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Schweinfurt
Wichtige Entscheidung für Wirtschaftsstandort Schweinfurt: ZF plant Ausbau von Werk in Tschechien - IG Metall kündigt Widerstand an
Ein möglicher Standortausbau in Tschechien könnte ZF in Schweinfurt nachhaltig schwächen. Die IG Metall ruft zur Protestaktion auf und fordert ein Umdenken der Konzernspitze.
Die Lage beim Automobilzulieferer ZF in Schweinfurt ist angespannt. Die Konzernspitze will am 28. Januar eine wichtige Entscheidung darüber treffen, wie es mit der Abteilung Aftermarket weitergeht.
Foto: Anand Anders | Die Lage beim Automobilzulieferer ZF in Schweinfurt ist angespannt. Die Konzernspitze will am 28. Januar eine wichtige Entscheidung darüber treffen, wie es mit der Abteilung Aftermarket weitergeht.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 31.01.2025 02:38 Uhr

Nachdem der ZF-Konzern im vergangenen Jahr die Umstrukturierung seiner deutschen Standorte angekündigt hatte, stehen weitere Entscheidungen zur Zukunft des Unternehmensstandorts Schweinfurt ins Haus. Laut einer Pressemitteilung der IG Metall Schweinfurt will das Management des Konzerns am 28. Januar offenbar eine Entscheidung darüber treffen, welchen seiner beiden Aftermarket-Standorte – Ostrov in Tschechien oder Schweinfurt – das Unternehmen künftig weiter ausbauen will.

Nach Einschätzung der Gewerkschaft droht mit einem möglichen Ausbau des tschechischen Werks eine langfristige Verlagerung von Arbeitsplätzen von Schweinfurt dorthin. "Wir stehen vor einer richtungsweisenden Entscheidung. Entweder wird der Standort Schweinfurt gestärkt oder die Zukunft ist massiv gefährdet", erklärt Thomas Höhn, erster Bevollmächtigte der IG Metall Schweinfurt. 

ZF bestätigt Ausbau von tschechischem Werk

Auf Anfrage bestätigt eine ZF-Sprecherin gegenüber dieser Redaktion die geplante Neuausrichtung des Bereichs. "Der Standort Ostrov soll eine Schlüsselrolle zur Versorgung des wachsenden osteuropäischen Marktes spielen." Die geplante Neuausrichtung ermögliche es dem Unternehmen, "weiteres Wachstum und betriebliche Resilienz" zu vereinen. Gleichzeitig werde die Grundlage für Investitionen in die deutschen Standorte geschaffen. Man habe zuvor die Möglichkeit geprüft, die deutschen Standorte, also beispielsweise Schweinfurt, auszubauen. "Mehrere Gründe sprechen jedoch dagegen", so die Sprecherin weiter.

Zum einen stehe an den bisherigen Standorten keine ausreichende Fläche für das notwendige Wachstum zur Verfügung. Zum anderen seien die Transportwege von und nach Deutschland nicht ausreichend schnell und nachhaltig. "Ein großer Teil der Produkte wird in Osteuropa gefertigt, nach Deutschland zum Verpacken gefahren und dann zurück zum Kunden nach Osteuropa transportiert", verdeutlicht die Sprecherin. Durch die Reduzierung dieser unnötigen Transporte würden Kosten, Bestände und CO₂-Emissionen gesenkt sowie Lieferzeiten und Kundenzufriedenheit verbessert, bekräftigt das Unternehmen.

Logistikinfrastruktur in Schweinfurt erfüllt Anforderungen nicht

Man habe von Beginn an alle "relevanten Interessengruppen, insbesondere die Arbeitnehmervertretungen, in den Planungsprozess einbezogen", erklärt der Konzern weiter. Schweinfurt bleibe weiterhin ein "wichtiger Knotenpunkt" in Westeuropa und werde durch die zusätzlichen Kapazitäten in Ostrov "gezielt entlastet". 

ZF Aftermarket liefert unter anderem Kupplungskomponenten an die Automobilindustrie. Laut Konzern arbeiten derzeit rund 886 der insgesamt 9000 Beschäftigten bei ZF in Schweinfurt im Bereich Aftermarket, davon 454 in der Logistik. In Deutschland beschäftigt die Division insgesamt 2350 Mitarbeiter. Neben Schweinfurt unterhält der Konzern auch einen Bereichsstandort in Ostrov, im Nordosten von Tschechien.

Belegschaft und Stadt Schweinfurt haben Zukunftskonzept ausgearbeitet

Derweil bekräftigen die IG Metall und der Betriebsrat die Zukunftsfähigkeit des Schweinfurter Werks. Demnach habe man gemeinsam mit der Stadt Schweinfurt sowie anderen betrieblichen Akteuren ein Konzept für den Standort Schweinfurt erarbeitet. Dieses zeige deutlich, dass "eine Erweiterung in Schweinfurt nicht nur tragfähig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll" ist und die "bessere Lösung" sei.

Auch Oberbürgermeister Sebastian Remelé und die Wirtschaftsförderer der Stadt und des Landkreises hätten auf einer Konferenz im Dezember erklärt, aktiv den Dialog mit ZF zu suchen, um eine tragfähige Lösung zu erarbeiten. "Die Stadt Schweinfurt hat dieses Angebot auch schriftlich dem Konzern zugesendet", bestätigt die Gewerkschaft.

Die angekündigte Entscheidung von ZF passe dementsprechend nicht zu den Herausforderungen, denen sich die Beschäftigten und die Region aktuell stellen müssten. Diese "gefährdet nicht nur Arbeitsplätze, die dann verlagert werden, sondern auch die langfristige Zukunftsperspektive des Standorts Schweinfurt", fügt Reiner Gehring, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt hinzu. 

IG Metall will Umdenken herbeiführen und kündigt Widerstand an

Hierzu ruft die Gewerkschaft am 28. Januar, um 12.15 Uhr unter dem Motto "Stop Ostrov II – Unsere Zukunft bleibt in Schweinfurt" zu einem Aktionstag bei ZF Aftermarket in Schweinfurt auf. Ziel sei es, ZF zu einem Umdenken und einer wirklich ernsthaften Auseinandersetzung mit den vorgelegten Konzepten zu bewegen. Im Zuge der Veranstaltung kann es laut Gewerkschaft in der Zeit von 11.30 bis 13.30 Uhr im Bereich der Ernst-Sachs-Straße/Obere Weiden zu Verkehrsbehinderungen kommen.

Im vergangenen Jahr kündigte ZF an, die Zahl seiner Beschäftigten in Deutschland bis Ende 2028 sukzessive um rund 11.000 bis 14.000 reduzieren zu wollen. Gewerkschaft und Belegschaft warnten bereits im Vorfeld vor etwa 2000 gefährdeten Arbeitsplätze allein bei ZF. Am Standort Schweinfurt werden derzeit mithilfe von Altersteilzeitprogrammen und Arbeitszeitreduzierung 650 Stellen abgebaut. 

 
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  • Erich Spiegel
    Ich vermute die Gewerkschaft kann sich ihr Konzept in die Haare schmieren. Sie haben es vergeigt mit überhöhten Lohnforderungen. Sind die Arbeitsplätze erst mal weg dann kommen sie nicht mehr wieder. Eine Tradition von 150 Jahre Industrie in Schweinfurt geht allmählich zu Ende.
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  • Erich Spiegel
    Das war abzusehen. Kürzlich hat die Gewerkschaft der ZF-Geschäftsführung noch stattliche Lohnerhöhungen abgetrotzt. Jetzt kommt die Quittung, weil man die falschen Signale gesendet hat. Die Geschäftsführung muss ja davon ausgehen, dass die Forderungen der Gewerkschaft auch in Zukunft so weitergehen. Der Standort D ist schon jetzt zu teuer im Vergleich zu Osteuropa. Aber totale Ignoranz bei der Gewerkschaft! Jetzt hat ZF die Reißleine gezogen. Die demnächst arbeitslosen ZF-ler können sich bei der Gewerkschaft bedanken.
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  • Stefan Lieblein
    Falsch. Die Planungen für Ostrov sind einige Jahre älter als die letzte Tarifrunde.
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  • Dietmar Eberth
    Was sind 8,5% Lohnerhöhung bei 8,2% Inflation in den letzen 24 Monaten (2022+2023) "stattliche Lohnerhöhungen"?
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  • Erich Spiegel
    ZF wird die höheren Kosten an seine Kunden weitergeben müssen. Fragen Sie mal die Kunden was die von den Preissteigerungen halten. Die Antwort wird sehr ernüchternd sein. Als Konsequenz kaufen die Kunden nicht mehr bei ZF, sondern bei preiswerteren Wettbewerbern.
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  • Dietmar Eberth
    Fragen Sie mal Arbeitnehmer was die von den Preissteigerungen besonders bei Lebensmittel und Wohnen halten? Wer sind wohl die Leidtragenden in Familien?

    "Zwischen 2020 und Oktober 2024 ergab sich ein Anstieg der Lebensmittelpreise von 34,3 Prozent."

    "Wie der Immobilienverband Deutschland mitteilte, ist die durchschnittliche Miete für Bestandswohnungen innerhalb eines Jahres um fünf Prozent gestiegen"

    https://www.merkur.de/bayern/weiter-vor-allem-eine-stadt-wird-immer-teurer-mieten-in-bayern-steigen-93359713.html

    https://www.oxfam.de/blog/inflation-lebensmitteln-verschaerft-soziale-ungleichheit
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  • Erich Spiegel
    Bald können sie noch mehr jammern und klagen, nur die Verweigerung der Realität hilft nicht weiter. Die Arbeitnehmer, die demnächst von Arbeitslosengeld leben müssen können nun noch weniger ihre Miete bezahlen und es gibt noch mehr Leidtragende. Damit kein Missverständnis aufkommt. Ich gönne jedem jedes Jahr ein sattes Lohnplus aber wenn man den Bogen überspannt verlagern Firmen Arbeitsplätze ins Ausland. Ist doch eigentlich gar nicht so schwer zu verstehen.
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  • Roland Albert
    Die Interessengemeinschaft gegen Arbeit in Deutschland ruft auf…
    Der Zug ist abgefahren.
    Ihr habts VERGEIGT!
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  • Fred Reinshagen
    Hat die Stadt SW für die Erweiterung eine große Fläche in guter Lage angeboten? Ansonsten machen alle Bemühungen wohl wenig Sinn.

    Ideal wäre das städtebaulich sehr ungeordnete Gebiet zwischen Oberndorf, A 70 & Bahnlinie, südwestlich des Hbf und direkt an A70-Anschlussstelle. Hier hätte auch das seit Jahren(!) vom Container Terminal gewünschte Erweiterungsgrundstück Platz.

    Da die Stadt keine freien Gewerbeflächen mehr hat und auf Conn nach bisheriger Erfahrung wenig Verlass ist, hätte sie zu Oberndorf-West schon längst ihre Hausaufgaben machen müssen (Bauleitplanung etc.). Und nicht erst, wie ein schlechter Schüler, abends damit anfangen und den ganzen Nachmittag vertrödeln - sprich viele Jahre mit einer unsinnigen Blümchenwiese - für die Zuschüsse vom Freistaat das Letzte sind, was SW jetzt braucht, i. Ggs zu einem solchen Projekt!
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  • Fred Reinshagen
    Hemmschuh Stadt SW

    "ZF treibe in Schweinfurt im Augenblick unter anderem den Umbau einer Produktionshalle voran, in der künftig E-Motoren für einen großen europäischen Kunden hergestellt werden sollen." BR24, 09.03.24

    Wenn ZF eine neue Produktionshalle benötigt, wo soll die gebaut werden? So was muss ggf. schnell gehen, auf Conn kann man da nicht warten. Und was, wenn eine andere der vielen Firmen in SW sich erweitern will?

    Der ZF Aftermarket in Tschechien ist laut Web-Recherche in Reichenberg (Liberec). Daneben sind große, mit Straßen bereits erschlossene Industrie-Freiflächen. Da kann quasi morgen gebaut werden!

    War die Stadt SW noch nie in Tschechien? Dort sind riesige Logistikzentren direkt an Autobahn-AS. Amerikanische Ausmaße statt dt. Kleinkariertheit.
    An der A70-AS Nr.5 wäre viel Platz. Und nichts unternimmt die Stadt, obwohl das Problem seit Jahren absehbar ist!

    Und wo sollen junge, umworbene Fachkräfte, die eine Familie gründen wollen, in SW bauen?
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  • Marc Stürmer
    Die Zeiten, wo junge Familien noch Häuser bauen wollten und konnten, sind schon lange vorbei. Es ist am Bauen einfach alles zu teuer geworden.
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  • Marc Stürmer
    Man schafft es ja in Schweinfurt nicht mal mehr, einen popeligen Supermarkt auf der grünen Wiese bauen zu können, ohne dass die Baumkuschler und NIMBYS daherkommen und das verhindern. Und das waren nur knapp 3 ha.

    Bei der benötigten Fläche für ZF würde das genauso und nicht anders laufen!
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  • Kathrin May
    Landwirte demonstrieren seit 2019 und haben auch immer wieder zu bedenken gegeben dass es in anderen mittelständischen Unternehmen genau so unmöglich wird wirtschaftlich zu produzieren. Das es mit Landwirtschaftlichen oder Handwerksbetrieben schwer ist ins Ausland abzuwandern.
    Wie sagte darauf unsere damalige CDU Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner- (Minute 57 Frau Klöckner CDU 2021https://youtu.be/U1d8tsuBUHw?feature=shared ) die Idee staatlich umzusetzen die deutschen Standarts auch für Importware gelten zu lassen: "Das ist doch deren Diversität, deren Umwelt die dort zerstört wird." Arbeitslosigkeit zerstört nun die Region, mit weniger Kaufkraft,Unzufriedenheit, mit Armut und der daraus resultierenden Kriminalität.
    Hoffentlich setzt ein Umdenken ein , hin zu mehr regionalitat. Ich bin kein Baumkuschler, ich habe um meinen Arbeitsplatz gekämpft
    Damit nicht wieder Ackerland versiegelt wird, für zukünftigen Leerstand,wie so viele schon zu sehen sind und leider noch kommen
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