Ob es daran lag, dass es die erste Sitzung in diesem Jahr war? Oder war es die sehr übersichtliche Tagesordnung, die zu dem schnellen, jedoch folgenschweren Beschluss führte? Einstimmig und nach einem nur gut halbstündigen Austausch stellten die Damen und Herren im Gremium die Weichen für eine Investition, die in die Millionen gehen dürfte. In Gerolzhofen soll eine zusätzliche Kindertagesstätte entstehen. Die Stadt möchte diese errichten, aber nicht selbst betreiben. Alles soll jetzt möglichst schnell gehen, denn die Zeit drängt, weil der Bedarf groß ist.
"Wir beschließen heute kein Bauwerk", stellte Bürgermeister Thorsten Wozniak eingangs der Sitzung nochmals klar. Denn an diesem Abend ging es zunächst einmal um den Grundsatzbeschluss des Stadtrats, dass die Stadt zusätzliche Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stellen möchte. Die Notwendigkeit hierzu steht nicht erst seit kurzem fest. Dies wurde im Lauf der Sitzung von mehreren Seiten betont.
Vorhandene Kindergärten werden nicht erweitert
Die Faktenlage, das zeigte Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann auf, lässt auch kaum einen anderen Schluss zu. Denn die Stadt ist nicht nur gesetzlich verpflichtet, dem Anspruch der Eltern auf Betreuungsmöglichkeiten für ihre Sprösslinge zu genügen. Die vorhandenen Plätze in den beiden von der katholischen Kirchenstiftung betriebenen Kinderhäusern St. Martin und St. Regiswind reichen nicht mehr aus und werden seitens der Kirche auch nicht erweitert – was der Stadt seit Jahren bekannt ist.
In Zahlen ausgedrückt, zeigt sich die Lage wie folgt: Derzeit stehen 60 Betreuungsplätze für Kinder bis zu drei Jahren in Krippe-Gruppen mit maximal zwölf Kindern zur Verfügung. Hinzu kommen 196 Kindergartenplätze in Regelgruppen im Kinderhaus sowie im Waldkindergarten für Kindern zwischen drei und sechs Jahren. Der Bedarf ist jedoch weitaus höher. Die Stadt geht davon aus, dass insgesamt 132 Krippen-Plätze benötigt werden, was elf Gruppen entspricht. Im Regelgruppen-Bereich wird von einem Bedarf von 250 Kindern (zehn Gruppen mit je 25 Kindern) ausgegangen.
Stadt rechnet mit rund 60 Geburten pro Jahr
Man muss deshalb kein großer Rechenkünstler sein, um festzustellen, dass trotz vorhandener Betreuungsplätze bei Tagesmüttern und -vätern an der Schaffung zusätzlicher Räume für eine Kindertagesstätte kein Weg vorbeiführt. Denn bereits jetzt (Stand: Dezember 2022) fehlen zum Start des kommenden Kindergartenjahres 2023/24 im September 38 Krippen- und 22 Regelgruppen-Plätze. Und bei aktuell rund 60 Geburten pro Jahr in Gerolzhofen dürfte der Bedarf in den folgenden Jahren auch nicht zurückgehen. Im Gegenteil: Laut Hoffmann rechnet die Stadt mit einem zusätzlichen Bedarf von bis zu 72 Krippen-Plätzen in den kommenden Jahren sowie 54 Plätzen in Regelgruppen.
Diese durchaus eklatante Lücke zwischen Angebot und Nachfrage wird sich auch dann nicht merklich verkleinern, sollte sich in diesem Jahr doch noch der von Jennifer Rasch geplante Naturkindergarten im städtischen Waldgebiet "Mahlholz" realisieren lassen. Ein entsprechender Bauantrag hierzu soll, wie im Stadtrat zu erfahren war, während einer der kommenden Sitzungen behandelt werden.
Es gab bereits Gespräche mit möglichen Betreibern
Um möglichst schnell zusätzliche Räume zu schaffen, bleibt fast nur eine Lösung übrig: Die Errichtung eines Kindergartens aus Wohncontainern. Darüber waren sich im Stadtrat auch alle einig, wenngleich dies, wie Kindergartenreferentin Stefanie Döpfner (Geo-net) meinte, zwar die schnellste, "aber nicht unbedingt die nachhaltigste und schönste Lösung ist". Doch dadurch könne man hoffen, bis zum Herbst den Start eines Kindergartenbetriebs zu realisieren, wie Bürgermeister Wozniak sagte. Gespräche mit möglichen Betreibern seien bereits geführt worden. Doch war dies an diesem Abend noch kein Thema während der öffentlichen Stadtratssitzung.
Ein leichtes Raunen ging durch den Sitzungssaal, als Stadtbaumeisterin Hoffmann grobe Zahlen nannte, was der Bau eines Container-Kindergartens kosten könnte. Das Mieten solcher Container im vorgesehenen Umfang für eine Kindertagesstätte mit bis zu fünf Krippen- und bis zu vier Regelgruppen würde bei einer Mietdauer von fünf Jahren etwa vier bis fünf Millionen Euro kosten. Würde man die Container kaufen, käme dies günstiger und würde zwei bis drei Millionen Euro kosten. Zusätzlich müssten noch Fundamente und eine Außenanlage gebaut, das Grundstück mit Strom, Wasser und Abwasser erschlossen sowie Parkplätze errichtet werden, was weitere Kosten verursachen wird.
Zweifel an den vorgelegten Kostenschätzungen
Ob diese Kosten nicht vielleicht zu hoch angesetzt sind, stellte Thomas Vizl mit Verweis auf Haßfurt in den Raum. Dort wurde vergangenes Jahr ein Container-Kindergarten mit insgesamt 61 Plätzen nach Angaben des dortigen Bürgermeisters Günther Werner für rund eine Million Euro errichtet. Diesen solle man sich auf jeden Fall einmal anschauen, bevor der Gerolzhöfer Stadtrat über eine Container-Lösung final entscheidet, schlug Vizl vor und fand damit allgemeine Zustimmung.
Ansonsten gab es keinerlei Wortmeldungen im Stadtrat gegen das Vorhaben, dass die Stadt zusätzliche Betreuungsplätze schafft. Jugendreferent Benedikt Friedrich (CSU) verwies auf das Leitbild der Stadt, das das Bereitstellen eines umfassenden Angebots für alle Lebensbereiche als klares Ziel vorgibt. Der Bedarf an zusätzlichen Kindergarten-Plätzen sei seit Jahren bekannt, meinte er. Der Stadtrat müsse jetzt alles tun, um junge Familien in der Stadt zu halten, auch ganz unabhängig von der gesetzlichen Pflicht zum Schaffen von Betreuungsplätzen. Bürgermeister Wozniaks Zielrichtung, kurzfristig eine Lösung in Form eines Container-Kindergartens zu schaffen, langfristig aber auf eine andere bauliche Lösung, etwa in Form eines Umbaus der künftig nicht mehr als Schulhaus benötigten Grabenschule zu setzen, bezeichnete Friedrich als "sehr zielführend".
Wer Baugebiete ausweist, muss auch Betreuungsplätze schaffen
Kindergartenreferentin Döpfner sieht "auf jeden Fall" einen Gewinn an Attraktivität für Gerolzhofen, wenn ausreichend Betreuungsplätze für Kinder vorhanden sind. Solange die Stadt sich bemühe, neue Unternehmen in der Stadt anzusiedeln und den Zuzug von Familien wünscht, müsse sie sich auch dringend um Betreuungsplätze kümmern, schlussfolgerte Döpfner.
Was die Zuschüsse für das Projekt angeht, erfuhr Friedrich von der Stadtbaumeisterin, dass es Geld vom Staat pro neu geschaffenen Platz gibt. Zudem gebe es kleinere Zuschüsse beispielsweise für die Innenausstattung. Dies müsse man zur gegebenen Zeit prüfen und beantragen.