Bewässerung ist in Unterfranken ein viel diskutiertes und umstrittenes Thema. Agrarwissenschaftler Prof. Karl Auerswald hält vom Bewässern wenig. Im Gegenteil. Der Bodenexperte aus München sagt: "Franken ist nicht zu trocken!"
Auerswald beschäftigt sich intensiv mit allen Facetten von Wasser in der Landschaft. Bis zu seinem Ruhestand lehrte er an der TU München, heute ist er als Bodenforscher für die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft tätig und hat an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf einen Lehrauftrag zum Thema Klimawandel-Management.
Jetzt kommt Auerswald zu zwei Veranstaltungen nach Unterfranken. Vorab erklärt er im Interview, warum Bewässerung den Landwirten mehr schaden als nutzen kann.
Karl Auerswald: Franken ist nicht zu trocken! Wir haben nur flächendeckend die Grundwasserneubildung beseitigt. Das ist unser Problem. In Franken regnet es im langjährigen Mittel ungefähr 600 Millimeter pro Jahr. Nehmen wir an: 500 Millimeter verdunsten. Dann bleiben noch 100 Millimeter übrig. Ergo ist genug Wasser da, um auch längere Trockenphasen zu überstehen - vorausgesetzt, wir würden das Wasser speichern. Der größte und effizienteste Speicher, den wir haben, ist der Boden. Das Wasser muss also in den Boden. Doch das passiert nicht mehr.
Auerswald: Wir versiegeln zu viel. Etwa fünf Prozent der Landesfläche in Bayern sind komplett versiegelt. Da kann kein Wasser mehr versickern. Umgerechnet kommen auf jeden von uns in Bayern 270 Quadratmeter völlig zerstörten Bodens. Boden, der kein Wasser mehr aufnehmen kann. Versiegelte Flächen heizen sich zudem auf, wenn die Sonne darauf scheint. Dadurch verdunsten die Flächen daneben noch mehr Wasser. So geraten auch gute Böden, die viel Wasser speichern können, unter Stress. Sie kompensieren die fehlende Verdunstung der versiegelten Flächen und trocknen dadurch schneller aus.
Auerswald: Ja und nein. Die Ackerböden haben wir zwar nicht versiegelt, aber vielfach verdichtet. Wir fahren dort mit ungeheuer schweren Maschinen. Sie sind so schwer, dass sie nicht auf Autobahnen zugelassen sind. Autobahnen werden enorm stabil gebaut, aber sie sind nicht in der Lage, unsere landwirtschaftlichen Maschinen zu tragen, ohne kaputtzugehen. Doch über den Boden, den wir als Wasserspeicher brauchen, fahren wir! Ab einer Radlast von fünf Tonnen kann man eine Verdichtung des Unterbodens nicht mehr verhindern. Dieses Gewicht hatten wir beim Mähdrescher im Jahr 1990 erreicht.
Auerswald: Bis 1990 sind die landwirtschaftlichen Erträge jedes Jahr gestiegen. Seitdem nicht mehr - obwohl sich die Züchtungen verbessert haben, obwohl Düngung und Anbaumethoden effizienter geworden sind. Guter Boden kann mehrere Monate Trockenheit puffern. Dazu muss die Pflanze aber den Boden durchwurzeln. Wenn er verdichtet ist, wachsen die Wurzeln zu langsam nach unten. Deshalb nehmen die Pflanzen in Trockenphasen so viel Wasser aus dem Oberboden, wie sie kriegen können, und der Boden trocknet oberflächlich extrem aus. Dann läuft der Bauer über seinen Acker, zeigt, wie staubtrocken sein Boden ist und sagt: Schaut her, es hat zu wenig geregnet!
Auerswald: Das kommt darauf an. Wenn der Boden verdichtet ist, nützt die beste Bewässerung nichts - oder sie verursacht sogar noch einen Schaden.
Auerswald: Wenn es viel regnet, staut sich das Wasser im Oberboden, wenn darunter alles verdichtet ist. Die Wurzeln der Pflanzen bekommen keine Luft mehr und sterben. Weil wir aber nie wissen, ob es in 14 Tagen regnet und wenn ja, wie viel, ist Bewässerung eine sehr heikle Sache. Wenn es regnet, nachdem ich bewässert habe, kann mein Ertragsausfall also höher ausfallen, als wenn ich gar nicht bewässert hätte.
Auerswald: Ja. Denn künftig werden die Trockenphasen ebenso wie die Zeiten, in denen es regnet, immer länger. Wir brauchen mehr denn je unseren Boden als Puffer und Wasserspeicher. Aber die Böden haben wir versiegelt und verdichtet - und wir entwässern zu viel.
Auerswald: Ja. Früher gab es in der Landschaft feuchte Senken, in denen Wasser stand, das allmählich verdunstet ist. Das hat die Luftfeuchtigkeit vor Ort erhöht und die Temperatur abgekühlt. Heute haben wir unsere Kulturlandschaft vollständig drainiert. Wenn irgendwo Wasser steht, wird es sofort weggeleitet, bevor "ein Schaden" entsteht. Das größte Problem sind die Straßen.
Auerswald: Alle Straßen, so steht es in der Bauleitplanung, müssen einen Seitengraben haben. Sie werden so gebaut, dass sie das Wasser möglichst schnell und effizient wegleiten. Im schlimmsten Fall überfluten wir bei Starkregen schnell und effizient die nächste Ortschaft. Danach fließt das Wasser über die Flüsse ins Meer. Wir leiten das ganze Wasser weg und wundern uns, dass wir zu wenig haben!
Auerswald: Wir könnten viel tun. Erstens: Dass Garagen kein Gründach haben, ist für mich unerträglich! Ein Gründach speichert Wasser, kühlt und hält die Luftfeuchtigkeit hoch. Zweitens: Wir sollten Zisternen bauen. Drittens: Schwere landwirtschaftliche Maschinen sind meist nicht nötig - als ob ich mit einem SUV zum Bäcker fahren würde. Viertens: Maisfelder sollten mit Mulch bedeckt werden. Fünftens: Wir müssen Hecken pflanzen. Eine Hecke bremst den Wind und verhindert das Austrocknen der Böden drumherum. Eine Hecke spart so 100 Liter Wasser pro Quadratmeter über eine Distanz, die etwa dem 25-Fachen der Hecke entspricht. Statt einer Bewässerungsinfrastruktur könnte ich also auch Hecken errichten.
Aber waren es nicht eben auch jene "Professoren", die den Landwirten weis gemacht haben, dass man sein Feld nicht mehr mit Mist düngen und auf das Pflügen verzichten sollte?
Ja, die Landwirte kommen in dem Bericht schlecht weg - Absicht?
Es sind doch vielmehr die politischen Heuchler, die sich gegen den"Flächenfraß" stellen wollen, aber nichts gegen die alltägliche Massenversiegelung, auch die Freiflächen-Photovoltaik gehört dazu, unternehmen.
Es sind die kommunalen Entscheidungsträger, die weiterhin den Luxus "Einfamilienhaus" vorantreiben anstatt Flächen schonend in die Höhe zu bauen.
Oder nehmen wir den bestens bekannten Ausbau der A 3 - einer Autobahn, die überwiegend von von unseren nord- und westeuropäischen Nachbarn genutzt wird, um kostengünstig nach Südeuropa zu gelangen.
Fortschritt und Entwicklung ja, aber ohne Flächenfraß.
Dies habe ich nicht gemacht. Ich will hier nur eines sagen,
auch ohne schwere Landtechnik trocknet der Boden aus in Sommern wie sie es leider die letzten Jahre gegeben hat mit quasi 0 Niederschlag bei hochsommerlichen Temperaturen.
Dann trocknen auch "umbefahrene" Rasen - und bedeckte nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen aus. Hier muss man einfach sagen liegt es am fehlenden Niederschlag, nicht an "Fehlern" der Bewirtschaftung der Flächen. Es gibt auch landwirtschaftliche Flächen die nicht von "Monster-Spielzeug" Maschinen befahren werden, diese Böden trocknen auch vollends aus.
Die Sache mit der Heckenpflanzung ist soweit ja sinnvoll wie von Hr. Auerswald erklärt ,
aber eine Heckenbepflanzung macht aber aus einen Sommer faktisch "ohne" Niederschlag für Wochen/Monate keinen Sommer mit25 - 30 Grad und mit allen 10-14 Tagen Regenfällen. So realistisch muss man sein.
In der Landmaschinenindustrie wird schon länger über leichtere und autonom fahrende Maschinen nachgedacht. Möglicherweise sieht das (vereinzelt) der ein oder andere Landwirt aber als Angriff auf die Monstergeräte an, die er doch so gerne auch als Spielgerät nutzt.
Die Vorträge in Schweinfurt und Unterpleichfeld richten sich nicht nur an die Landwirtschaft. Menschen, die im Forstbereich oder in entsprechenden Ämtern arbeiten sollten sich den Vortrag ebenso anhören, wie Entscheidungsträger auf kommunaler Ebene oder aus der Wirtschaft.
GANZ WICHTIG:
Bei dem Vortrag geht es nicht um Schuldzuweisungen sondern um das, was man aus den in der Vergangenheit begangenen Fehlern lernt und in Zukunft besser machen kann!
Deshalb hingehen und mal genau zuhören. Dann bleibt auch der Aha-Effekt nicht aus. Die Vorträge sind selbstverständlich für ALLE Grundstückseigentümer relevant, egal ob privat oder gewerblich.
Was für ein Unsinn.
Fahren Sie doch mal mit einem Rübenvollernter, der Tempo 25 schafft, auf die Autobahn.
Oder fahren Sie mal mit einem 40-Tonnen-Sattelzug (den eine Autobahn sehr gut aushält) in einen Acker.
Sie sehen, es hat Gründe warum man das eine oder andere nicht macht.
Auf dem Acker geht es nicht um Radlasten, es geht einzig um Gewicht/Fläche.
"Wie die Forscher laut der Nachrichtenagentur SDA festhalten, zeigen langfristige Feldstudien, dass die Verdichtung des Unterbodens nur schwer rückgängig zu machen sei und die Bodenfunktion über Jahre bis Jahrzehnte beeinträchtigen könne. Gemäß dem Bericht sei der anhaltende Trend zu immer schwereren Landwirtschaftsmaschinen nicht nachhaltig. Es sei wichtig, bei künftigen Konstruktionen die kritischen Belastungen des Unterbodens mit zu berücksichtigen". Quelle: www.agrartechnik.ch/zeitschrift/schweizer-landtechnik/newsticker/artikel/schwere-landmaschinen-gefaehrden-unterboden/
Allerdings soll es auch landwirtschaftlich Tätige geben, die beim Begriff "Monstertraktor" in emotionale Ausnahmezustände verfallen.
Es ist ja völlig klar, daß die verdichteten Nutzflächen mit gesundem Ackerboden nicht mehr viel gemeinsam haben.
Man sollte endlich auch zur Kenntnis nehmen, daß die großflächigen "Flurbereinigungen" der letzten Jahrzehnte unterm Strich mehr Schaden angerichtet als Nutzen gebracht haben.
Viel zu einseitig wurde da die Ökologie der Wirtschaftlichkeit geopfert.
Straßengräben sind zwar für den Straßenverkehr sinnvoll, aber diese Gräben ins Flusssystem, in unserer Gegend also letztlich in die Nordsee, zu entwässern, das ist doch eher dumm.
Solche Gräben sollten in Versickerungsflächen münden, nicht im nächsten Bach.
Wo gibts denn noch ausreichend Feuchtwiesen oder gar Moore, die wurden doch bis jetzt immer für unwirtschaftlich gehalten.
Umdenken ist echt nötig !
Es tut gut, dass uns "Agrarexperten" wie Sie in schönster zeitlicher Abfolge in den Rücken zu fallen wissen. Sie erlösen uns sodann aus unserer Schockstarre, damit in unseren Ställen, auf unseren Äckern, überhaupt etwas läuft.
Ein sonntägliches "Vergelt's Gott" an dieser Stelle!!!
(Ironie off)
Ich möchte Ihnen auf ihre Frage im ersten Satz gerne mit einer Gegenfrage antworten:
Wie wärs mit selber Denken?
Soll ich jetzt auch noch den hochbezahlten Bauernfunktionären die Denkarbeit erledigen?
Nein, ist nicht mein Job !
Vertrauen Sie ruhig weiter auf gewisse Parteien sowie auf Ihre Lobbyisten, aber wundern Sie sich nicht, wenns weiterhin den Bach runtergeht mit der obrigkeitshörigen Landwirtschaft!
Mit einem freundlichen Sonntagsgruß, aber Gott ist an dieser Stelle wohl nicht schuldig,
die Zustände sind durchwegs menschengemacht .
Ich finde das arrogant.
dann sollten Sie sich doch einfach mal die Regeln zur Kommentarfunktion und Nettiquette durchlesen!
Arrogant finde ich etwa die Aussage, daß 'ich Agrarexperte den Landwirten in den Rücken fallen' würde.
Das ist schon kein besonders sachliches Argument. Ich nehme sowas halt zur Kenntnis.
Mehr nicht !
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LG
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