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Schweinfurt
Asbest, überholte Technik und PCB: Was die Generalsanierung des Schweinfurter Theaters so teuer macht
Zehn Fachbüros sind an dem 42-Millionen-Projekt beteiligt, dazu eine Vielzahl Sachverständiger. Überraschungen gab es für sie einige, lange vor Sanierungsbeginn.
Aufwändig wird die Generalsanierung des Theaters der Stadt Schweinfurt. Was wo gemacht werden muss, erläuterten der neue Theaterleiter Christof Wahlefeld und Bauleiterin Kerstin Eichel (rechts hinten) dem Schul- und Kulturausschuss des Schweinfurter Stadtrates.
Foto: Martina Mueller | Aufwändig wird die Generalsanierung des Theaters der Stadt Schweinfurt. Was wo gemacht werden muss, erläuterten der neue Theaterleiter Christof Wahlefeld und Bauleiterin Kerstin Eichel (rechts hinten) dem Schul- ...
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:18 Uhr

In den 1960er-Jahren, als das Schweinfurter Theater gebaut wurde, war Asbest so normal wie heute Kunstfasern. Überall wurde es verbaut, hineingemischt, selbst in Wandputze, Decken oder Fensterbretter. Heute weiß man: der Stoff ist krebserregend. Ihn auszubauen ist aufwändig, ihn zu entsorgen teuer. Asbest ist nicht der einzige Schadstoff, den Experten in der Vorbereitung der Generalsanierung des Theaters der Stadt Schweinfurt gefunden haben, die 2022 beginnen und bis 2024 abgeschlossen sein soll.

Daneben finden sich im 1966 eröffneten Theater unter anderem auch Polychlorierte Biphenyle, PCB, oder auch Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe, PAK. Eine große Überraschung sei das nicht gewesen, sagt Kerstin Eichel vom Städtischen Hochbauamt. Sie ist Bauleiterin des 42 Millionen Euro schweren Projekts, mit dem insgesamt zehn Fachbüros und eine Vielzahl von Sachverständigen betraut sind. Die Altlast, mit der man sich herumschlagen muss, ist der Bauzeit geschuldet.

Überall im Gebäude wurde geprüft, bewertet. Gelbe Kreuze hängen dort, wo keine Schadstoffe gefunden worden sind; rote zeigen belastete Bereiche an. Wie das Büro des neuen Theaterleiters Christof Wahlefeld. Als der kurz nach dem Einzug ein Bild abhängen wollte, riet man ihm kurz und trocken, den Nagel lieber in der Wand zu lassen und nicht herauszudrehen.

Was es bedeutet, dass Schweinfurts Theater unter Denkmalschutz steht

2001 wurde schon einmal saniert, wurde Asbest ausgebaut, allerdings nur im vorderen Bereich des Theaters, inklusive Foyer. Die Schadstoffbelastung ist ein Grund dafür, dass das Haus komplett zurück gebaut werden muss.  Vom Theater aus den 1960ern hin zu einem Rohbau, dann zu einem nach modernen Maßstäben sanierten Haus. Am Ende wird es nicht anders aussehen als jetzt. Denn: Schweinfurts Theater ist ein denkmalgeschütztes Kunstwerk, geschaffen vom Architektenpaar Erich Schelling und Trude Schelling-Karrer, und darf nicht verändert werden. So wird auch der geplante Anbau unsichtbar sein, zweigeschossig, 400 Quadratmeter in der Tiefe.

Technik wie vor 100 Jahren. Die alten Seilzüge fürs Bühnenbild sollen durch moderne Elektrozüge ersetzt werden, so Technikchef Jochen Kuhn.
Foto: Martina Mueller | Technik wie vor 100 Jahren. Die alten Seilzüge fürs Bühnenbild sollen durch moderne Elektrozüge ersetzt werden, so Technikchef Jochen Kuhn.

Gravierende Mängel gibt es auch in Sachen Brandschutz und nicht zuletzt bei der Technik, angefangen von Rohren, die inzwischen verrostet sind, bis hin zur Bühnentechnik. Auch sie stammt aus den 1960ern. Was auf der Bühne so etwas bedeutet wie eine Zeitreise. Wie vor einhundert Jahren müssen hier Bühnenbilder mit sogenannten Handkonterzügen hoch- und runtergelassen werden. Das ist nicht nur anstrengend, sondern vor allem gefährlich. In diesem Jahr ist die Betriebserlaubnis des TÜV ohnehin abgelaufen, und moderne Elektrozüge sind längst nötig, sagt Thechnikchef Jochen Kuhn bei einer Führung für den Schul- und Kulturausschuss des Stadtrates durch das Haus.

Kerstin Eichel vom Städtischen Hochbauamt leitet das Projekt.
Foto: Martina Mueller | Kerstin Eichel vom Städtischen Hochbauamt leitet das Projekt.

Zusammen mit seinem Team aus Bühnenarbeitern bereitet er alles vor. Der Umzug läuft, Bühnenbilder, Ausstattung und schließlich die drei wertvollen Flügel, die ganz oben unter dem Dach in Klimakammern stehen, müssen ins Ausweichquartier gebracht werden.

Der Zuschauerraum ist fast leer, die Bühne dient als Zwischenlager

Vieles ist schon ausgebaut, der Zuschauerraum fast leer. Die Bühne dient als Zwischenlager für alles, was ausgebaut wird – vom Scheinwerfer bis hin zur Glühbirne, die unter Denkmalschutz steht. Edles (und teures) Inventar gibt es im Schweinfurter Theater einiges: darunter Leuchten von Swarowski oder die Glastropfen aus Murano. Aufwändig sind auch die dreieckigen Akustik-Teile an den Seitenwänden des Zuschauerraums. Sie müssen einzeln abgenommen werden. Die Leitungen, die darunter verlaufen, können so nicht  bleiben, das haben Scans gezeigt, erklärt Bauleiterin Kerstin Eichel. 42 Millionen Euro wird die Stadt in die Generalsanierung investieren. Der Freistaat Bayern will 75 Prozent der förderfähigen Kosten tragen.

Kurioser Fund in den 'Katakomben' des Theaters: Im Untergeschoss wurde ein Schacht entdeckt, in dem Wasser steht.
Foto: Martina Mueller | Kurioser Fund in den "Katakomben" des Theaters: Im Untergeschoss wurde ein Schacht entdeckt, in dem Wasser steht.

Gefunden haben die Fachleute schon jetzt, vor Beginn der Sanierung, einige Kuriositäten. Zum Beispiel einen Schacht voll Wasser ganz unten im Theater, der offensichtlich von Schichtenwasser kontinuierlich gefüllt wird. Wofür der Schacht da ist, man weiß es nicht.

Wer ein echtes Stück aus dem Schweinfurter Theater, zum Beispiel einen alten Scheinwerfer, erwerben möchte: Am 30. April wird es einen Flohmarkt geben.

 
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  • R. D.
    Das nächste Millionengrab für einige wenige. Unnötig. Kosten auf die Nutzer umlegen wäre richtig.
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  • S. F.
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  • H. B.
    Theater/Kultur muss sein - ohne wenn und aber! Ich freue mich sehr auf die Wiedereröffnung und kann es kaum erwarten.
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  • T. H.
    Und das Stadion weiter auf dem Niveau des Jahres 1936.
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  • G. L.
    Auf eigenen Wunsch hin gelöscht.
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  • A. K.
    Schulen verrotten, aber für diese Prestigekulturtempel wird das Geld verpulvert.
    WÜ 140 Millionen, SW 42Millionen (Tendenz steigend)
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  • T. H.
    Popp.58: Bitte ein Beispiel dafür, wo in Schweinfurt eine Schule verrottet. Bei 100 Mio Rücklage liegt das sicher nicht am Geld.
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  • W. R.
    Gespart wird an den Kindern und Jugendlichen - für Prestigeobjekte ist das Geld locker da.
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  • O. S.
    Unsinn! Auch Theater gerhören zu unserer Kultur dazu! Zudem steht das Theater unter Denkmalschutz, das beinhaltet eine Erhaltenspflicht durch den Eigentümer. Ein Abriss wäre also gar nicht möglich.
    Zu diesem populistischen Kommentar fällt mir folgendes Zitat ein: "Bakterien sind die einzige Kultur, die manche haben." zwinkern
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  • R. D.
    Na wenn man den Denkmalschutz eines asbestverseuchten Gebäudes jetzt schon als Grund anführen muss ....
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  • B. H.
    Aufhören. Zusperren. Nicht jede Provinzstadt braucht ein Theater mit diesen Dimensionen. In Wü: 150 Mio!!! Für den Umbau - in diesen Zeiten ist das völlig deplatziert. Dann eben von Sw nach Wü fahren für die Kultur.
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  • S. F.
    @Wiegut
    Genau,ich glotz wie sie eh nur RTLII
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  • B. H.
    Ich habe kein TV. Da glotzt du.
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  • R. W.
    Gibt es denn unter den regelmäßigen Theaterbesuchern erhöhte Krebs- oder Sterblichkeitsraten? Falls ja, mag der penible Ausbau genannter Schadstoffe gerechtfertigt sein, falls nein muss man sich schon fragen, ob das alles in der Dimension so nötig ist.
    Kurzum: 42 Mio. Euro für eine "Nice-to-have"-Institution sind angesichts drohender Allgemeinausgaben heutzutage nicht mehr gerechtfertigt! Die Hälfte würde auch reichen!
    Und auch wenn der Freistaat 75% zuschießt, sind das ja auch Steuergelder, die wir alle aufbringen müssen.
    Und dann haben Projekte wie die Hamburger Elbphilharmonie gezeigt, dass die ursprünglichen geschätzten Kosten auch mal um das zehnfache (!) überschritten werden können.
    Also wenn die Schweinfurter Theatersanierung am Ende ein 100-Mio.-Euro Projekt wird, dann wird es höchste Zeit, dass der offensichtlich im Geld schwimmende Staat die hohen Abgaben auf Spritpreise und andere Dinge, die man quasi täglich braucht senkt!
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  • R. R.
    Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass aus 42 Mio. am Ende vermutlich 60 Mio. plus X werden. Referenz dafür gibt es ja in unmittelbarer Nachbarschaft! Im Hinblick auf die aktuell anstehenden, finanziellen Kraftakte der öffentlichen Hand (Klima, Wehrhaftigkeit, Rentenabsicherung, Pflege/Gesundheitswesen etc.) sind solche Projekte einer Allgemeinheit gegenüber nicht mehr erklärbar. Zumal die Zielgruppe dieser Kultureinrichtungen immer mehr abnimmt.
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