Die Anmeldeliste für Plätze in der Krippe des Kinderhauses Gerolzhofen für das kommende Kindergartenjahr, das im September beginnt, umfasst die Namen von 74 Kindern (Stand: Dezember 2022). 38 der Kleinkinder werden aus heutiger Sicht keinen Betreuungsplatz erhalten. Die Anmeldezahl für die Regelgruppen im Kindergartenjahr 2023/24, die Kinder ab drei Jahren besuchen, liegt bei 28.
Von diesen haben bislang sechs einen sicheren Platz, 22 stehen auf der Warteliste. Wobei es in den Regelgruppen, wie Kinderhaus-Leiterin Sabine Wächter erläutert, 14 sogenannte Korridor-Kinder gibt. Das sind Kinder, die zwischen Juli und September geboren sind und für die die Eltern noch entscheiden können, ob sie diese im Herbst einschulen lassen oder erst kommendes Schuljahr. Hier könnten also noch Plätze für nachrückende Kinder frei werden.
Egal, wie's am Ende exakt ausgeht: Klar ist, dass das Kinderhaus Gerolzhofen an seinen beiden Standorten St. Regiswind im Rot-Kreuz-Weg und St. Martin in der Grabenstraße nicht alle Kinder unterbekommen wird, für die es einen Betreuungsbedarf gibt. Wartelisten gibt es laut Wächter überhaupt erst seit wenigen Jahren, und die waren bislang deutlich kürzer. Für das laufende Kindergartenjahr musste das Kinderhaus erstmals Eltern Absagen erteilen, doch das waren nicht einmal eine Handvoll Fälle. "Für das kommende Kindergartenjahr wird das jedoch absehbar deutlich mehr werden", sagt Wächter.
Die Stadt kennt die Situation seit mehreren Jahren
Das Kinderhaus zählt aktuell 230 Kinder in fünf Krippe- und sieben Regelgruppen sowie einer Hortgruppe für Kinder im Grundschulalter, die dort ab mittags betreut werden. 43 pädagogische Mitarbeiter betreuen die Kinder. Damit ist aus Sicht des Trägers, der katholischen Kirchenstiftung, das Limit erreicht, berichtet Kirchenpfleger Hubert Zinkl. Dass die Kirche das Betreuungsangebot nicht weiter ausbauen wird, sei der Stadt Gerolzhofen seit vier, fünf Jahren immer wieder mitgeteilt worden.
Dass das Angebot insbesondere im Bereich der Krippen-Plätze nicht ausreicht, darf angesichts zusätzlicher Neubaugebiete ("Am Nützelbach 1 und 2") sowie leicht steigender Geburtenzahlen im Land eigentlich keinen überraschen. Gepaart mit dem seit fast zehn Jahren geltenden uneingeschränkten Rechtsanspruch (Sozialgesetzbuch VIII), den Eltern auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege ab dem vollendeten ersten Lebensjahr des Kindes haben, setzt dies die Stadt Gerolzhofen unter Zugzwang.
Denn diese ist nach Auskunft von Udo Schmitt, dem Leiter des Jugendamtes am Landratsamt Schweinfurt, nicht nur für die Bedarfsplanung in ihrem Bereich zuständig. Die Stadt muss die Betreuungsplätze vor Ort bei Bedarf auch schaffen oder für Eltern notfalls anderswo anbieten, in einem Umkreis von bis zu 30 Minuten Fahrzeit.
Kindergarten beschäftigt Stadtrat noch im Januar
Angesichts der Lage spricht auch Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak von "dringendem Handlungsbedarf" in der Stadt. Deshalb werde sich der Stadtrat in seiner ersten Sitzung in diesem Jahr, am 16. Januar, mit der zu treffenden Grundsatzentscheidung zur Schaffung zusätzlicher Kindergartenplätze im Stadtgebiet beschäftigen.
Vorab möchte Wozniak nicht zu viele Details verraten. Doch ihm zufolge könnte eine Lösung so aussehen, dass die Stadt Wohncontainer kauft oder mietet, in denen eine Kinderbetreuung stattfindet. Wo diese stehen könnten, sei noch nicht im Stadtrat besprochen. Der Bürgermeister meint nur, dass der Bereich der Nützelbachaue, nahe den beiden jüngsten Neubaugebieten und mit viel Grün ringsum, "eventuell nicht der ungeeignetste Ort" für einen Kindergarten sei.
Gedankenspiel des Bürgermeisters zur Grabenschule
Unabhängig vom Standort: Ein Container-Kindergarten, dessen Kosten inklusive der Erschließung in die Millionen gehen dürfte, wäre in den Augen Wozniaks von vornherein als Provisorium zu verstehen. Ihm schwebt als Gedankenspiel für einen dauerhaften zusätzlichen Kindergarten in der Stadt die Grabenschule vor, die, wenn die neue Grundschule in Gerolzhofen gebaut ist, nicht mehr als Schulhaus benötigt wird.
Bleibt die Frage, wer einen – neben Kinderhaus und Waldkindergarten – möglichen dritten Kindergarten in der Stadt betreiben möchte. Auch hierzu möchte Wozniak zum aktuellen Zeitpunkt nur grundsätzlich bekanntgeben, dass es einen Interessenten gäbe, der auch das Personal habe, einen solchen Kindergarten bereits ab Herbst dieses Jahres zu betreiben – was laut Wozniak auch ein realistischer Zeitplan für die bis dahin zu schaffenden baulichen Voraussetzung sei. Die Stadt selbst, dies stellt der Bürgermeister klar, werde auf keinen Fall einen Kindergarten mit eigenem Personal führen.
Neuer Anlauf für Naturkindergarten noch dieses Jahr?
Eventuell werde es in diesem Jahr auch gelingen, dass eine private Betreiberin einen Naturkindergarten eröffnet. Von diesem Vorhaben war in den vergangenen Jahren immer wieder zu hören. Auch dem Stadtrat hatte Jennifer Rasch ihr Vorhaben im Juli 2020 vorgestellt, nur zur Umsetzung kam es bislang nicht.
Aus Sicht des Jugendamtes spricht nichts gegen eine Container-Lösung für einen zusätzlichen Kindergarten in Gerolzhofen. Die Unterbringung einer Kinderbetreuung in Wohncontainern habe oft "einen negativen Touch", sagt Jugendamtsleiter Schmitt, "es ist aber wirklich toll". Aktuell kennt er keine Gemeinde im Landkreis, in der solche Container stehen, doch erinnert er sich an Dittelbrunn, wo dies in der Vergangenheit gut funktioniert habe. "Wir wären dankbar, wenn eine Gemeinde diesen Weg geht."
Mit dem Teilen der Betreuungsplätze ist's nicht getan
Denn nennenswerte Alternativen, um kurzfristig Betreuungsangebote zu schaffen, gäbe es kaum. Das Ausschöpfen eventuell offener Tagespflege-Plätze, wobei das Jugendamt Eltern unterstützt, dürfte nicht reichen. Und auch die Möglichkeit, Vollzeitplätze in Kindergärten in Absprache mit dem Träger und den Eltern in halbe Plätze (vormittags und nachmittags) zu teilen, um so in der Summe mehr Kinder wenigstens stundenweise betreuen zu können, bringe bei so langen Wartelisten wie in Gerolzhofen nicht für alle Kinder eine Lösung.
Um zu entscheiden, wer auf der Warteliste die wenigen freien Plätze erhält, orientiert sich das Kinderhaus Gerolzhofen eigenen Angaben nach daran, ob das angemeldete Kind bereits ein Geschwisterchen im Kinderhaus hat. Dies sowie der Zeitpunkt der Anmeldung (Wächter: "Am besten noch vor der Geburt") entscheide dann, an welcher Stelle der Liste ein Kind steht. Die Berücksichtigung der Geschwister begründet Kirchenpfleger Zinkl damit, dass dies Müttern helfe, die andernfalls nicht arbeiten könnten, wenn beispielsweise von zwei Kindern in der Familie nur eines im Kindergarten unterkommt, das zweite aber zuhause bleiben muss.