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Gerolzhofen
Weiterer Kindergarten für Gerolzhofen: Neben dem Standort ist auch die Frage des Betreibers nicht geklärt
Trotz langer Wartelisten wird's die Stadt wohl nicht schaffen, benötigte Krippen- und Regelplätze anzubieten. Die Pläne könnten am Ende am Personalmangel scheitern.
Wenn sich Kindergärten so einfach errichten ließen, wie die Spielzeug-Burg auf diesem Symbolbild, dann täte sich die Stadt Gerolzhofen mit der Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze für Kindergartenkinder leichter.
Foto: Monika Skolimowska, dpa | Wenn sich Kindergärten so einfach errichten ließen, wie die Spielzeug-Burg auf diesem Symbolbild, dann täte sich die Stadt Gerolzhofen mit der Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze für Kindergartenkinder leichter.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:21 Uhr

Betreuungsplätze in Kitas reichen in Gerolzhofen schon jetzt nicht aus. Dies gilt sowohl für Krippen- als auch Regelgruppen. Die bestehenden Einrichtungen platzen aus allen Nähten. Ab September, mit Beginn des Kindergartenjahres 2023/24, wird sich die Lage nochmals deutlich verschärfen, wie ein Blick auf die Wartelisten zeigt. Und nach Recherchen dieser Redaktion dürfen Eltern darauf einstellen, dass sich an diesem Mangel an Betreuungsangeboten in Gerolzhofen auch so schnell nichts ändern wird – trotz aller Beteuerungen der Stadt und des an den Tag gelegten Zwangsoptimismus.

Denn das bestehende Problem ist längst nicht damit gelöst, möglichst schnell Räume für die Unterbringung eines zusätzlichen Kindergartens zu schaffen. Wobei es auch danach gerade nicht ausschaut. Jüngst hatte der Stadtrat den Beschluss, an welchem Standort ein Kindergarten entstehen soll, nochmals um einen Monat vertagt, auf Ende April.

Im Januar war das Thema erstmals öffentlich im Gremium behandelt und der Platzbedarf für weitere drei bis fünf Krippen- sowie zwei bis vier Regelgruppen anerkannt worden. Damals hieß es noch, realistisches Ziel sei es, bis zum Herbst eine bauliche Lösung zu schaffen. Als wahrscheinlichste Bauform, weil am schnellsten umzusetzen, war da eine aus Wohncontainern bestehende Unterkunft diskutiert worden. Diese Zwischenlösung würde der Stadt zeitlich Luft verschaffen, in den folgenden Jahren eine Dauerlösung zu suchen.

Servatius schließt Fertigstellung für dieses Jahr aus

Dieser zeitliche Horizont kann aus heutiger Sicht getrost als hinfällig bezeichnet werden. Dies gesteht auch Zweiter Bürgermeister Erich Servatius als Vertreter des im Urlaub weilenden Bürgermeisters Thorsten Wozniak gegenüber dieser Redaktion offen ein. Ihm zufolge wird es "mindestens nächstes Jahr werden", bis ein weiterer Kindergarten für Gerolzhofen frühestens fertiggestellt sein könnte. Eine Fertigstellung bis Herbst 2023 schließt er quasi aus, "das ist logistisch kaum noch möglich".

Doch der Bau zusätzlicher Räume ist nur eine von mehreren Herausforderungen für die Stadt. Um einen Kindergarten eröffnen zu können, braucht es einen Betreiber. Dass die Stadt diese Aufgabe selbst übernimmt, kann sich Servatius nicht vorstellen. Diese Option dürfte nach allen Informationen, die dieser Redaktion vorliegen, auch niemals ernsthaft zur Debatte gestanden haben.

Also muss die Stadt jemanden finden, der Betreuungspersonal für einen von ihr errichteten Kindergarten anstellt und die Einrichtung leitet. Im Januar hatte es im Stadtrat noch hoffnungsvoll geheißen, dass es bereits Gespräche mit möglichen Betreibern gegeben habe. Namen wurden damals keine genannt. Und auch heute hält die Stadt sich damit öffentlich zurück.

Mehrere mögliche Betreiber kommen infrage

Um auf Namen möglicher Betreiber zu kommen, braucht es nicht viel Fantasie. Die katholische Kirchenstiftung, die die Kinderhäuser St. Martin und St. Regiswind betreibt, hat bereits vor längerem gegenüber der Stadt erklärt, dass sie keine weiteren Einrichtung übernehmen wird. Sie scheidet also von vornherein aus. Während der jüngsten Stadtratssitzung hat ein Stadtratsmitglied ungewollt von Gesprächen mit dem Bayerischen Roten Kreuz (BRK) als möglichem Betreiber berichtet. Wer etwas nachdenkt, der kommt schnell noch auf die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die in Unterfranken einige Kindergärten betreibt.

Kindergärten werden derzeit überall im Land gebaut. Auch im Raum Gerolzhofen erweitern Einrichtungen ihr Raumangebot, wie hier in Frankenwinheim, wo dieses Bild mit Bürgermeister Herbert Fröhlich im Januar 2023 entstand. Klar ist: Je mehr Einrichtungen in Betrieb gehen, desto mehr Personal wird gebraucht – Personal, das schon heute nicht ausreicht.
Foto: Andreas Stöckinger | Kindergärten werden derzeit überall im Land gebaut. Auch im Raum Gerolzhofen erweitern Einrichtungen ihr Raumangebot, wie hier in Frankenwinheim, wo dieses Bild mit Bürgermeister Herbert Fröhlich im Januar 2023 ...

Sowohl das BRK in Schweinfurt als auch die AWO in Würzburg sind bereit, mit dieser Redaktion über die Übernahme eines Kindergartens in Gerolzhofen zu sprechen. Cornelia Staab, Bereichsleiterin für Kinder, Jugend und Familie beim unterfränkischen Bezirksverband der AWO, bestätigt, dass die Stadt Gerolzhofen bei der AWO angefragt habe, ob diese einen Kindergarten betreiben würde. Doch die Gespräche endeten in einer Absage seitens der AWO.

Von "lockeren Gesprächen" zu einem möglichen BRK-Kindergarten in Gerolzhofen berichtet Thomas Lindörfer, Kreisgeschäftsführer des BRK in Schweinfurt. Die Gespräche seien noch nicht abgeschlossen. Doch ganz gleich, wie diese enden: Einen Betriebsbeginn in Gerolzhofen in diesem Herbst schließt Lindörfer mit Blick auf die Fakten aus. Normalerweise, sagt er, kalkuliere das BRK mit mindestens einem Jahr Vorlaufzeit, bevor es einen Kindergartenbetrieb übernimmt. Wenn alles perfekt laufe, dann reichten auch neun Monate. Optimal wäre es für ihn auch, das BRK von Beginn an in die Bauplanungen für eine Einrichtung einzubinden.

Jede Neueinstellung verursacht anderswo eine Lücke

Der Knackpunkt ist die Gewinnung von Betreuerinnen und Betreuern für einen Kindergarten. Das bestätigen Lindörfer und Staab unabhängig voneinander. Wie allgemein bekannt, ist der Markt so gut wie leergefegt. Dabei gehe es nicht nur um Erzieherinnen und Erzieher, meint Staab. Jede Neueinstellung bei der AWO sei "ganz klar" damit gleichzusetzen, dass man jemanden bei einer anderen Einrichtung abwerbe und dort eine Lücke reißt. Aber es gelinge beispielsweise auch kaum noch, Reinigungspersonal für einen Kindergarten zu bekommen. Die Chancen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Kindergärten zu finden, habe sich im vergangenen halben Jahr nochmals verschärft, berichtet Staab von den Erfahrungen der AWO. Diese betreibt als Bezirksverband 14 Kinderbetreuungseinrichtungen in Unterfranken.

Als freier Träger habe das BRK, das in Bayern 333 Kitas betreibt, grundsätzlich mehr Möglichkeiten, um Personal für Kindergärten zu finden, sagt Lindörfer. So gebe es etwa keine Einschränkungen, was die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession angeht, wie es welche für kirchliche Einrichtungen gibt. Dennoch sei es herausfordernd, Mitarbeitende für neue Einrichtungen nicht nur zu finden, sondern diese auch zu qualifizieren und fortzubilden. Vor allem bei Quereinsteigern verlange dies Zeit, sagt der BRK-Kreisgeschäftsführer.

Ohne Namen zu nennen, bestätigt Zweiter Bürgermeister Servatius nach Rücksprache mit Wozniak, dass dieser drei Betreiber angefragt habe. Zwei von diesen hätten Interesse gezeigt. Ein möglicher Betreiber sei noch im Rennen. Auf die Frage, wie die Stadt nach Stand der Dinge die Chancen einschätzt, überhaupt einen Betreiber zu finden, antwortet Servatius mit "gut".

Auf der Warteliste stehen aktuell 58 Kinder

Die Eltern der aktuell 36 Krippen- und 22 Regelkinder, die nach Angaben von Sabine Wächter, einer der beiden Leiterinnen der Gerolzhöfer Kinderhäuser, auf deren Warteliste stehen, dürfen nur hoffen, dass diese Einschätzung stimmt. Die Listen werden sich sicherlich noch verlängern, meint Wächter. Zugleich dürfen die Eltern sich darauf einstellen, dass es für sie in Gerolzhofen ab September nicht ausreichend Betreuungsplätze geben wird. Wobei für die Gruppe der Regelkinder laut Wächter noch nicht exakt feststeht, wie viele Kinder von der Warteliste in den Kinderhäusern unterkommen können, da die Eltern der Korridorkinder sich noch bis Juni entscheiden können, ihre Kinder im Herbst einzuschulen oder diese ein Jahr zurückzustellen.

Nach Aussagen von Kirchenpfleger Hubert Zinkl hat die katholische Kirchenstiftung die Stadt bereits vor vier, fünf Jahren – und seitdem regelmäßig – darauf hingewiesen, dass sie ihre Kapazitäten nicht erweitern wird. Seitdem war absehbar, dass es bei den Kindergartenplätzen künftig eng werden wird und Handlungsbedarf besteht. Dies war im Stadtrat übrigens auch im Juli 2020 Thema, als es um einen Antrag für einen Naturkindergarten ging. Danach war davon nichts mehr zu hören – bis Anfang dieses Jahres.

 
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    Im Grunde genommen ist man lebensmüde, wenn man in diesem Land noch Kinder bekommt. Erst findet man kaum eine Hebamme und einen Entbindungsplatz. Dann sucht man verzweifelt nach einem Betreuungsplatz, denn arbeiten gehen muss man als Frau, ein Gehalt reicht schon lange nicht mehr. Anschließend schickt man sein Kind dann in eine meist baufällige Schule mit zu wenig Lehrern. Nachmittagsbetreuung oft gar nicht oder zu wenig vorhanden, sodass dann dein Grundschulkind um 11 oder 12 wieder zu Hause auf der Matte steht. Wohl dem, der ne Oma hat. Der endgültige Abschuss kommt dann, wenn man als Mieter mit Kindern auf Wohnungssuche gehen muss oder sich mal wieder von Mitmenschen anhören darf, dass man ja selbst Schuld ist wenn man Kinder bekommt und dass man sich von den 250€ Kindergeld ein schönes Leben macht. Halleluja!
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