
Corona ist in erster Linie eine Herausforderung für das Gesundheitswesen, doch trifft die Pandemie auch viele Menschen unmittelbar in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Geschlossene Läden, leere Innenstädte, verwaiste Restaurants, abgesagte Veranstaltungen: All das hatte und hat Folgen für viele Selbstständige – im Arbeitsalltag und auf dem Konto. Fünf Menschen aus der Region Würzburg erzählen, wie sie dieses Jahr erlebt haben und wie sie mit der Krise umgehen.
Die Maskenbildnerin:
"Nach dem ersten Lockdown war ich noch guter Dinge; mittlerweile habe ich die Hoffnung verloren, dass die Situation schnell wieder besser wird. Meine Arbeit besteht zur einen Hälfte aus meinem Teilzeitjob am Mainfranken Theater, zur anderen aus Aufträgen als freiberufliche Maskenbildnerin. Als solche arbeite ich z.B. für die Frankenfestspiele Röttingen, gebe Workshops und mache Brautstylings.
All das ist Corona zum Opfer gefallen. Leute, die ein Event oder ihre Hochzeit aufs Jahr 2021 verschoben haben, verschieben schon jetzt auf 2022. Gerade im Sommer, wenn das Theater in der Sommerpause ist, habe ich normalerweise jedes Wochenende als freiberufliche Maskenbildnerin gearbeitet. 2020 waren die Jobs an einer Hand abzuzählen.
Da ich noch den Teilzeitjob am Theater habe, habe ich keinen Anspruch auf Corona-Hilfen. Die gibt es nur für hauptberuflich Selbständige. Alle Einkünfte, die ich sonst durch meine Selbständigkeit erwirtschafte, waren also einfach weg. Für die Miete meines Ateliers musste ich an meine Reserven – mit meinen Jobs konnte ich die Kosten nicht decken.
Für meine Abteilung am Theater war die Arbeit zudem deprimierend: Alle proben und arbeiten, und dann wird doch wieder alles abgesagt. Ich habe ein mulmiges Gefühl, wenn ich daran denke, wie sich die Branche von Kunst und Kultur entwickeln wird, versuche aber, positiv zu denken. Alles andere würde mich kaputt machen."
Nicole Madeleyn, Maskenbildnerin am Mainfranken Theater und Selbständige, Würzburg
Der Reisebüro-Inhaber:

"Durchhalten ist meine Devise. Im ersten Lockdown ist das Geschäft von 100 auf null eingebrochen. Meine Branche hat große Einbußen hinnehmen müssen, nicht nur, dass die Reisebüros und Veranstalter keine Einnahmen mehr hatten, durch die Stornierungen mussten auch Rückzahlungen geleistet werden.
Zum Glück habe ich schon vor der Krise begonnen, vermehrt auf Online-Business umzustellen. Mein Büro ist nur noch zu vereinbarten Terminen geöffnet, ansonsten läuft alles online im Home-Office. Mit Kollegen aus den Würzburger Reisebüros und auch mit Veranstaltern gibt es einen guten Austausch und Ideenfindungen.
Wir müssen zusammenhalten und diese Zeit überstehen. Denn eines ist sicher: Die Sehnsucht der Menschen zu reisen bleibt. Und das wird wiederkommen, wenn die Corona-Krise erst einmal im Griff ist. Wir müssen aber in der Branche auch aufpassen, dass wir nach der Pandemie Reisen nicht überteuert anbieten."
Helmut Zoepffel, Inhaber des gleichnamigen Reisebüros, Würzburg
Die Messebauerin:

"Die ganze Messebaubranche hat durch die Corona-Krise einen riesigen Einbruch erlebt. Unsere letzte Messe war Ende Februar die Retro Classic Stuttgart, danach ging es bergab und eine Messe nach der anderen wurde abgesagt. Seitdem sind keine Aufträge mehr eingegangen und meine Mitarbeiter sind auf 100 Prozent Kurzarbeit.
Mit den staatlichen Hilfen dürfen nur die Kosten für Gas, Strom, Wasser etc. gedeckt werden, dafür bin ich zwar dankbar, aber das reicht nicht zum Überleben. Auch der Ausblick für 2021 ist nicht rosig. Bis zum Sommer sind schon jetzt alle Messen abgesagt und ich glaube nicht, dass es in 2021 besser wird.
Die Arbeit auf der Messe fehlt mir, auch die sozialen Kontakte, die damit verbunden sind. Besonders schwierig empfinde ich angesichts der Corona-Situation die Machtlosigkeit. Es geht um meine Existenz und ich kann nichts tun. Dabei könnten gerade auf Messen sehr gute Hygienekonzepte angewandt werden. Der Messebau hat leider keine Lobby, keine Promis, die für uns sprechen wie zum Beispiel in der Veranstaltungstechnik."
Sabine Tesch, Geschäftsführende Gesellschafterin und Inhaberin der Messebau-Firma S Messe + Objekt GmbH, Giebelstadt
Der hauptberufliche DJ:

"Für mich war das Jahr 2020 eine einzige Achterbahnfahrt und das meistens senkrecht nach unten, da mir ziemlich schnell klar geworden ist, dass ich dieses Jahr in Deutschland nicht mehr unter normalen Bedingungen spielen werde. Trotzdem hat man sich immer wieder an jeden Strohhalm geklammert und sich an die sich ständig verändernden Verordnungen und Vorschriften angepasst und jedes Mal neu gehofft, dass es wieder zu Lockerungen kommen wird.
Das Jahr hat mich viele Nerven gekostet und mir nicht nur ein oder zwei graue Haare beschert. Ich habe seit dem ersten Lockdown bis jetzt keinerlei Hilfen vom Staat bekommen, da meine betrieblichen Ausgaben zu gering seien. Als Selbstständiger kann man weder Kurzarbeit für sich selbst beantragen oder Arbeitslosengeld 1 beziehen.
Ich habe immer versucht, gut mit meinem Geld zu wirtschaften, da man natürlich nie weiß, wie lange man eine DJ-Karriere ausführen kann. Jetzt geht es mir wie vielen anderen Solo-Selbstständigen auch: Wir müssen zunächst unser lang Erspartes aufbrauchen, um Leistungen zu beziehen. Wovon wir jetzt und vor allem später leben sollen, kann uns keiner sagen. Verglichen mit den Hilfen, die andere Branchen erhalten haben, macht mich das sprachlos.
Normalerweise spiele ich jedes Wochenende ein, zweimal, in den Sommermonaten auch dreimal. Also etwa 100 Auftritte im Jahr. Wenn ich auf 2020 zurückschaue sind das gerade mal knappe zehn und den Großteil davon schon unter Corona-Auflagen, das heißt mit geringen Gagen. Eine traurige Bilanz. Wirtschaftlich war das Jahr also eine einzige Katastrophe. Meine Unsicherheit, wie es im Jahr 2021 für uns Künstler weitergeht, bleibt bestehen. Trotzdem versuche ich mit Zuversicht nach vorne zu schauen und hoffe für 2021 ein Stück unserer alten Normalität wieder zu finden. Denn ohne uns wird’s still. Wir sind das Ventil."
DJ "Pappenheimer" Jörg Ringleb, Würzburg
Der Bäcker und Konditor:

"Für mein Geschäft war es ein sehr schwieriges Jahr, unterm Strich wird ein dickes Minus stehen. Es fing mit dem ersten Lockdown im Frühjahr an. Im Gegensatz zu anderen Bäckereien haben wir keine Filialen in Supermärkten. Die fünf Filialen meiner Bäckerei und Konditorei leben von der Laufkundschaft und natürlich auch von den Stehcafés.
Im Frühjahr mussten wir mehrere Wochen schließen, da auch das Liefergeschäft vollständig weggebrochen war. Unsere Gastrokunden mussten schließen und auch die großen Veranstaltungen fanden ja nicht statt: Unter normalen Umständen hätten wir so beispielsweise auch für Weindorf und Kiliani geliefert. Inzwischen haben wir uns etwas auf die Situation eingestellt und einiges umstrukturiert. Wir haben uns zwei Verkaufsmobile zugelegt, die über die Lande fahren, und einen Onlineshop mit Versand per Radboten im Stadtgebiet aufgebaut.
Dennoch macht uns die Pandemie schwer zu schaffen, auch jetzt wieder im neuen Lockdown. Meine Minijobber musste ich entlassen, um meine 65 Vollzeitkräfte beschäftigen zu können, die allerdings auch nach wie vor teilweise in Kurzarbeit sind. Wenn ich das Jahr in drei Schlagworten zusammenfassen sollte, würde ich sagen: beängstigend, spannend, neu."
Christian Englert, Inhaber der Bäckerei und Konditorei Marktcafé Brandstetter, Würzburg
Mein Mitleid ist nicht bei denen die ihren Job schwieriger aber weiter ausüben können sondern bei denen die eben keinen Job, keine Existenz und keine Zukunft mehr haben. Es muss endlich GEMACHT werden! Stattdessen werden pseudosoziale Diskussionen über Ausgrenzung von Coronarisikogruppen geführt und wie Alles für Alle angedacht ist zu tun. Hätte man im April auf den Herrn Drosten gehört und seine damaligen Vorhersagen zur zweiten Welle ernst genommen und sich vorbereitet. Wie wohl nach dem Sept/21 die Politik mit Pleiten, Verschuldung, Arbeitslosigkeit umgeht. Die Hauptwählergruppe ist auf alle Fälle geschützt.
Na dann mal "Schönes" '21 uns allen