Seit 15 Jahren gilt der Hohe Buchene Wald als Kandidat für einen dritten Nationalpark in Bayern. Und ebenso lange ist er bitter umkämpft. Auf der einen Seite die Landwirte und Waldbesitzer, die um ihre Existenz fürchten. Auf der anderen Seite die Naturschutzverbände, die die letzten Bestände naturnaher Buchenmischwälder in Bayern bewahren wollen. Die Laubwälder des nördlichen Steigerwalds sind auf über 11.000 Hektar überwiegend in einem ökologisch hochwertigen Zustand. Dies bestätigt ein Gutachten des Bundesamtes für Naturschutz. Außerdem sind die Wälder ausschließlich im Staatsbesitz und weitgehend unzerschnitten – beste Voraussetzungen also für einen Nationalpark.
Ralf Straußberger: Nationalparke waren und sind immer ein streitbares Thema, weil etwas unter Schutz gestellt wird und sich Landnutzer damit einfach schwer tun. Beim Kellerwald in Nordhessen, auch ein einzigartiger Buchenwald wie der Steigerwald, hat man 18 Jahre lang gestritten, bis er zum Nationalpark erklärt wurde.
Straußberger: Im Steigerwald sind die Menschen ja gar nicht gegen einen Nationalpark. Es gibt mehrere repräsentative Umfragen, die belegen, dass die Bevölkerung im Steigerwald einen Nationalpark immer stärker unterstützt. Die letzten Befragungen 2021 ergaben 75 Prozent Zustimmung. Auch bayernweit spricht sich eine klare Mehrheit für einen weiteren Nationalpark in Bayern aus.
Straußberger: Der Nationalpark wird kommen, die Frage ist nur wann. Ein Grund, warum es so lange dauert, ist, dass sich vor Ort einige Kommunalpolitiker und Bürgermeister dem Druck der Gegner gebeugt und schon früh gegen einen Nationalpark ausgesprochen haben. Von dieser Vorfestlegung rücken sie bislang nicht ab, obwohl alle Befürchtungen und Ängste schon lange widerlegt sind.
Straußberger: Zum Beispiel dass Grundbesitzer enteignet werden, Landwirte in ihrer Existenz bedroht sind und Menschen den Wald nicht mehr betreten dürfen. Das stimmt aber alles nicht. Erstens wird kein Quadratmeter Privatwald angetastet, beim Nationalpark Steigerwald geht es um 100 Prozent Staatswald. Und zweitens wird es keine Betretungsbeschränkungen geben. Der BUND Naturschutz will ein freies Betretungsrecht.
Straußberger: Am besten müssten es doch die wissen, die in und mit einem Nationalpark leben. Wir haben deshalb vielfach diese "Betroffenen" besucht, befragt und zu uns in den Steigerwald eingeladen. Die Aussagen von Kommunalpolitikern sind hier eindeutig: Sie unterstützen den Nationalpark und sind froh, dass sie ihn haben. Die Gastronomie, der Einzelhandel, der ÖPNV und die Beherbergungsbetriebe profitieren enorm. Es gibt auch viele Studien, die positive wirtschaftliche Effekte durch einen Nationalpark belegen. Für uns als Naturschützer ist neben der Regionalentwicklung besonders aber wichtig, dass ein Nationalpark flächig Waldnatur schützt. Das ist essenziell für Arten, die höhere Ansprüche an den Lebensraum Wald stellen. Zum Beispiel der Grau-, Mittel- oder Weißrückenspecht, der viele Höhlenbäume und Totholz braucht. Es geht vor allem aber um die Sicherung der natürlichen Waldentwicklung. Das heißt, die Waldökosysteme sollen sich frei entfalten können, ohne dass ständig Bäume gefällt und die Waldböden im 30-Meter-Abstand mit tonnenschweren Maschinen befahren werden. Diese freie Entfaltung ist auch zwingende Voraussetzung für eine Anpassung an den aktuellen Klimawandel.
Straußberger: Was der Forstbetrieb auf den Weg gebracht hat, ist ein Wirtschaftskonzept. Es soll nicht die dicken Buchen schützen, sondern deren Fällung weiterhin sichern. Denn geschützt werden nur wenige Prozent der Waldfläche und auch fast nur in Kleinstflächen. Solche Konzepte gibt es schon länger. Sie sind aber da vor allem sinnvoll, wo es kleinere naturnahe Waldbereiche inmitten größerer Nadelwälder gibt, die man mit sogenannten Trittsteinen verbinden will. Oder wenn es um den Schutz kleiner ökologisch besonders wertvoller Laubwaldparzellen geht. Das alles trifft auf den Steigerwald nicht zu. Hier wurde das Trittsteinkonzept entwickelt, um einen Nationalpark zu verhindern. Das erkennt man schon daran, dass es in den meisten anderen Forstbetrieben nur in ganz geringem Umfang umgesetzt wurde. Aber dort wird ja auch kein Nationalpark diskutiert. Wir erkennen durchaus an, dass es ein brauchbares bis gutes Konzept für den Wirtschaftsforst ist und daher auch in anderen Forstbetrieben umgesetzt werden sollte. Einen Nationalpark aber kann es nicht ersetzen.
Straußberger: Die Dicke steht fürs Alter. Von Natur aus können Buchen 3oo Jahre alt werden. Im Nationalpark dürfen sie das auf ganzer Fläche, im Wirtschaftsforst nicht. Dort werden sie fast alle in einem Alter gefällt, das nur einem Drittel ihrer Lebenserwartung entspricht. Das wäre so, als wenn die Menschen nur 25 bis 30 Jahre alt werden dürften. Im Nationalpark können Buchen 1,50 Meter dick werden. Im Ebracher Forst werden sie nur etwa halb so stark gefällt. Je älter aber ein Wald und je länger er nutzungsfrei ist, desto höher ist die Artenzahl. Wir brauchen deshalb einen Steigerwald-Nationalpark.
Straußberger: Natürlich wäre es für die Laubwaldarten gut, wenn viele Wälder nutzungsfrei würden. Der allergrößte Teil der Wälder in Bayern wird aber bewirtschaftet. Der BUND Naturschutz steht auch im Grundsatz zu einer Waldwirtschaft, wenn sie naturnah erfolgt. Aber jede Form der Waldwirtschaft hat auch Grenzen, weil sie die Biomasse Holz ja im Laufe eines Bestandslebens zum größten Teil entnimmt. In einem Nationalpark verbleibt dagegen das Holz im Wald. Bäume dürfen dick und alt werden und in Würde sterben. Bayern ist von Natur aus ein Land der Buchenwälder. Von der einstigen Pracht alter, mächtiger Buchenwälder sind aber nur wenige Reste erhalten. Einer dieser Naturschätze ist der Steigerwald. Hier bietet sich die einmalige Chance, die letzten Bestände als Nationalpark zu schützen. Aber bislang verweigert die Staatsregierung dem Steigerwald den notwendigen Schutz.
Straußberger: Für die privaten und gemeindlichen Wälder wird es überhaupt keine Einschränkungen geben, sie sind mit keinem Quadratmeter betroffen. Es geht ausschließlich um Waldflächen des Staatsforstes im nördlichen Steigerwald, und zwar um 11.000 von insgesamt 17.000 Hektar. Auf einem Drittel der bisherigen Forstbetriebsflächen wird es deshalb weiter Holznutzung geben können sowie in gewissem Umfang auch in den Management- und Pflegezonen.
Straußberger: Durch einen Nationalpark würde die Holznutzung im bisherigen Staatsforstbetrieb natürlich zurückgehen. Dafür muss ein Holzkonzept erstellt werden, um die Versorgung der lokalen Sägewerke und privaten Brennholzabnehmer sicherzustellen. Dies hat sich bei anderen Nationalparken sehr bewährt. Wir sehen einen Nationalpark grundsätzlich aber nicht als Einschränkung, sondern als notwendigen Teil der Forstwirtschaft. Heute ist es ja Konsens, dass es nicht mehr nur um die reine Holzbereitstellung geht, sondern dass die Forstwirtschaft wesentlich mehr Leistungen für die Gesellschaft bereitstellen muss. Ein Nationalpark kann viele dieser Gemeinwohlleistungen wie Klimaschutz, Hochwasserrückhalt oder Erholung gut oder besser bereitstellen. Und überhaupt: Wesentlich größere Einschränkungen erleidet die Forstwirtschaft aktuell durch das Waldsterben, das von der Klimakrise ausgelöst wurde.
Straußberger: Es gibt etliche Borkenkäfer, die zum Wald gehören. Große Probleme gibt es aktuell mit Borkenkäfern in Fichtenwäldern wie im Frankenwald. Beim Nationalpark Steigerwald geht es aber nicht um den Schutz von Nadelwäldern, sondern um Buchenwälder und andere Laubwälder. In Buchenwäldern gibt es keinen Borkenkäfer, der die Wälder flächig zum Absterben bringt. Fazit: Keine Gefahr!
Straußberger: Die Jagd in den Staatsforsten im Steigerwald erfolgt heute fast ausschließlich auf Rehe und Wildschweine. Wir setzen uns für eine Regulierung dieser beiden Schalenwildarten auch im Nationalpark ein. Wir wollen dadurch die natürliche Waldverjüngung sichern und Schäden durch Wildschweine in angrenzenden Flächen vermeiden.
Straußberger: Bei Naturschutzmaßnahmen in der Feldflur geht es immer um Pflegemaßnahmen. Ohne Mähen oder Ackern würden sich die Wiesen und Äcker zu Wald entwickeln. Wenn man im Wald dagegen nichts tut, entwickelt sich der Wald zu einem Naturwald, zum Urwald. Und das ist das herausragende Ziel im Naturschutz, dass auf einem Teil der Landesfläche wieder die ursprüngliche Waldnatur entstehen kann. Dafür braucht es keine Pflege, sondern man lässt Natur Natur sein. Ursprüngliche Schöpfung bewahren im eigentlichen Sinn. Weil diese Entwicklung viel Zeit und Raum braucht, hat sich seit über 150 Jahren das Instrument des Nationalparks bewährt. Weltweit gibt es etwa 4000.
Straußberger: Die Naturschutzverbände hoffen, dass die nächste Landesregierung den Nationalpark auf den Weg bringt. Auch die Bevölkerung will das. Gerade jetzt in der Klimakrise ist es wichtig, unsere Wälder nicht nur zu nutzen, sondern auch zu schützen. Der Steigerwald wäre ein Leuchtturmprojekt, das sich der künftige Ministerpräsident auf die Fahne schreiben könnte.
Interview: Naturschützer fordern einen Nationalpark im nördlichen Steigerwald, Jäger und Holzbauern kämpfen dagegen."
Da wird eine Gewissheit suggeriert, die in keinster Weise zutrifft. Die Unterüberschrift küsst auf eine ausgewogene Diskussion hoffen, man könnte meinen, verschiedene Meinungen kämen zu Wort. Oder gibt es einen zweiten Teil?
Könnte sich die @Mainpost dazu äußern?
Wenn, wie Sie behaupten 75% der Bevölkerung für einen Nationalpark sind, warum ist er denn noch nicht umgesetzt?
Weil Ihre Aussage eine Lüge ist!
Lieber Herr Dr. Straußberger in Sachen Trittsteinkonzept haben Sie aber eine einzige, eigene Meinung.
Alle namhaften Persönlichkeiten vom BUND Naturschutz, wie Ulla Reck, Edo Günter, Liebhard Löffler (alle Wohnhaft im Steigerwald) oder Prof. Dr. Hubert Weiger Ehrenvorsitzender befürworten es.
Im Übrigen Lügen Sie auch hier, denn das Trittsteinkonzept wurde im Steigerwald schon praktiziert bevor die Herren Denzler und Sperber den Gedanken an einem NP aufbrachten.
Also lieber Herr Dr. Straußberger, man sollte sich schon überlegen ob man mit Lügen und Halbwahrheiten versucht die Menschen zu manipulieren.
S. g. Frau Spiegel,
machen Sie sich doch einmal die Arbeit und prüfen Sie sämtliche Aussagen des Herrn Dr. Straußberger auf ihren Wahrheitsgehalt!
"Aktueller Beschluss des Landtages
Der Grundsatz „Schützen und Nutzen“ muss Grundlage einer zukunftsweisenden Waldbewirtschaftung mit den Schwerpunkten auf einen klimagerechten Umbau der Wälder und auf einer verstärkten Nutzung von Holz als Baustoff und Energieträger bleiben. Über das schon bestehende Netz an Stilllegungsflächen hinausgehende, großflächige Stilllegungen sind abzulehnen."
Das haben CSU UND FW am 06.12.2022 beschlossen.
Wie passt DAS zu diesen Vorschlägen ?!
M.E. gar Nicht !
In seiner Eigenschaft als Waldbesitzer betreibt er angeblich nur Kiefern und Fichten Monokultur Wälder ?!
Aber Anderen dann Vorschriften machen wollen ?!
Ich bin gespannt, wie die Anwohner vom Steigerwald das so sehen.
Die Zustimmung der Münchner für einen neuen NP reicht da definitiv nicht ?!
Ich kann mich noch sehr gut an die Kämpfe um den NP 3(Spessart) erinnern.
Soll das im Steigerwald auch wieder so kommen ?!
um an den Nationalpark Steigerwald zu glauben, solange die CSU was zu sagen hat. Das Dingen kommt frühestens wenn "die Schwarzen" abgewählt werden (hm) oder nix mehr steht, was besser geschützt worden wäre, wenn es noch hätte stehen sollen ("Dank" Pestiziden, Klimawandel und "Wirtschaft" mMn eher zu erwarten)... aber vielleicht bin ich ja auch bloß ein Pessimist, der sich selber für einen Realisten hält...