Zum 14. September hat die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt die Leitzinsen für die Eurozone um 0,75 Prozent erhöht. Geschäftsbanken können sich nun zu einem Zinssatz von 1,25 Prozent von der Notenbank Geld leihen und es dort für 0,75 Prozent anlegen. Dabei handelt es sich um die üppigste Zinserhöhung in der Geschichte der EZB.
Noch im Juli hatte die Zentralbank einen negativen Einlagenzins vorgegeben. Weil Hausbanken die Zinsen an ihre Kundschaft weitergeben, zahlten einige Sparerinnen und Sparer sogenannte Verwahrentgelte, im Volksmund Strafzinsen genannt. Sie sollten nun Vergangenheit sein, sagt der Würzburger Ökonom Prof. Peter Bofinger. Dafür, dass Kreditinstitute noch Verwahrentgelte erheben, gebe es "aus ökonomischer Sicht keinen Grund mehr".
Den Zusammenhang von Leitzins und Strafzins verdeutlicht Bofinger am Beispiel: In Opas Zigarrenkiste findet man 100.000 Euro und zahlt diese bei seiner Sparkasse ein. Da alle Banken ein Konto bei der Notenbank führen, erhöht sich dort der Kontostand der betreffenden Sparkasse um 100.000 Euro. Bei negativem Leitzins zahlt die Sparkasse für ihre Einlage. Damit ihr dadurch kein Verlust entsteht, gibt sie die Zinsen in Form von Verwahrentgelten an ihre Kunden weiter.
Volkswirt Bofinger: Hausbanken versuchen Strafzinsen zu vermeiden
Andersherum würden bei positivem Leitzins die Erträge in Form von Zinsen auf das Sparkonto der Kunden weiter gegeben, erläutert der Volkswirt. Zwar dürften Banken rein rechtlich auch bei positivem Leitzins noch Verwahrentgelte erheben, so Bofinger. Allerdings dürften sie daran, aus Angst ihre Kundschaft zu anderen Geldhäusern zu treiben, kein Interesse haben. Das sehe man auch daran, dass selbst in Zeiten der Negativzinsen nicht alle Kreditinstitute Verwahrentgelte erhoben haben, auch wenn ihnen so ein Verlust entstand. "Wenn keine Negativzinsen erhoben wurden, war das eher Nettigkeit", sagt Bofinger.
Die im Landkreis Schweinfurt ansässigen Banken etwa - also die Sparkasse Schweinfurt-Haßberge, die VR-Bank Main-Rhön und die Flessabank - erheben inzwischen nach eigenen Angaben keine Verwahrentgelte mehr. Zuvor war dies bei allen dreien ab einer gewissen Vermögenssumme der Fall. Auch Banken wie die Commerzbank oder die Deutsche Bank verlangen ebenfalls keine Strafzinsen mehr von ihrer Kundschaft, wie aus deren Preisaushängen hervorgeht.
Verlust an Realvermögen: Höhere Zinsen decken die Teuerungsrate nicht
Dass die Leitzinsen nun angezogen haben, dürfte erst einmal ein positives Signal für Sparerinnen und Sparer sein, die nun auch wieder mit höheren Zinsen auf ihre Einlagen rechnen können. Doch gleichzeitig verteuerten sich die Produkte des alltäglichen Lebens exponentiell, relativiert der Würzburger Volkswirt: "Zwar gibt es jetzt ein bisschen mehr Zinsen, die reflektieren aber nicht den massiven Anstieg der Inflation." Unter dem Strich habe sich die Situation für Sparer also sogar verschlechtert, sagt Bofinger, da sie "Realvermögen verlieren".
Eines der vorrangigen Ziele der EZB sei es, die Inflationsrate auf etwa zwei Prozent zu halten. Da diese momentan deutlich höher liegt, geht Bofinger davon aus, dass die Zentralbank die Zinsen noch weiter anheben wird um die Inflation "nicht außer Kontrolle" geraten zu lassen. Höhere Zinsen wirkten sich allerdings auch auf Verschuldung aus: Unternehmen, aber auch Privatpersonen zahlen dann höhere Zinsen für Kredite. Das betrifft insbesondere die Bauwirtschaft, wo hohe Summen fremdfinanziert werden.