"Die Landesgartenschau und das Alleenkonzept, mit dem sich die Stadt zur Aufstockung des Bestands an Straßen- und Parkbäumen verpflichtet hat, wiegen nicht auf, was an Grün mit der Aufhebung der Baumschutzverordnung vernichtet wurde", sagt Richard Lindner, in dessen Augen unter den Entscheidungsträgern der Stadtpolitik wie auch unter allen Schweinfurtern die "Dramatik" des Klimawandels vielfach nicht erkannt ist. Richard Lindner ist der Sprecher der Agenda-Arbeitsgruppe "Grün findet Stadt".
Alternative zu "entweder oder"
Ins Leben gerufen wurde die Arbeitsgruppe während der Auseinandersetzungen um die städtische Baumschutzverordnung, die der Stadtrat im Jahr 2018 abschaffte. Die Lokale Agenda hatte mit Lockerungen der verordneten Vorgaben eine Alternative geboten, wollte den Wünschen der Bürger größere Spielräume geben und den Baumschutz nach Zonen – nach der vorhandenen Begrünung – staffeln.
Die Bäume seien die Klimaanlage der Stadt, sagt Lindner und wundert sich, dass nach den drei heißen und trockenen Sommern der Jahre 2018/19 und 2020 der Ernst der Lage nicht allenthalben die Bürger und die Politiker stärker für das Stadtgrün aktiviere. "Nur Grün hilft", etwa in den städtischen Überhitzungsgebieten, wo immer öfters das Thermometer an heißen Tagen um 10 Grad höher als im Umland steige, wo die Nächte nicht abkühlen würden, so Lindner.
Hitzestau baut sich nicht ab
Wie viele Bäume die Abschaffung der Schutzverordnung gefällt hat, ist nicht erhoben. Lindner hat sich an einer Statistik versucht, notierte "etliche Hundert" und scheiterte an fehlenden Normen und ausbleibenden Meldungen, denn das Fällen der Bäume war wieder Privatsache. Die Möglichkeit eines Ausgleichs bezweifelt er, denn junge Bäume würden die Funktion ausgewachsener Exemplare nicht ersetzen, und junge Bäume seien in den letzten Sommern selbst dort eingegangen, wo das Stadtgartenamt vom Frühjahr bis in den Herbst hinein wässere.
Hoffnungen setzt die Arbeitsgruppe auf grüne und blaue Infrastrukturen, die wachsen müssten, auch und vor allem wegen des regulierenden Einflusses von Pflanzen und Wasser auf die Temperatur in der Stadt. Dabei wendet man sich an zwei Zielgruppen.
Dachbegrünung und Solarstrom
Mit dem Themenblock Regenwassermanagement sind vor allem Entscheidungsträger in der Stadt und im Landkreis angesprochen, da die Folgen des Klimawandels bei der Planung und Entwicklung der Siedlungsgebiete zu berücksichtigen seien. Direkt für den Bürger sind Informationen beispielsweise zur Dachbegrünung – und eine solche in Kombination mit der Nutzung der Sonnenenergie für den grünen Strom.
Am Samstag, 20. März, wird die Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit den Schweinfurter Staudenfreunden und dem Bund Naturschutz bei einem Info-Stand in der Fußgängerzone für grüne wie auch für bunte Vorgärten werben, welche nicht nur schöner, sondern auch pflegeleichter als Kies- und Schottergärten seien. Unterstützt wird der Kampf gegen das modische Design in Grautönen von einer Plakataktion, die bunte Vorgärten, Staudenbeete im Jahreswechsel und prächtigen Bewuchs auf der Sonnenseite der Häuser wie auch in deren Schatten zeigt.
Naturdenkmäler schützen
Mit einem erneuten Antrag an den Stadtrat will die Arbeitsgruppe bei der Ausweisung von Naturdenkmälern nachlegen. Davon verspricht man sich den Schutz einzelner und besonders wertvoller Bäume. Im Stadtwald sind große Verluste durch die Klimaerwärmung befürchtet. Bei Ersatzpflanzungen sind keine Gehölze aus Amerika oder etwa Asien, sondern die den steigenden Temperaturen angepassten Arten aus dem Mittelmeerraum vorgeschlagen.
Am Ende des Pressegesprächs wird die Landesgartenschau noch einmal zum Thema. Das Grün am Stadtrand hat für Richard Lindner in Bezug auf das Stadtklima keine große Bedeutung. Sollte das Event jedoch das Verständnis für die Ökologie in der Stadt schärfen, wofür die LGA mit ihren Ausläufern bis in die Innenstadt hinein wirken müsse, sei 2026 dann doch ein Gewinn für eine Stadt auf der Suche nach dem Grün zu verzeichnen.