
Die Liste der Probleme und Sorgen, mit denen sich Erzieherinnen und Erzieher konfrontiert sehen, ist lang. Das reicht von Spätfolgen der Corona-Pandemie über aus allen Nähten platzende Einrichtungen bis hin zur Personaldecke, die vielerorts nicht nur auf Kante genäht ist, sondern auch noch unter fehlendem Nachwuchs an jungen Kolleginnen und Kollegen leidet. Nicht zu vergessen: Die Bezahlung ist – gemessen an den Anforderungen, die der Beruf täglich mit sich bringt – gelinde gesagt, nicht gut.
Es gäbe also genügend Gründe, ausschließlich zu jammern, stellte Gabriele Barth eingangs eines Zusammenkommens von rund 50 Erzieherinnen und Erziehern im Pfarrer-Hersam-Haus in Gerolzhofen fest. Die vielen Damen und zwei Herren kamen aus den Landkreisen Schweinfurt, Haßberge und Kitzingen und vereinzelt sogar darüber hinaus. Viele von ihnen haben eine Leitungsfunktion in Betreuungseinrichtungen inne.
Die Lage der bayerischen Kindergärten muss wirklich verbessert werden
Zu Gast in der Runde war Landtagsabgeordnete Barbara Becker (CSU) aus Wiesenbronn (Lkr. Kitzingen). Gabriele Barth, die selbst den Kindergarten "Pusteblume" in Sulzheim leitet, hatte die gewählte Vertreterin des Stimmkreises Kitzingen zu dem Treffen eingeladen, weil es an diesem Tag eben nicht beim Jammern bleiben sollte, wie Barth sich ausdrücklich wünschte. Stattdessen war ihr es ihr Anliegen, der Politikerin am Ende möglichst handfeste Lösungsansätze mitzugeben, die diese im Bayerischen Landtag an den zuständigen Stellen vorbringen und dadurch beitragen kann, dass sich die Lage der bayerischen Kindergärten wirklich verbessert.
Dem pflichtete Becker gerne bei. "Politik braucht immer ein Gegenüber", begrüßte sie das gewählte Format des gemeinsamen Austausches. Sie selbst habe zwar vor 20 Jahren Pädagogik studiert, verstehe selbst jedoch "mittelviel" von der Arbeit der anwesenden Erzieherinnen. Deshalb bräuchte sie auch deren Input, um diesen in der Politik vorzubringen. Im Haushaltsausschuss des Landtags sei sie auch Ansprechpartnerin des Sozialministeriums, träfe dort also durchaus auf die richtigen Ansprechpartner, erklärte Becker.
Je konkreter, desto besser: Zuspitzung der Debatte auf Vorschläge
Statt in der Diskussion in globalen Problemfeldern der Kinderbetreuungseinrichtungen, etwa der Personalknappheit oder der verbesserungsfähigen Bezahlung zu verweilen, wünschte sich Becker gleich zu Beginn eine eine Zuspitzung der Debatte auf Vorschläge. Am liebsten sei ihr, konkrete Vorschläge zu finden, wie hier in der Region etwas gezielt verbessert werden kann. In einem solchen Fall ließe sich im politischen Betrieb in München viel leichter etwas in Gang setzen und Gelder locker machen, etwa für ein Modellprojekt, das dann möglicherweise auf ganz Bayern übertragen werden kann.
Um es vorweg zu nehmen: Dieses hochgesteckte Ziel wurde an diesem Nachmittag in Gerolzhofen nicht erreicht. Es wurden allerdings dennoch drei vergleichsweise überschaubare Punkte bzw. Probleme ausgemacht, die Becker mit in den Landtag zu nehmen versprach.

Zum einen nahm sie die Anregung mit, das Bayerische Krippengeld von monatlich bis zu 100 Euro pro Kind für einkommensschwache Familien direkt an die Kindertagesstätten auszubezahlen, statt es wie bisher den Eltern zu überweisen, die es dann weitergeben (sollen). Denn dies funktioniere in der Praxis nicht immer. Und das Geld bei den Eltern dann einzutreiben, verlange den Kitas einiges ab, war von etlichen Einrichtungsleitungen zu hören.
Forderung: "Sprach-Kitas" für alle
Ein zweiter dringender Wunsch, der einhellig geäußert wurde: Das bundesweite Förderprogramm "Sprach-Kitas", das Einrichtungen die Stelle einer zusätzlichen Fachkraft zur sprachlichen Förderung der Kinder finanziert, sollte allen Kindergärten offenstehen und nicht nur denen, die sich erfolgreich dafür beworben haben.
Bayern sei ohnehin als letztes Bundesland in das seit langem bewährte Programm eingestiegen, stellte eine Erzieherin fest. Nun solle der Freistaat den Zugang dazu lieber für alle öffnen, statt "etwas eigenes, ganz Spezielles" daraus zu kreieren. Die durch das Programm bezahlte zusätzliche Personalstelle würde allen Einrichtungen spürbar zugute kommen.
Und noch ein Problem wurde mehrheitlich benannt: Beruflichen Quereinsteigern müsste der Weg in die Kinderbetreuungseinrichtungen erleichtert werden. Zwar kann sich grundsätzlich jede und jeder zur Erzieherin oder zum Kinderpfleger ausbilden lassen. Doch die Umschulung werde nur bei bestimmten Berufsgruppen bezahlt – was für die Anwesenden nicht nachvollziehbar war. Dies schließe Frauen und Männer aus, die ein echtes Interesse an einem Job in der Kinderbetreuung haben, die Umschulung aber nicht leisten können. Allerdings, so war als Einschränkung zu hören, dürften berufliche Quereinsteiger auch nicht dazu führen, dass pädagogische Fachkräfte durch schlechter ausgebildete Kräfte ersetzt werden.
Bürokratie bindet Ressourcen
Daneben war während der eineinhalbstündigen Gesprächsrunde, die die Landtagsabgeordnete Becker in Form eines Workshops moderierte, mehrfach zu hören, wie auch in den Kinderbetreuungseinrichtungen Verwaltungs- und Büroarbeiten gerade den Führungskräften zusetzen. Meistens hätten diese dafür auch nicht ausreichend Freiräume, da sie in der Regel "nebenbei" in den Gruppen erkrankte Kolleginnen und Kollegen ersetzen müssen oder überhaupt voll in der Betreuung eingeplant sind.
Eine Kindergartenleiterin brachte diese Diskrepanz auf den Punkt: "Die Tage, an denen mir die Dokumentation piepegal ist und ich mich nur mit den Kindern beschäftige, sind schon die besten Tage auf Arbeit." Dafür gab's zustimmenden Applaus aus der Runde.
Am Ende des Austauschs mit der Landtagsabgeordneten zeigte sich Initiatorin Gabriele Barth mit der Beteiligung sehr zufrieden. Sie sieht darin einen Schritt, um die Probleme von Erzieherinnen und Erziehern ins Bewusstsein der Politik zu rücken und auch verstärkt öffentlich zu machen. "Wir müssen eine Lobby aufbauen", nennt Barth als Ziel.
Ganz ehrlich, die Probleme die es in prekären Berufen gibt sind doch allgemein bekannt. Gespräche mit den Betroffenen sind super, das zeigt auch Interesse und Wertschätzung. Aber mittlerweile ist doch ein Punkt erreicht wo es einfach reicht!
Von ständigen Geprächen und Verständnis zeigen wird es nicht besser!
Da ist dann auch irgendwann der Punkt erreicht an dem sich Betroffene verschließen weil es eh nichts bringt seine Sorgen ständig irgendwo zu beklagen, in den Medien, gegenüber Politikern usw.
Da braucht man sich nicht wundern wenn viele das Handtuch werfen.
Wir sollen unsere Mitarbeiter*innen gut und nach Tarif bezahlen. Ja, das verdienen sie auch!!! Dazu gehört aber auch eine finanzielle Ausstattung, sprich Förderung, die uns dies ermöglicht.
Da sollten alle Träger, die den Kommunen bei der Erfüllung des Bildungsauftrages und dieser ist in erster Linie Auftrag der Kommunen, behilflich sind, stärker gemeinsam an "einem Strang" ziehen. Die Problematik stellt sich für alle Träger. Können wir nicht mehr ausreichend, tariflich bezahlen, laufen uns die Fachkräfte weg, die Auswirkungen muss ich nicht beschreiben. Die aktuellen Tarifverhandlungen des ÖD sind nachvollziehbar. Bei der ggf. notwendigen Umsetzung der Tarifergebnisse lässt man die Träger aktuell aber wieder mal im Regen stehen. So gewinnt man definitiv nicht mehr Personal!
Uwe Lehm, Kernvorstand AWO Schweinfurt Stadt e.V.