modules GmbH.

ZF schweigt über potenzielle Partner für E-Division in Schweinfurt

Wer wäre potenzieller Partner für die E-Division? ZF selbst gibt dazu aktuell keine Auskunft, auch nicht zu einem Zeitplan. Man erörtere dies "wie alle strategischen Überlegungen und daraus hervorgehende Fragestellungen zunächst intern und mit der Belegschaftsvertretung".

ZF-Mitarbeitende der E-Division fürchten, bei einer Partnerschaft mit einem Investor ins Hintertreffen zu geraten. Das Foto zeigt Beschäftigte bei einem Aktionstag der IG Metall in Schweinfurt.
Foto: René Ruprecht | ZF-Mitarbeitende der E-Division fürchten, bei einer Partnerschaft mit einem Investor ins Hintertreffen zu geraten. Das Foto zeigt Beschäftigte bei einem Aktionstag der IG Metall in Schweinfurt.

Offiziell äußere man sich erst, sobald "belastbare Ergebnisse und Entscheidungen vorliegen", sagt der ZF-Sprecher. Ziel sei es, die Antriebssparte auf die Eigenständigkeit vorzubereiten. 

"Der Weg ist ein guter Weg", sagt Automobilexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer. Er hält eine Partnerschaft für eine kluge Strategie. Sie würde frisches Eigenkapital ins Unternehmen bringen. Angesichts der Marktsituation und der starken Position von ZF in China geht Dudenhöffer davon aus, dass für die Antriebssparte vor allem Investoren aus China oder Korea infrage kommen. Auch US-Investoren seien nicht auszuschließen. Europäische, insbesondere deutsche Geldgeber hält er für weniger wahrscheinlich.

Gewerkschaft IG Metall fordert mehr Transparenz 

Wie die Beschäftigten und die Arbeitnehmervertretung dann reagieren würden? "Die IG Metall bewertet Investoren nicht nach ihrer Herkunft, sondern nach ihren Interessen und den Zielen, die sie verfolgen", sagt Thomas Höhn. Entscheidend sei, wie mit der Belegschaft, ihrer Mitbestimmung und den Arbeitsbedingungen umgegangen werde – und ob es eine ernsthafte Wachstumsstrategie für die deutschen Standorte gibt.

Klar sei bei einer Partnerschaft: "Die betroffenen Beschäftigten sind nicht mehr Teil des ZF Konzerns. Mit allen Chancen und Risiken, die damit verbunden sind." Solange das Unternehmen nicht offenlege, welche Investoren mit welchen Interessen infrage kommen, "bleibt dieser Prozess eine Blackbox", sagt der IG Metall-Bevollmächtigte. "Unter diesen Bedingungen können wir diesen Weg nicht mittragen." Rechtlich könne ZF eine Abspaltung ohne Zustimmung von Gewerkschaft oder Betriebsrats zwar vollziehen, sagt Höhn: "Aber das bedeutet nicht, dass wir das einfach hinnehmen."

 
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  • Erich Spiegel
    Deutsche Firmen wollen sehr wahrscheinlich den defizitären E-Mobilitätssektor nicht übernehmen. Am besten wäre ein Investor aus Korea. Aber auch die Koreaner wissen vermutlich, dass die Bedingungen für Produktion in Asien viel besser sind als in Deutschland. Der Standort D ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Asien insbesondere China liefert die gleich gute Qualität viel preiswerter. Vermutlich übernimmt dann doch ein chinesischer Investor, aber nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern im Auftrag der chinesischen Regierung, die über wirtschaftliche Aktivitäten mehr und mehr politischen Einfluss erhalten möchte und auch erhält. Keine gute Entwicklung, weil die deutschen Arbeitsplätze dann zukünftig immer stärker vom Wohlwollen der kommunstischen Partei Chinas abhängen. Ich vermute falls es so weiter geht, dass wir eines Tages in einer ganz anderen Gesellschaft aufwachen. Vielleicht steigt auch Volvo ein unter dem Jubel der Gewerkschaft. Aber Volvo ist inzwischen auch chinesisch.
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