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Schweinfurt/München
Wieder Ärger mit Corona-Soforthilfen in Bayern: Wer das Geld schon zurückgezahlt hat, kann nicht mehr auf Erlass hoffen
Konnten Betroffene die Corona-Hilfen zurückzahlen, waren sie nicht existenziell bedroht – argumentiert das Wirtschaftsministerium. Ein Schweinfurter Steuerberater widerspricht.
Für die Rückmeldung zur Corona-Soforthilfe gibt es zwei verschiedene Fristen, abhängig von der Unternehmensform.
Foto: Robert Michael (dpa, Symbolbild) | Für die Rückmeldung zur Corona-Soforthilfe gibt es zwei verschiedene Fristen, abhängig von der Unternehmensform.
Jonas Keck
 |  aktualisiert: 15.07.2024 17:38 Uhr

Während der Corona-Pandemie haben Betriebe von Bund und Ländern finanzielle Unterstützung bekommen, wenn sie aufgrund der Lockdowns in Not geraten sind. "Sie erhalten eine schnelle und unbürokratische Soforthilfe von 5000 Euro bis zu 30.000 Euro, die nicht zurückgezahlt werden muss", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in einer Regierungserklärung im März 2020. Jetzt gibt es erneut Ärger mit dem Erlass von Rückzahlungen.

Im November 2022 sorgte ein Schreiben des bayerischen Wirtschaftsministeriums für Verunsicherung unter Unternehmerinnen und Unternehmern. Darin heißt es, dass zu viel erhaltene Soforthilfen zurückbezahlt werden müssen. Die finanzielle Unterstützung sei auf Grundlage von erwarteten Umsatzeinbußen gezahlt worden. Im Nachhinein wolle man nun überprüfen, ob die Prognose eingetroffen ist – um zu viel bezahlte Soforthilfen zurückfordern zu können. Mehrmals wurde die Frist für entsprechende Rückmeldungen, in denen Unternehmen ihre Umsätze offenlegen müssen, bereits verschoben.

Wann ist ein Erlass der Rückzahlung von Corona-Soforthilfen möglich?

Aktuell gilt: "Für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften endet die Frist am 29. Februar 2024, für alle anderen am 31. Dezember 2023", sagt eine Sprecherin des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Alle anderen – das sind vor allem Einzelunternehmer. Häufig entscheiden sich Handwerker, Wirte, Künstler und andere Freiberufler für diese Form des Unternehmens. Der bayerische Landesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) forderte eine Fristverlängerung auch für diese Selbstständigen. Das sei ein "Gebot der Fairness", sagt der Pressesprecher Achim von Michel angesichts des längeren Zeitraums für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften.

Doch nicht alle müssen zu viel bezahlte Corona-Soforthilfen zurückbezahlen. "Wenn eine Rückzahlung die Existenz bedroht, kommt ein Erlass der Rückzahlung in Betracht", teilt das Wirtschaftsministerium mit. Rüdiger Pickel ist Steuerberater in Schweinfurt und macht auf ein Problem aufmerksam, das manche seiner Mandantinnen und Mandanten nun haben. Sie können nicht mehr beantragen, dass ihnen die Rückzahlung erlassen wird – weil sie bereits bezahlt haben.

Das bestätigt eine Sprecherin des bayerischen Wirtschaftsministeriums: "Wurde die Corona-Soforthilfe bereits zurückgezahlt, muss zunächst davon ausgegangen werden, dass die Rückzahlung bei den Betroffenen nicht zu einer Existenzgefährdung geführt hat. Daher sind in diesem Fall ein rückwirkender Erlass und die Erstattung bereits geleisteter Rückzahlungen ausgeschlossen."

Steuerberater: Regelung des Wirtschaftsministeriums "zerschellt an den Klippen der Realität"

Für Steuerberater Pickel ist die Erklärung zu kurz gedacht. "Eine Existenzgefährdung kann ja nicht alleine dadurch ausgeschlossen werden, dass die antragstellende Person bereits die Soforthilfe zurückgezahlt hat – übrigens nach eindrücklicher Aufforderung der Staatsregierung", sagt er. "Es wird hier gar nicht danach gefragt, wie die antragstellende Person die Mittel dazu aufgebracht hat. Vielleicht musste der Laden geschlossen und das Inventar verkauft werden, um die Summe aufzubringen. Dann wäre die wirtschaftliche Existenz nicht nur gefährdet gewesen, sondern inzwischen gar nicht mehr existent", schildert der Schweinfurter Steuerberater.

Denkbar wäre auch, dass die antragstellende Person sich das Geld geliehen hat. Falls es bei einer Bank war, könnte die Situation eintreten, dass das Darlehen nicht mehr bedient werden kann, dann direkt fällig gestellt wird und die Zahlungsunfähigkeit die Folge wäre.

"Dieses Szenario wäre im Übrigen, falls die Rückzahlung nicht schon erfolgt wäre, ein Kriterium, das zu einem Erlass geführt hätte – was aber ja nach Meinung des Staatsministeriums ausgeschlossen ist, weil keine Existenzgefährdung vorliegt", erklärt Pickel. Sein Eindruck: Die Regelung des bayerischen Wirtschaftsministeriums "zerschellt an den Klippen der Realität".

 
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Kommentare
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  • Manfred Ursprung
    So unterstützt also Bayern seine Unternehmer und Gaststättenbesitzer. Schwaches Bild der Staatsregierung, achso Herr Aiwanger ist Wirtschaftsminister, er ist hauptsächlich für die Bauern da, für andere weniger.
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  • Rupert Mahler
    Warum findet sich in Bayern niemand und klagt gegen die Nichtanrechnung der Personalkosten.
    In anderen Bundesländern geht das auch mit den Personalkosten.
    Gerne auch per Sammelklage, wo sind da die Innungen die für uns kämpfen, oder warum geht man nicht mit dem "Traktor" oder Ähnlichem auf die Straße?
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  • Gerhard Zwierlein
    Christian Klippel (ID: 3bedf3): " Alleine die Tatsache, dass man die Personalkosten nicht ansetzen darf und durfte ist bereits ein schlechter Witz." Für die Personalkosten gab es Kurzarbeitergelderstattung zu 100% der Personalkosten - Das war schon korrekt. Aber dass man seine eigene Krankenversicherung-seine eigene Lebenshaltungskosten nicht bekommt versteht man nicht, wenn im übrigen der Arbeiter/Angestellte übers Kurzarbeitergeld genau das gesichert bekommt.
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  • Martin Deeg
    Wieso hat der Steuerberater Pickel den Mandanten nicht von vornherein geraten, nicht zu bezahlen?

    Es war doch absehbar, dass hier wieder genau das passiert - wer immer allem nachkommt, was der Freistaat Bayern fordert, verliert .

    Die Halbwertszeit der oft maßlosen und nicht haltbaren Forderungen und staatlichen Eingriffe des Freistaates sollte doch mittlerweile bekannt sein!

    Widersprechen, aussitzen, verweigern - so wie es die bayerische Regierung auch macht….
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  • Man kann es nur immer wiederholen: Alleine die Tatsache, dass man die Personalkosten nicht ansetzen darf und durfte ist bereits ein schlechter Witz. Das verzerrt jede BWA, wenn man willkürlich bestimmte Kosten unberücksichtigt lässt. Ohne Mitarbeiter hätte man sein Unternehmen zu machen müssen, auch wenn es unter die KRITIS-Kriterien gefallen ist. Wer nun dennoch geschlossen hatte oder wegen der Verordnungen schließen musste, dem sind die Mitarbeiter weggelaufen und bis heute nicht wieder gekommen.
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