
Der Ärger um die Rückzahlung von Corona-Soforthilfen ist noch immer groß. Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie 2020 hatte der Staat in Not geratenen Unternehmen unter die Arme gegriffen. Angekündigt als Rettungsaktion, bringt eine drohende Rückzahlung nun manche Unternehmerinnen und Unternehmer in Unterfranken in finanzielle Schwierigkeiten.
An 260.000 Unternehmer in Bayern hatten Bund und Freistaat insgesamt 2,2 Milliarden Euro gezahlt. Ende November sorgte in Bayern ein Schreiben der Behörden bei Selbstständigen für Unmut. Darin wurden Unternehmen aufgefordert, zu prüfen, ob sie die finanzielle Unterstützung zurückzahlen müssen.
Kosmetikerin muss Corona-Soforthilfe in voller Höhe zurückzahlen
Unternehmen und Selbstständige hatten bei der Antragstellung in der Pandemie geschätzt, wie hoch ihre Liquiditätsengpässe in den folgenden drei Monaten sein würden. Kommt jetzt unter dem Strich heraus, dass die damaligen Zahlungsschwierigkeiten nicht groß genug waren, müssen die Zuschüsse komplett oder anteilig zurückgezahlt werden.
Das trifft auch die Inhaberin eines Kosmetikstudios im Raum Würzburg. Sie habe 9000 Euro Soforthilfe bekommen und müsse diese in voller Höhe zurückzahlen. Das habe ihr Steuerberater errechnet. Die Selbstständige will anonym bleiben, weil sie von der Kundschaft nicht auf den Liquiditätsengpass angesprochen werden möchte. "Wir durften nichts anbieten, nur medizinische Fußpflege. Es kam fast kein Geld rein", erinnert sie sich an den Lockdown im Frühjahr 2020. "Wenn ich die Soforthilfe nicht bekommen hätte, hätte ich Angestellte entlassen", sagt die Inhaberin des Kosmetikstudios.
"Stichprobenartige Überprüfungen haben auf eine erhebliche Zahl an Soforthilfe-Empfängern schließen lassen, die rückblickend zu hohe Hilfszahlungen erhalten haben", begründet das bayerische Wirtschaftsministerium die Überprüfung der Selbstständigen. "Aus diesem Grund verpflichtet uns auch der ordnungsgemäße Umgang mit Steuermitteln, alle Empfänger auf ihre im Bescheid angelegte Verpflichtung hinzuweisen", so ein Sprecher des Ministeriums.
Rücklagen in Krisenjahren weggeschmolzen
Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMW) fordert, dass die Überprüfung ausgesetzt wird. "Die Rückzahlungen bringen viele kleine Mittelständler in arge Bedrängnis, denn in den letzten zwei Krisenjahren, der steigenden Inflation, den gestiegenen Energiekosten, sind die Rücklagen natürlich weggeschmolzen", sagt Sprecher Achim von Michel.
Das bestätigt die Kosmetikerin aus dem Raum Würzburg: "Ich kann das schon zahlen, aber es geht an die Ersparnisse. Es frisst auf, was ich mir seit Corona angespart habe." Das sei Geld, dass sie als Puffer und für Investitionen zurückgelegt habe. "Da hat man groß aufgesprochen, dass man niemanden im Regen stehen lassen will – und im Nachhinein will man alles zurück", sagt sie. Es sei nicht kommuniziert worden, dass nachträglich eine Überprüfung stattfinde.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Selbstständigen sind dem bayerischen Wirtschaftsministerium bekannt. "Insbesondere zahlreiche kleine Gewerbetreibende wie Friseure und Soloselbstständige sehen sich angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation mit der Rückzahlung zu viel gezahlter Corona-Soforthilfen überfordert", sagt ein Sprecher des Ministeriums. Sei die Existenz gefährdet, könnten die Unternehmen eine Ratenzahlung oder sogar Erlass der Rückzahlung beantragen. Außerdem wurde die Frist für die etwaige Rückzahlung kürzlich um ein halbes Jahr auf den 31. Dezember 2023 verlängert. "Niemand soll durch die Rückzahlung zu viel gezahlter Hilfen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten", sagt der Sprecher.
Was der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft den Mittelständlern jetzt rät
"Die Fristverlängerung ist keine wirkliche Hilfe, denn sie verlagert das Problem nur um sechs Monate nach hinten", sagt Achim von Michel vom Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMW). Der BVMW rät Unternehmen zum jetzigen Zeitpunkt keine Rückzahlung zu leisten, sondern abzuwarten, bis gerichtlich geklärt ist, ob das Vorgehen des Staates rechtmäßig ist. "Es wird nicht einfach, bereits zurückgezahlte Gelder zurückzufordern, selbst wenn es auch in Bayern Urteile zulasten des Staats geben sollte", sagt von Michel. Auch die Kosmetikerin aus dem Raum Würzburg will die Rückzahlung noch hinauszögern.
Anfang Juni hatte das Verwaltungsgericht München den Eingang einer Klage eines Unternehmens bestätigt, die sich nicht nur gegen die Rückzahlung von Hilfen richtet, sondern auch gegen das Onlineverfahren, mit dem Rückzahlungen ermittelt werden sollen. Nicht nur in Bayern, sondern auch in anderen Bundesländern wie beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen gibt es Kritik seitens der Unternehmerinnen und Unternehmer an den Rückzahlungen.