
Ist Schweinfurt eine grüne Stadt oder nicht? Eine Frage der Perspektive, politisch gesehen aufgrund des CSU-geführten Rathauses sicher nicht. Rein faktisch aus der Luft betrachtet mit Blick auf die knapp 50 000 Bäume, Gärten und Parkanlagen natürlich schon.
Das heißt aber nicht, dass es nicht gerade in der Innenstadt Stellen gäbe, an denen es nicht nötig wäre, mehr Grün zu ermöglichen, da der menschengemachte Klimawandel natürlich auch in der Innenstadt spürbar ist durch eine stetige Erwärmung aufgrund zahlreicher versiegelter Flächen und enger Bebauung.
Das Konzept, das der stellvertretende Leiter des Servicebetriebs, Markus Peter, im Ferienausschuss vorstellte, ist die Antwort auf einen schon im vergangenen Jahr von SPD-Stadtrat Peter Hofmann gestellten Antrag mit der konkreten Forderung, ein Konzept zu erarbeiten, wie man schnell die Innenstadt begrünen könnte. Dieses Konzept wurde auch vorgestellt und grundsätzlich wohlwollend beurteilt. Gleichwohl wurde die Diskussion von einem anderen Thema überlagert: der Baumschutzverordnung.

Stefan Labus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, machte eine Ankündigung, die aufhorchen ließ: "Wir werden noch vor der Landesgartenschau 2026 ein Bürgerbegehren zur Wiedereinführung der Baumschutzverordnung anstrengen." Ein Satz mit lokalpolitischer Sprengkraft, denn neben der Landesgartenschau war die Abschaffung der Baumschutzverordnung im Jahr 2018 einer der großen Streitpunkte in der Stadt in den letzten Jahren.
Damals hatten Labus und Ulrike Schneider ein Bürgerbegehren für den Erhalt der 1989 eingeführten Verordnung ins Leben gerufen und dafür gekämpft. Sie hatten beim Bürgerentscheid im Januar 2018 auch die Mehrheit auf ihrer Seite, erreichten aber das notwendige Quorum nicht. Deshalb blieb es bei der von der CSU im damaligen Stadtrat durchgesetzten Abschaffung.
Wie sehr das Thema polarisiert, ist auch vier Jahre später noch zu spüren. Insbesondere die CSU-Stadträte Rüdiger Köhler und Fraktionsvorsitzender Stefan Funk ließen Labus' Ankündigung nicht unkommentiert. Köhler verwahrte sich gegen den Eindruck, Schweinfurt sei "eine Wüstung. Hier ist so viel Grün. Es gibt neue Bäume, alte Bäume. Man kann doch nicht so tun, als sei in den vergangenen drei Jahren alles abgeholzt worden." Köhler war 2017 und 2018 einer der CSU-Stadträte, die sich stark für die Abschaffung der Verordnung einsetzten.
Für Stefan Funk ist das Thema Baumschutzverordnung "alter Wein in neuen Schläuchen". Es handele sich um "reinen Populismus", man könne nicht "per Verordnung eine Stadt grüner machen."

Beim eigentlichen Thema, der Frage, wie die Innenstadt begrünt werden könnte, waren sich alle einig, dass die Ideen der Verwaltung gut seien. Markus Peter schlug einen Dreiklang vor: vorhandene Grünflächen aufwerten, Ergänzung durch mobiles Grün und die Verbesserung bestehender Baumstandorte.
Ein großes Thema in der Innenstadt sind die unterirdischen Leitungen – Trinkwasser, Abwasser, Strom, Glasfaser, Telefon, Gas. Deshalb ist es oftmals schwer, neue Bäume zu pflanzen wie zum Beispiel in der sanierten Zehntstraße. Im Innenhof des Rathauses kann man keine Bäume pflanzen, weil darunter eine Tiefgarage ist, auf dem Marktplatz steht die vielfältige Nutzung durch Veranstaltungen den Bäumen entgegen. Bleibt mobiles Grün in großen Pflanzkübeln, was auch in der "klimatisch im Sommer hoch belasteten Zehntstraße hilft", so Peter.
Für SPD-Stadtrat Johannes Petersen ist auch die Begrünung des Schillerplatzes als Bindeglied zwischen Innenstadt und Stadtgalerie eine Notwendigkeit. Grünen-Stadträtin Barbara Mantel begrüßte die Ideen ebenso, forderte zum einen auch Spielmöglichkeiten für Kinder an den Grüninseln als auch stärkere Entsiegelung von Flächen in der Innenstadt.
Sinan Öztürk (Linke) verwies auf die eingestellten Haushaltsmittel von 50 000 Euro aus dem ursprünglichen SPD-Antrag, die bei weitem nicht ausreichten. Er sprach auch das Thema Förderung durch Städtebaumittel an. Baureferent Ralf Brettin versicherte, der Förderantrag werde so schnell wie möglich gestellt. Möglicherweise gibt es bei der Stadtrats-Sondersitzung zur Innenstadt Ende September schon Klarheit über die möglichen Kosten.
Gibt den Stadtgärtner eine Chance und lasst Sie ein bißchen von der Leine.