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Schweinfurt
Unglück am Hauptbahnhof Schweinfurt: Wieso der Fußgängersteg auf der Südseite zerstört ist
Stadtverwaltung berichtet von einem Unfall auf dem Container-Verladeterminal am Hauptbahnhof. Wird der Steg noch einmal repariert?
Luftbild des seit Jahren gesperrten Fußgängerstegs über die Bahngleise am Hauptbahnhof. Am Bildrand rechts neben dem Haus passierte vergangene Woche der Unfall, bei dem ein Container-Stapler den Steg am Treppenabgang massiv beschädigte.
Foto: Anand Anders | Luftbild des seit Jahren gesperrten Fußgängerstegs über die Bahngleise am Hauptbahnhof. Am Bildrand rechts neben dem Haus passierte vergangene Woche der Unfall, bei dem ein Container-Stapler den Steg am Treppenabgang ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 06.10.2024 02:33 Uhr

Den 20. September werden die Arbeiter im Container-Verladeterminal am Schweinfurter Hauptbahnhof so schnell nicht vergessen. Bei Verladearbeiten auf dem Gelände der Firma Translog stieß ein 48 Tonnen schwerer Container-Stapler gegen das Bauwerk des Fußgängerstegs über den Hauptbahnhof auf der Südseite direkt am Treppenabgang zur Ernst-Sachs-Straße. Menschen kamen zum Glück nicht zu Schaden, das Bauwerk aber ist nachhaltig zerstört. Das erklärte Tiefbauamtsleiter Christian Meckel kürzlich im Stadtrat.

Der Unfall war bisher in der Öffentlichkeit nicht bekannt, da er auch von der Polizei nicht gemeldet worden war. Vor Ort waren damals auch Kräfte der Schweinfurter Feuerwehr, Brückenbauingenieure, Mitarbeitende der Stadt sowie Vertreter der Deutschen Bahn.

Für die Öffentlichkeit ist der Fußgängersteg gleichwohl seit Jahren gesperrt, da er aufgrund verschiedener Schäden nicht mehr tragfähig genug ist. Früher wurde der Steg von mehreren hundert Personen am Tag genutzt, die mit dem Zug zur Arbeit pendelten und vom Hauptbahnhof aus über den Steg schnell in die Ernst-Sachs-Straße kamen, zum Werk Nord von ZF und zum Werk 2 von SKF.

Das Bild zeigt die Sicherung des Fußgängerstegs auf der Südseite des Hauptbahnhofs durch zwei Container.
Foto: Christian Meckel | Das Bild zeigt die Sicherung des Fußgängerstegs auf der Südseite des Hauptbahnhofs durch zwei Container.

Steg am Treppenauflager um gut drei Meter verschoben

Durch den Zusammenstoß mit dem Stapler wurde laut Christian Meckel der Steg am Treppenauflager zunächst um rund drei Meter verschoben. Deutlich zu sehen ist auf Bildern die s-förmige Verformung des Steges.

Als Sofortmaßnahme, so Meckel, wurden der Steg zum einen so weit wie möglich zurück in die Ausgangslage geschoben und zwei Übersee-Container als Stützen darunter gestellt. So ist zumindest die "Verkehrssicherheit wieder hergestellt", versicherte Meckel. Es wurden deutlich markierte Begrenzungen aus Beton auf der Straße unter dem Steg aufgestellt.

Christian Meckel erklärt, als nächster Schritt müssten die im Fußgängersteg vorhandenen Leitungen verlegt werden. Er hält das Stahlgebilde für "irreversibel geschädigt", insbesondere auf den 70 Metern des an dieser Stelle niedrigeren Teils des Übergangs, der nicht mehr über die elektrifizierten Gleise führt, sondern über den Bereich des Container-Terminals.

Der nächste Schritt ist nun, dass ein Gutachter der Versicherung sich den Schaden vor Ort anschaut. Die Stadt geht davon aus, dass die Betriebshaftpflicht des Terminal-Betreibers einspringen wird. Allerdings stellen sich angesichts der bisherigen Diskussion über die Zukunft des Fußgängerstegs interessante Fragen: Die erste ist, ob der Steg an dieser Stelle grundsätzlich aus technischer Sicht wiederhergestellt werden kann oder so kaputt ist, dass nur noch der Abriss bleibt. Doch was ist dann mit dem Rest der Brücke? Insbesondere mit dem Teil, der über die elektrischen Leitungen entlang der zehn Gleise der Deutschen Bahn bis zur Hauptbahnhofstraße führt?

Ein Container-Stapler, ähnlich dem im Bild zu sehenden, prallte gegen den Fußgängersteg.
Foto: Christian Meckel | Ein Container-Stapler, ähnlich dem im Bild zu sehenden, prallte gegen den Fußgängersteg.

Die Stadt hatte den Steg 2021 geschlossen, als man feststellte, dass an der Konstruktion so große Schäden sind, dass die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Die Proteste dagegen waren groß: bei der Industrie, in der Opposition im Stadtrat. Doch an der Situation hat sich auch gut drei Jahre später nichts geändert, sie ist nicht nur durch den Unfall jetzt eher noch komplizierter geworden.

Im Herbst 2022 hatte Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) vorgeschlagen, den 1957 erbauten Steg einfach abzureißen. 500.000 Euro sollte das kosten. Doch mit dieser Idee setzte er eine weitere Protestwelle in Gang: Im Herbst vergangenen Jahres hatte die IG Metall dem OB im Rathaus eine Liste mit 7000 Unterschriften übergeben von Menschen, die den Erhalt des Stegs und die Wiedereröffnung fordern. Der Stadtrat hatte ein Jahr vorher entschieden, dass nochmal ein Gutachten erstellt wird, das alle Varianten der Sanierung und des Abrisses gegenüberstellt. Insbesondere SPD, Linke und Grüne setzten sich für den Erhalt und die Sanierung ein.

Blick von der Unterseite der Treppenanlage auf der Südseite auf das beschädigte Auflager des Fußgängerstegs.
Foto: Christian Meckel | Blick von der Unterseite der Treppenanlage auf der Südseite auf das beschädigte Auflager des Fußgängerstegs.

Grundstückseigentümer an den Treppenanlagen verweigern Stadt den Zugang

Im Juli 2024 gab es im Bauausschuss wieder schlechte Nachrichten: Der Sachstand ist, dass die Stadtverwaltung und vor allem das Liegenschaftsreferat von Finanz- und Liegenschaftsreferentin Anna Barbara Keck die vergangenen Monate mit rechtlichen Prüfungen und mehreren Gesprächen mit den Grundstückseigentümern verbracht hat.

Das Problem ist nämlich, dass die Stadt weder von der Ernst-Sachs-Straße aus noch von der Hauptbahnhofstraße über eigene Grundstücke an den Steg herankommt. Auf der Seite des Containerbahnhofs ist es ein Privatbesitzer, auf der anderen Seite die Deutsche Bahn. Und beide Eigentümer verweigern der Stadt den Zugang. Tiefbauamtsleiter Christian Meckel erklärte damals in der Sitzung, "dass wir den Steg in dieser Lage nicht rechtssicher in Betrieb nehmen können".

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

Ob die vom Bauausschuss noch ein letztes Mal in Auftrag gegebenen Gespräche mit den störrischen Eigentümern mit dem Bemühen um eine Lösung sich nun anders gestalten nach dem Unfall, ist offen. Im Herbst soll es in der nicht-öffentlichen Sitzung des Liegenschaftsausschusses neue Informationen geben.

 
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  • Christopher Richter
    Der Autor sollte etwas tiefer recherchieren. Für Bauherren ohne Zugang gibt es ein sog. Hammer- und Leitungsrecht, dass recht einfach gerichtlich gegen die Nachbarn durchgesetzt werden sollte. Ja, wenn der Wille zur Sanierung da wäre. So ist es den politischen Verantwortlichen recht?!? Es erinnert a die Situation der gescheiterten Fusion von Leo und Josef. Wenn die Nonnen ein Problem mit Abtreibung haben, was einleuchtet, hätte man diesen Bereich wohl in eine neue GmbH ausgliedern können. Dass so was offenbar nicht angedacht wird, gibt der Gerüchteküche Nahrung
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  • Marc Stürmer
    Es ist leider bezeichnend, wie wenig Motivation die Stadt hat hier endlich mal etwas zu renovieren, in dem sich ausnahmsweise mal so ziemlich alle einig sind, Industrie, Gewerbe, Verkehrsbastler, Umweltschützer!

    Aber typisch Stadtverwaltung eben: man sucht keine Lösungen, sondern erzeugt Probleme um Ausgaben zu vermeiden. Remeles Idee 2022, den Steg abzureißen zeugt nur davon, dass er absolut keine Ahnung hat welche Bedeutung dieses unscheinbare Bauwerk für viele hat und welche hässliche Lücke seit dessen Schließung dort nun klafft!

    Und beglückt statt dessen lieber die Ernst-Sachs-Straße mit den begrünten Stauerzeugern für teuer Geld. Geld, das man lieber in den Steg gesteckt hätte.

    Im Sinne der erprobten Salamitaktik namens Aufschieben, Verrotten lassen, irgendwann Vergessen wird also wohl dann bald der Abriss anstehen. Trotz der 7000 Unterschriften damals, die dagegen waren.

    Schweinfurt - Zukunft findet Statt? Guter Witz, wenn man nicht mal das saniert bekommt!
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  • Frank Widmaier
    Jetzt ist mit Sanierung wohl durch... aber warum hat die Stadt kein Wegerecht im Grundbuch? Was wurde da verschlafen?

    wenns jetzt auf die elektrischen Anlagen stürzt... Bahn selber Schuld... kein Mitleid
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  • Peter Koch
    Das mit dem Wegerecht hat wohl der OB Georg Wichtermann 1957 verpennt. Man sollte ihn zur Verantwortung ziehen.
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  • Fred Reinshagen
    @Peter Koch
    Den Steg gabs schon vor 2. WK- s. alte Fotos & Stadtpläne. OB Wichtermann war ein Macher: "Sprung über den Main". Wie lange würde der heute dauern? Wo die BV für Planung der neuen Bahnunterführung Geldersh. Str. 7 Jahre braucht, während der Hbf in 7 Monaten gebaut wurde.
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  • Ulrich Wilhelm Kretzer
    Hoppala ... wie damals am Dominikaner Platz in Würzburg. Schon seltsame Zufälle
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  • Fred Reinshagen
    Die Deutsche Bahn verweigert, dass ein Zugang zum Steg gebaut werden darf, damit Bahnreisende ihn benutzen können?

    Das erklärt alles über das heutige Deutschland, dass in Überregulierung erstickt, die die Wirtschaft immer mehr nach unten zieht.
    Das Sprichwort bewahrheitet sich: Die erste Generation (der Bundesrepublik) baut's auf, die zweite erhält's und die dritte (heutige) bringt's durch.

    Und die Stadtverwaltung schluckt einfach diese Kröte, ohne Widerspruch bei DB & Translog. Denn letztendlich dient der Steg der Großindustrie und damit dem größten Kunden von Translog und der DB, da Bahnreisende den Steg nutzen. Eine Win-Win-Situation, die die Stadt an einem runden Tisch beiden erläutern sollte - und das Problem wäre erledigt. Aber die Stadt ist froh, wenn es Gründe gegen etwas gibt (so auch bei der lichten Höhe über die Bahn bei einer neuen Mainbrücke) weil sie mit jeder neuen Aufgabe überfordert ist.

    Schweinfurt wird derzeit in beispiellosen Weise totregiert & abgewickelt.
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  • Hans-Joachim Krämer
    Die Deutsche Bahn ist da offensichtlich mehr als träge was man in unglaublich vielen Artikeln lesen kann. Warum soll es Schweinfurt dann anders gehen als allen anderen Städten und Gemeinden.
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  • Fred Reinshagen
    So ein Unfall ist ein typisches Zeichen von Arbeitsüberlastung, Hetze & Stress. Bereits vor einigen Jahren(!) stand im TB, dass der Containerterminal am Limit ist und Translog deshalb die Stadt bat, ein Erweiterungsgrundstück zu suchen. Frage an die TB-Redaktion bzw. Herrn Schikora: was hat die Stadt seitdem hier unternommen?
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  • Fred Reinshagen
    Was sagen eigentlich die im Stadtrat mitregierenden Grünen zur Behinderung des ÖPNV durch diese Steg-Posse?
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  • Marc Stürmer
    Die haben doch schon vor Jahren für den Erhalt protestiert.
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  • Hildegard Nürnberger
    Vielleicht lässt sich der Zugang zu den Geleisen als Tunnel Richtung Ernst-Sachs-Straße verlängern.
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  • Peter Koch
    Ein Sanierungsproblem weniger. Neubau oder gar nichts tun ist jetzt die Frage.
    Vielleicht bleibt ja demnächst ein Schiff an der Maxbrücke hängen um Handlungsbedarf zu erzwingen.
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  • Robert Grünewald
    Lieber Herr Schikora,

    ist Ihnen vielleicht bekannt, warum die Eigentümer der beiden Grundstücke den Zugang verweigern?

    Vielen Dan vorab!
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