Nationalpark – ja oder nein? Seit Jahren gibt es einen heftigen Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern um diese Frage. Im Vorfeld der Landtagswahl im Herbst in Bayern haben die Naturschutzverbände eine neue Nationalpark-Kampagne gestartet. Die Gegenseite antwortet. Ein Gespräch mit Uta Müller und Andreas Knorr vom Verein "Unser Steigerwald e.V.".
Andreas Knorr: Das sehe ich nicht so. Die Naturschutzverbände müssen natürlich Propaganda machen und in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, als wäre alles soweit vorentschieden. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil: Gerade einmal 27 Prozent der Betroffenen in der Region Steigerwald sind für einen Nationalpark. Das ergab eine Befragung der Forschungswerk GmbH Nürnberg. Und gerade die aktuelle Diskussion um den Klimawandel richtet sich gegen einen Nationalpark.
Knorr: Das ist ganz einfach: Solange der Baum wächst, bindet er CO2. Wenn er aber das Optimum an Zuwachs erreicht hat, speichert er immer wenigerCO2. Irgendwann stirbt der Baum ab, verfault und gibt das gespeicherte CO2 wieder ab. Wird der Baum aber geerntet, wenn er seinen höchsten Zuwachs erreicht hat, und das Holz für Möbel, Fußböden, Dachstühle oder Holzbauten verwendet, bleibt dieses CO2 oft noch über Jahrhunderte gebunden. Und wenn es dann nach einer langen Nutzung noch für die Wärmegewinnung verbrannt wird, ersetzt es die klimaschädlichen fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas. Das ist der Vorteil, wenn ich den Rohstoff unserer Wälder in den Wirtschaftskreislauf einbinde und nicht, wie in einem Nationalpark, verfaulen lasse.
Uta Müller: In einem nachhaltig bewirtschafteten Wald – und das ist der Steigerwald – wachsen außerdem immer wieder junge Bäume und damit neue CO2-Speicher nach. Waldwirtschaft heißt ja nicht nur, Holz für unseren täglichen Bedarf zu entnehmen, sondern den Bäumen ideale Wachstumsbedingungen zu verschaffen.
Müller: Nein. Es wird immer der Eindruck vermittelt, dass die alten Buchen geschlagen werden, falls kein Nationalpark kommt. Das ist natürlich nicht der Fall. Richtig ist, dass im Steigerwald gar nicht so viele alte Buchen stehen; denn im Durchschnitt sind die Buchen nur 100 Jahre alt.
Knorr: Ab 80 Zentimeter Durchmesser darf keine Buche gefällt werden. Das hat sich der Forstbetrieb Ebrach selbst auferlegt. Selbst die Bund-Naturschutz-Kreisgruppe Bamberg hat in einem Schreiben 2014 an die Regierung von Oberfranken eingestanden, dass es im ganzen Forstbetrieb Ebrach nur noch 20 bis 25 Hektar solcher Altbuchenwälder mit einem Alter über 200 bzw. 250 Jahre gibt. Diese sind aber längst in Naturwaldreservaten geschützt. Leider wird die Öffentlichkeit seit Jahren in Werbekampagnen mit Slogans wie "Rettet die uralten Buchenwälder im Steigerwald, schützt sie vor der Säge" gezielt falsch informiert.
Knorr: Die klimatische Situation wird dazu führen, dass die Buchenwälder wesentlich früher zum Absterben kommen als wir es uns wünschen. Wir haben eine Zunahme von starken Stürmen und Hitzeperioden. Das heißt, die Buche kann vom Wind geworfen oder verdürrt sein, noch bevor sie ein hohes Alter erreicht. Das gilt leider auch für die hunderttausenden von Biotopbäumen und die hunderten von Trittsteinen, die eigentlich eines natürlichen Todes sterben sollten. Die aktuellen Ausfälle vor allem der älteren Buchen im Steigerwald, wie in anderen Buchenwaldregionen Deutschlands auch, sind der lebende Beweis. Die Buche braucht ein kühl-feuchtes Klima; dies werden wir in Zukunft innerhalb Europas nur noch im skandinavischen Raum finden. Das Argument, Deutschland habe eine besondere Verantwortung für die Buchenwälder, erledigt sich damit von selbst. Im Steigerwald hat die Buche nur noch auf den optimalen Standorten eine Chance. Eichen-Hainbuchenwälder werden klimawandelbedingt den Steigerwald prägen.
Müller: Dass von der Forstwirtschaft schon seit Jahren eine Menge geschützt wird, wird häufig unterschlagen. Allein im Forstbetrieb Ebrach sind mehr als zehn Prozent der Waldfläche nutzungsfrei.
Knorr: Dieser gute ökologische Zustand ist das Ergebnis einer umsichtigen Waldbewirtschaftung, nicht einer Stilllegung. Das Ebracher Trittsteinkonzept hat nachweislich bereits in kurzer Zeit zu einer flächendeckenden Verbesserung der Artenausstattung geführt und gilt europaweit als vorbildlich. Selbst das Bundesumweltministerium hat den Steigerwald unlängst unter die Top Ten der regenerierten Waldökosysteme eingeordnet. Hier wird in den Waldgebieten bereits seit vielen Jahren nach dem Prinzip "schützen und nutzen" gehandelt. Dabei werden alle Seiten bedacht: Holz für die Menschen, aber auch viel Totholz und Biotopbäume für die Arten. Das ist das Besondere an diesem Zukunftsprojekt.
Knorr: Mitnichten. Das ist ein hochgradiges Naturschutzkonzept, in dem der Naturschutz in die Waldwirtschaft integriert wird.
Müller: Das Trittsteinkonzept ist eine intelligente Kombination von hunderttausenden Biotopbäumen, hohen Mengen an Totholz, nicht genutzten Naturwaldreservaten und den besagten Trittsteinen, Gruppen von zehn bis 20 alten Bäumen, die über den gesamten Wald verteilt sind. Den Arten wird damit ermöglicht, von einem Trittstein den Weg zum anderen zu gehen, um sich wieder anzusiedeln und zu vermehren. Das Entscheidende dabei ist, dass es nicht eine große Schutzfläche gibt, sondern viele kleinere und zwischen diesen Elementen normale Forstwirtschaft betrieben wird.
Knorr: Das ist eine politische Entscheidung. Hier bedarf es noch einer besseren Aufklärung für die Entscheidungsträger und einer Antwort auf die Frage, woher der hochwertige Rohstoff kommen soll, nachdem wir bereits jetzt ein Holzimportland sind. Vielleicht braucht man das Trittsteinkonzept nicht überall in dieser Intensität. Das werden die Forschungsergebnisse zeigen. Wir stehen ja noch ganz am Anfang.
Knorr: Ja, es ist das bessere Konzept. Es verhindert eine Baumartenverarmung, indem die Verdrängung der Zukunftsbaumart Eiche durch die zur Monokultur neigende Buche unterbunden wird. Es erlaubt einen gezielten Waldumbau mit klimatoleranten Baumarten und eine Stabilisierung der Bestände durch gezielte Eingriffe. Und es stellt den Rohstoff Holz nachhaltig zur Verfügung. All das kann ein Nationalpark nicht.
Müller: In und um den Steigerwald haben wir ungefähr 60 holzverarbeitende Betriebe. Das ist die höchste Dichte in ganz Deutschland. Die meisten beziehen ihr Holz aus dem Steigerwald. Das nennt sich "Holz der kurzen Wege" und ist klimafreundlicher, als wenn das Holz aus weiter entfernten Regionen oder sogar aus dem Ausland hierher transportiert werden muss. Hinzu kommt, dass im Ausland die Wälder meist nicht so nachhaltig bewirtschaftet und geschützt sind wie bei uns in Deutschland.
Müller: Das klingt zwar wenig, aber es gibt ja noch die geschützten Randzonen und darüber hinaus die unglaublich vielen Naturwaldflächen oder Naturwaldreservate, die sowieso schon aus der Nutzung genommen sind. Entscheidend ist aber die Situation vor Ort. Und hier haben wir jetzt schon extreme Probleme, ausreichend Laubholz zu bekommen. Auch die Forderung namhafter Klimaforscher, die Holzverwendung zu steigern, widerspricht weiteren Wald-Nationalparkausweisungen.
Knorr: 60 Prozent des im Steigerwald geschlagenen Stammholzes bleibt in der Region, die restlichen 40 Prozent gehen in den nordbayerischen Raum. Da hängt die Existenz von 60 Betrieben dran. Das sind Mittelständer, die nur konkurrenzfähig bleiben, weil sie die kurzen Wege haben. Auch das Thema Brennholz darf man nicht unterschätzen. Hier sind über 2300 Brennholzkunden registriert. Die können jetzt schon nicht voll bedient werden, weil wegen des Naturschutzes 20.000 Raummeter Holz jedes Jahr im Wald liegenbleiben müssen.
Knorr: In den bereits bestehenden fünf Buchen-Nationalparken in Deutschland kann man Forschung genug betreiben, einen sechsten brauchen wir nicht. Darüber hinaus gibt es in Bayern über 160 Naturwaldreservate, die der Forschung und Bildung dienen. 45 davon sind von der Buche dominiert und decken alle Standortsituationen Bayerns ab. Wer sich weiterbilden will, muss nicht von Südbayern in den Steigerwald fahren, um sich ein unbeeinflusstes Ökosystem anzuschauen. Und für die Erholung brauche ich keinen Nationalpark.
Wegen ihrer Anziehungskraft für Touristen tragen Nationalparke aber auch zur ökonomischen Wertschöpfung bei. Zählt dieser positive Effekt auf die regionale Wirtschaft nicht?
Müller: Wir führen in vierter Generation ein Sägewerk und sind standortgebunden. Mein Mann wird nicht vom Sägewerksfachmann zum Ranger. Nicht jeden Betrieb kann man ummünzen. In der Regel sind das alles Familienbetriebe, die über Generationen gewachsen sind.
Knorr: Dieses Tourismusmärchen dient als Ablenkungsmanöver, um einen Nationalpark durchzusetzen. Es ist nicht der Wald, sondern es sind die zusätzlich geschaffenen Einrichtungen wie Baumwipfelpfade, Wildschaugehege oder Museen, die die Leute anlocken. Ein Nationalpark hat keine nachhaltige Wirkung auf den Tourismus. Das zeigen Erhebungen des Bundesamts für Naturschutz aus dem Jahr 2012. Danach gab es in allen älteren Nationalparken einen massiven Rückgang an Übernachtungen und Marktanteilsverluste.
Müller: Für uns ist es wichtig, dass er nicht kommen wird.
Knorr: Der Nationalpark Steigerwald ist so überflüssig wie ein Kropf.
Dann hat der Städter ein sauberes Gewissen, macht schließlich Spaß den Anderen vorzuschreiben , wie es besser geht, wenn man nicht selbst davon betroffen ist.
Endlich werden auch die Vorteile des Naturparks mit Trittsteinkonzept dargestellt.
Ebenso gilt mein Dank Frau Müller und Herrn Dr. Knorr.
Ich hoffe, dass die Gegner des Trittsteinkonzept sich endlich einmal damit beschäftigten.
Nationalparke gibt es über 4.000 auf der Welt.
Aber das Trittsteinkonzept gibt es weltweit nur einmal und wie Frau Spiegel andeutet sollte man es in ganz Deutschland einführen.
Ich höre und lese jetzt schon die Berichte:
Schlagzeile
Es geht auch anders!
In Bayern haben sich die Umweltverbände und Waldnutzer zusammengetan und unterstützen das einzigartige Trittsteinkonzept in der Steigerwaldregion.
Hier bringt man unter den Schlagwort "Schützen und Nutzen" alle Anforderungen die an einem Wald gestellt werden unter einem Hut!
Letztendlich sollten die guten Argument überzeugen.
Nochmals vielen Dank für diesen Bericht.