
Es könnte ein Wendepunkt sein - mit unklaren Folgen. Die Meldung, dass der Automobilzulieferer ZF derzeit seine gesamte Elektrosparte, die sogenannte E-Division, intern überprüft und womöglich abspaltet, hat eine Debatte über die Zukunft der Elektromobilität in Schweinfurt entfacht. Während im Unternehmen über eine strategische Neuausrichtung diskutiert wird, warnt die Gewerkschaft IG Metall vor möglichen negativen Folgen eines Verkaufs für die Belegschaft.
Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in einer Trennung auch eine Chance für das Unternehmen. Der als "Autopapst" bekannte Wirtschaftswissenschaftler zählt zu den führenden Analysten der deutschen Automobilbranche. Im Interview erklärt der 73-Jährige, warum ZF sich in einer schwierigen Lage befindet, wie schädliche die Debatte über die Rückkehr zum Verbrenner für Unternehmen ist und welche politischen Lösungen es nun braucht.
Ferdinand Dudenhöffer: ZF befindet sich in einer unglücklichen Lage. Neben äußeren spielen auch innere Faktoren eine Rolle. Vor allem die hohe Verschuldung setzt dem Unternehmen zu.
Dudenhöffer: ZF ist ein Stiftungsunternehmen. Das heißt, nicht private Eigentümer oder Aktionäre, sondern eine Stiftung und ihre Mitglieder leiten den Konzern. Um den Wandel von Verbrennungsmotoren zur Elektromobilität zu schaffen, musste ZF erheblich investieren. Wachstum erfordert jedoch Kapital.
Dudenhöffer: Porsche zeigt, wie ein Börsengang das Eigenkapital über Nacht verdoppeln kann. Das Unternehmen, lange in Familienhand, wagte diesen Schritt vor mehr als 40 Jahren, um in die Zukunft zu investieren. Ähnliche Überlegungen gab es bei ZF, doch die Stiftung – insbesondere der frühere Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen Andreas Brand – lehnte das ab. Nach dieser Verweigerung ist der damalige Aufsichtsrat und Vorstandsvorsitzende Stefan Sommer zurückgetreten. Hätte die Stiftung damals offener agiert, wäre die Situation meiner Einschätzung nach anders. Ein Börsengang hätte dem Konzern ermöglicht, große Investitionen wie den Kauf des US-amerikanischen Unternehmens TRW mit Eigenkapital zu finanzieren. Stattdessen musste ZF auf Bankkredite zurückgreifen, was die Verschuldung erhöhte. Benötigt das Unternehmen dann weiteres Kapital, steigen die Zinsen und die finanzielle Last wächst, da Fremdkapital auch bei sinkenden Gewinnen bedient werden muss. Ein Teufelskreis.
Dudenhöffer: Eine andere Möglichkeit wäre, sprichwörtlich das Tafelsilber zu verkaufen. Bei ZF bedeutet das, frühere Investitionen in die Elektromobilität zu veräußern – ein Bereich mit globalem Wettbewerb und heute niedriger Nachfrage. Elektroautos funktionieren nicht so bei Kunden, wie gewünscht. ZF steckt in einer Zwickmühle, die auch andere Zulieferer wie Continental oder Vitesco durchlitten haben. Beide wurden regelrecht zerschlagen. Daher ist es verständlich, dass ZF ähnliche Schritte in Erwägung zieht.
Dudenhöffer: ZF steht vor der Herausforderung, sich auf das zu konzentrieren, was sicher in die Zukunft geführt werden kann. In einer solchen Lage ist es klüger, klare Schwerpunkte zu setzen, als sich zu verzetteln und am Wettbewerb zu scheitern. Hinzu kommt, dass ZF sein Know-how mit anderen teilt und keinen exklusiven Vorteil hat. Der einzige gangbare Weg ist daher, Tafelsilber zu verkaufen. Ein Börsengang würde zu viel Zeit kosten und wenig einbringen. Ähnliches hat ZF bereits mit Foxconn erlebt: In gemeinsamen Joint Ventures konnte das Unternehmen 50 Prozent seines Eigenkapitals sichern – eine entscheidende Maßnahme, um finanziell stabil zu bleiben. Ohne solche Schritte drohen steigende Fremdkapitalkosten und Zinsen, die ZF in die Insolvenz treiben und das Unternehmen zerstören könnten. Es ist wichtig, ein stabiles Fundament zu bekommen, das vom Eigenkapital abgesichert ist.
Dudenhöffer: Die Automobilbranche steckt in der Krise. Hohe Strafzölle der USA belasten die Industrie und ziehen Arbeitsplätze aus Deutschland ab. Gleichzeitig kämpft die Elektromobilität mit großen Schwierigkeiten. Auslöser war der Dominoeffekt, den das Ende der staatlichen Prämie durch die Ampel-Regierung verursachte. Daraufhin wurden aus der Politik Stimmen laut, das Verbrenner-Aus zurückzunehmen. Diese Debatte wirkt aber wie Gift und zerstört dadurch förmlich wichtige Investitionen in die Industrie. Jetzt ist die Nachfrage im Keller und die Unternehmen müssen zusehen, wie sie mit den hohen Investitionen zurechtkommt.
Dudenhöffer: Sollte die Sparte verkauft werden, ist es letztlich egal, ob ein chinesischer, US-amerikanischer oder japanischer Investor einsteigt. Investoren erwarten immer eine profitable Rendite. Verlagerungen sind daher nie auszuschließen. Die Angst vor chinesischen Investoren halte ich allerdings für übertrieben. Wir hören dazu viele negative Stimmen aus der Politik, aber am Ende verfügen sie über das Kapital und das Interesse, die Unternehmen weiterzuentwickeln.
Dudenhöffer: Man muss es so klar sagen: Nein, in Deutschland investiert niemand mehr. Wir sind ein Sanierungsland. Unser kompliziertes Steuersystem, die hohen Energiepreise, die kaputte Infrastruktur und eine chaotische Bahn, mit sich nicht mal mehr eine Logistik betreiben lässt, schrecken Investoren ab.
Dudenhöffer: ZF braucht dringend neues Kapital. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder werden Unternehmensteile ganz oder teilweise verkauft, oder es werden neue Investoren ins Boot geholt. Doch genau hier liegt das Problem: Die Stiftung denkt zu kleinteilig und verweigert sich oft notwendigen Schritten. Das heutige Management kann nur versuchen, den Konzern zu stabilisieren, aber ohne frisches Kapital ist das kaum möglich.
Dudenhöffer: Einen großen. Es gibt drei große Automärkte: China, Amerika und Europa. In China werden 50 Prozent der Neuwagen als Elektrofahrzeuge verkauft, während wir in Europa allen Ernstes über synthetische Kraftstoffe diskutieren. Unsere Politik ändert alle vier Jahre ihren Kurs, während China mit 30-Jahres-Plänen arbeitet. Das sorgt für Unsicherheit bei Unternehmen und Verbrauchern. Das Silicon Valley ist nicht innerhalb weniger Jahre aufgebaut worden. Wenn wir ernsthaft Elektromobilität wollen, brauchen wir langfristige Strategien, damit Investitionen sich lohnen und die Menschen auch daran glauben.
Wir können es überlegen oder doch nur spekulieren.
Das, was sich überholt (Komponenten für Verbrenner) behalten und die Zukunftssparte abstoßen. Dümmer ginge es strategisch gesehen nicht mehr.
Was der Fall sein könnte, dass mit schnellerem Wachstum in dem Bereich gerechnet wurde - und jetzt Überkapazitäten da sind. Dann muss man die Kapazitäten zurückfahren - aber nicht gleich die ganze zukunftsträchtige Sparte abstoßen
…….. vor 5 Jahren noch Aluhut …… und jetzt ?
Und trotzdem haben die Deutschen mehr oder weniger ein "weiter so" gewählt. Was soll man dazu noch sagen. Jeder der sich über die Situation beschwert, sollte überlegen was er gewählt hat.
keine Ahnung, warum mir bei dieser Vorstellung zuerst die Dinosaurier einfallen...
MMn hat die Politik schon bisher komplett versagt bei der Aufgabe, dafür zu sorgen, dass auch der Verkehrssektor seinen Beitrag zur CO2-Einsparung leistet, und das was da jetzt vonseiten der EU kommt wird die Lage nicht verbessern, sondern nur den Sauriern noch ein bisschen Zeit erkaufen - was dann unsere Kinder und Enkel bezahlen werden müssen, und zwar mit Zins und Zinseszins. Super, oder?
Das kann man so nicht sagen. Europäische Länder mit ähnlicher Bevölkerungszahl haben nicht mehr Ladepunkte.
Deutschland 120625 Ladepunkte
Frankreich 119225
Großbritannien 72923
Italien 41114
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1265922/umfrage/oeffentliche-ladepunkte-fuer-e-autos-in-europa-nach-laendern/
" wo der viele Strom herkommen soll, wenn vielleicht Mal Millionen
Autos laden sollen."
"Zwei Millionen E-Fahrzeuge heben den Strombedarf in Deutschland um etwa 1 Prozent. Bei 15 Millionen angestrebten E-Autos bis 2030 wären es also sieben bis acht Prozent."
https://www.adac.de/specials/iaa-unter-strom
Das Problem ist, das E-Autos in den letzten Jahren ständig schlecht geredet wurden und die deutschen Hersteller den Trend eines (kostengünstigen) E-Autos verschlafen haben und jetzt nichts anzubieten haben.
Viel problematischer ist der "links- versiffte Elite Anstrich" den die E Automobilität jahrelang aufgedrückt bekommen hat und sich die Leute haben verunsichern lassen. Dass da dann nicht in Ladeinfrastruktur investiert wird, ist doch klar.
DER Grund, dass da niemand in die Zukunft gedacht hat, kann man sämtlichen Lobbyisten verdanken, die es trotz sämtlicher Skandale (Dieselbetrug, Boni ohne Ende, fehlende Verurteilungen...) geschafft haben, die Richtung zu erhalten. Komisch, dass wir nun Hinterherhinken. Und immernoch spricht man in der modernen deutschen Politik von der Rückkehr zum Verbrenner. *Kopfschüttel*
ist wenn man die Gesamtbilanz betrachtet nicht zwangsweise und immer dem E-Auto unterlegen - insbesondere bei Anwendungen im Schwerverkehr oder Gebieten mit schlechter (Lade-)Infrastruktur.
MMn müssten die Überlegungen zu Sinn und Unsinn des Kraftfahrzeugverkehrs bereits viel früher beginnen, nämlich bei der Frage, "ob das jetzt wirklich nötig tut" (eine positive Auswirkung der US-Zölle und Gegenzölle könnte sein, dass mehrfach die Grenze passierende Transportketten jetzt unrentabel werden...).
MMn ist es (wg. Sozialisierung der Folgekosten) durch die Bank viel zu billig, sich einfach ins Auto zu setzen und loszufahren. Das wäre wahrscheinlich anders, würden die Kosten viel mehr nach dem Verursacherprinzip verteilt. Und zwar unabhängig davon, nach welchem Antriebskonzept dem Fahrzeug arbeitet.
Deutschland: Fehlanreize-Champion.
Weiter so!
So ist das mit der Automobilindustrie in Deutschland. Das ist auch Fluch und nicht nur Segen. Andere Länder ohne Automobilindustrie sind da wirklich technologieoffener.
"In Norwegen sind demnach schon 89,3 Prozent der Neuzulassungen E-Autos, in Dänemark 50,4 Prozent und in Schweden 34,4 Prozent. Auch in den Niederlanden ist bereits jeder dritte Neuwagen ein Stromer. "
https://ecomento.de/2025/01/06/vcoe-analyse-norwegen-bei-e-auto-anteil-vor-daenemark-und-schweden-europas-spitzenreiter/
nomen est omen. Wenn sich in der Zukunft nur die Besserverdienenden überhaupt ein E-Auto leisten können werden, geht also die Spaltung der Gesellschaft unbeirrt weiter. Blöd ist dabei in der Tat, dass eine geringere Nachfrage auch geringere Produktionskapazitäten erfordert und somit den Niedergang der Autoindustrie - mit allen Konsequenzen - weiter befeuert.
Ach was waren das für Zeiten, als Henry Ford I (der große Kommunist, den seine Konkurrenten zum Psychiater schicken wollten) billige Autos für alle baute und seinen Leuten unglaubliche Löhne für die 40-Stunden-Woche zahlte - damit diese sich die Autos leisten konnten und auch die Zeit hatten, damit herumzufahren...
Eigentlich müsste ich als Grüner angesichts dieser Aussichten grinsen. Bleibt aber irgendwie sozusagen im Ansatz stecken, um einem Stirnrunzeln Platz zu machen.
Und Dudenhöffer widerspricht sich selber. Auf der einen Seite sind wir ein Sanierungsland, auf der Anderen sollen chinesische, US-amerikanische oder japanische Investoren einsteigen. "Investoren erwarten immer eine profitable Rendite" ja Herr Dudenhöffer wie ZF und alle anderen Konzerne auch - So funktioniert der Imperialismus. Die Kosten trägt der untere Teil der Gesellschaft - nämlich wir.
Solange man sich in China politisch systemkonforn verhält, darf man der brutalste Kapitalist sein