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Schweinfurt
Warum ist die Corona-Inzidenz in Schweinfurt so hoch? Was das Gesundheitsamt sagt
Nach wie vor ist die Corona-Inzidenz in Schweinfurt bundesweit eine der höchsten. Welche Erklärungen die Verwaltung und das Gesundheitsamt dem Stadtrat gaben.
Das Gesundheitsamt Schweinfurt ist mittlerweile mit seinen 160 Mitarbeitern am Hainig in der Karl - Götz - Straße 5 angesiedelt.
Foto: Martina Müller | Das Gesundheitsamt Schweinfurt ist mittlerweile mit seinen 160 Mitarbeitern am Hainig in der Karl - Götz - Straße 5 angesiedelt.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 11.02.2024 16:52 Uhr

Die 7-Tage-Inzidenz der Corona-Infektionen in der Stadt Schweinfurt sinkt zwar seit einigen Tagen, ist aber immer noch eine der höchsten in Deutschland. Am Mittwoch betrug die Inzidenz nach den Daten des Robert Koch Instituts 194,7, die sechsthöchste in ganz Deutschland. Von den Lockerungen der Corona-Auflagen wie zum Beispiel in Würzburg oder im Landkreis Bad Kissingen ist die Stadt weit entfernt.

Die Frage, warum die Inzidenz so hoch ist und welche Verantwortung die Stadtverwaltung und das Gesundheitsamt haben, stellte sich der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung. Mehrere Stunden lang gaben Gesundheitsamts-Leiter Matthias Gehrig, Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Ordnungsamtsleiter Jan von Lackum Auskunft. Einige Fragen konnten geklärt werden, doch vieles blieb offen und allzu oft wurde klar, dass der Kommune oftmals auch die Hände gebunden sind, weil man von Entscheidungen des Bundes oder des Freistaates abhängig ist.

Beim Thema Impfen legte Jan von Lackum zum Beispiel den Finger in die Wunde und fand wie jüngst Rhön-Grabfeld-Landrat Thomas Habermann sehr deutliche Worte für die Arbeit des CDU-geführten Bundesgesundheitsministeriums unter Jens Spahn: "Das ist ein Offenbarungseid". Der Grund für diese deutliche Ansage: In den kommenden vier Wochen bis Mitte Juni können im Impfzentrum nur Zweitimpfungen vorgenommen werden, da es schlicht zu wenig Impfstoff gibt, um auch Erstimpfungen durchzuführen.

"Das ist ein Offenbarungseid."
Ordnungsamtsleiter Jan von Lackum über die aus seiner Sicht mangelhafte Impfstoff-Zuteilung durch das Bundesgesundheitsministerium.

Wenn die Stadt aber das Impftempo nicht erhöhen kann, weil sie vom Bund nicht genügend Impfstoff bekommt, wird es auch schwierig, die Inzidenz signifikant nach unten zu bringen. Und das wiederum bedeutet, dass die Situation für den Einzelhandel weiterhin sehr problematisch bleibt, da Lockerungen erst bei Inzidenzen unter 150 denkbar sind.

Schild zum Impfzentrum auf dem Volksfestplatz. Da es zu wenig Impfstoff gibt, sind hier im Moment nur Zweitimpfungen möglich.
Foto: Martina Müller | Schild zum Impfzentrum auf dem Volksfestplatz. Da es zu wenig Impfstoff gibt, sind hier im Moment nur Zweitimpfungen möglich.

Oberbürgermeister Sebastian Remelé hat mittlerweile an den bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek geschrieben und darum gebeten, dass von Hausarztpraxen nicht abgerufene Impfdosen dem Impfzentrum auf dem Volksfestplatz zur Verfügung gestellt werden.

Erst kürzlich hatten Landrat Florian Töpper (SPD) und Remelé sich dafür eingesetzt, 3200 Extra-Impfdosen für Stadt und Landkreis zu bekommen. Sie kamen auch, vom Hersteller Johnson und Johnson, bei dem man nur eine Impfung braucht. Das Problem, das Jan von Lackum den Kopf schütteln lässt: "Die bestehende Software des Freistaates kann den Impfstoff nicht verarbeiten".

Probleme bei der Impfstofflieferung "zermürben die Mitarbeiter"

Nun versucht man andere Wege zu gehen, schreibt zum Beispiel Schulen direkt an, um Lehrern über 60 Jahren ein Impfangebot mit Johnson und Johnson zu machen. Man habe seit Monaten mit Problemen bei der Impfstoffbeschaffung zu kämpfen, so von Lackum: "Es zermürbt die Mitarbeiter. Wir wären viel weiter, wenn wir schlicht mehr Impfstoff hätten."

Matthias Gehrig, kommissarischer Leiter des Schweinfurter Gesundheitsamtes, gab im Stadtrat Auskunft über die aktuelle Corona-Situation in Schweinfurt.
Foto: Anand Anders | Matthias Gehrig, kommissarischer Leiter des Schweinfurter Gesundheitsamtes, gab im Stadtrat Auskunft über die aktuelle Corona-Situation in Schweinfurt.

Bezüglich der Corona-Infektionen in der Stadt erklärte von Lackum, nach wie vor "gibt es keinen Infektionsherd, es ist diffus". Er betonte wie auch Oberbürgermeister Sebastian Remelé, die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt sei sehr gut, "es wird hier gute Arbeit geleistet." Von Lackum betonte auch, das Ordnungsamt kontrolliere gezielt und intensiv, was man auch an den Ordnungswidrigkeitsverfahren sehe: Davon gab es seit der Corona-Pandemie gut 2300 nur wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen, in einem normalen Jahr sind es rund 550.

Der kommissarische Leiter des Gesundheitsamtes, Matthias Gehrig, bemühte sich sichtlich, ausführlich alle Fragen zu beantworten. Er betonte, es gebe keinen klassischen Hot Spot wie zum Beispiel ein Seniorenheim oder eine Schule, aus der viele Infektionen auf einmal hervorgingen. Es seien alle Stadtteile betroffen. Was man aber sehe, sei ein Schwerpunkt von Infektionen in Mehrfamilienwohnhäusern.

Die Ermittlung von Kontaktpersonen eines Infizierten habe das Gesundheitsamt immer sicherstellen können, so Gehrig. Gleichwohl gebe es auch Fälle, bei denen Infizierte bewusst nicht alle Kontakte preisgeben, da sie ihrem Umfeld die notwendige Quarantäne nicht zumuten wollten. Dem Amt seien da die Hände gebunden, "wir sind auf die Aussagen der Menschen angewiesen."

Gehrig schilderte ausführlich, wie es zu den Software-Pannen und zu niedrig gemeldeten Fallzahlen kam und was das Gesundheitsamt dann tat, um die Probleme zu beheben. Klar ist, dass die Inzidenz nie zu hoch, sondern zu niedrig angegeben war, weswegen sich ohnehin keine Erleichterungen für die Bürger ergeben hätten. Beim Thema Software gilt aber das Gleiche wie beim Thema Impfen, auch wenn Gehrig das nicht so explizit kritisierte wie von Lackum: Versprechungen des bayerischen Gesundheitsministeriums wurden nicht eingelöst.

Deutliche Kritik an der Bundespolitik und Forderung nach mehr Aktivität der Stadt

Sinan Öztürk (Linke) brachte das innerliche Kopfschütteln vieler Stadträte auf den Punkt: "Das ist Dilettantismus der Politik." Er erwarte sich aber nun auch entsprechend deutliche Forderungen der Stadt an die bayerische Politik, was auch SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann so sieht, der mehr Transparenz und vor allem eine proaktive Anti-Corona-Politik der Stadt forderte. Es gebe sicher andere Städte mit ähnlichen Problemen, von denen man lernen könne.

Dass nicht alles rund läuft im Gesundheitsamt, gestand Matthias Gehrig zu, und es war auch einigen Beispielen insbesondere der CSU-Stadträte Florian Dittert, Maurice Breitkopf und Oliver Schulte zu entnehmen. "Die Glaubwürdigkeit der Verwaltung ist immens gesunken", konstatierte CSU-Rat Rüdiger Köhler, man müsse dringend an der Kommunikation und den Arbeitsabläufen arbeiten.

 
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  • polizeiauto
    In Haßfurt werden in Quarantäne befindliche Personen zweimal am Tag vom Gesundheitsamt angerufen. In Schweinfurt nicht. Dies habe ich von mehrere Quellen erfahren. Haßfurt hatte Deutschlands höchste Inzidenzwerte und wo steht Hassfurt jetzt? Meines Erachtens müsste die Bundeswehr hier mit Personal unterstützen.
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  • peter.bohn@t-online.de
    Die Fehler von Bund und Ländern sind hinreichend bekannt. Das erklärt aber nicht die Sonderstellung Schweinfurts bei der Inzidenz. Also zunächst einmal auf die unbestrittenen Fehler der anderen verweisen. Wir sind bundesweit heure die Nummer zwei. Weiter so, dann können wir noch lange verwaiste Geschäfte und leere Gaststätten genießen, Distanzunterricht schont das Mobiliar in den Schule und schon Winston Churchill sagte „no Sports“. Das Theater ist sowieso geschlossen und die sonstigen Kulturschaffenden werden es irgendwie schon schaffen. Heißen schließlich „Schaffende“!
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  • Walger14591609
    Wir werden von Schönwetterpolitikern regiert. Wenn's dann mal garstig wird, dilettiert man munter drauf los, duckt sich weg, entwickelt ungeahnte Fantasie und Kreativität, anderen die Schuld zu geben und schaut mit sicherer hoher Rente im Rücken seinem angeblich so hochgeschätzten Volk dabei zu, wie es buchstäblich vor die Hunde geht. Nebenbei macht man noch das ein oder andere Villen- oder Maskengeschäftsschnäppchen. Man gönnt sich ja sonst nix.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Zitat: ...und allzu oft wurde klar, dass der Kommune oftmals auch die Hände gebunden sind, weil man von Entscheidungen des Bundes oder des Freistaates abhängig ist."

    Dazu wenige Worte: Das Gesundheitsminsiterium in Berlin wird von der CDU geführt, das Gesundheitsministerium in Bayern von der CSU. Im Bezug auf Bayern darf man aber getrost davon ausgehen, dass hier nur einer bestimmt und die Richtung vorgibt. Das ist nicht der Gesundheitsminsiter sondern Herr Söder.

    Im September ist Wahl, selbst wenn das Ruder noch herumgerissen werden kann ist das Vertrauen weg. Schade um die vielen Stimmen die ich dieser Partei einst anvertraut hatte.
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  • seifertfrank@me.com
    Mein Corona Fall war nach 14 Tagen noch nicht bearbeitet. Ich weiß auch von zahlreichen Infektionen, in denen die Betroffenen erst nach 10-14 Tagen kontaktiert wurden seitens des Gesundheitsamtes. Ist aber leichter sich mit diffusem Infektionsgeschehen rauszureden, sonst müsste man ja Fehler zugeben.
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  • Warum können eigentlich nicht die 3200 Dosen Johnson&Johnson durch die 6 mobilen Teams des Impfzentrums bei der Hausärzten vor Ort nach deren Listen verimpft werden? So könnte man die zusätzlichen Dosen schnell unter die Prio 1-3 bringen.
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