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Schweinfurt
Streit im Schweinfurter Stadtrat wegen Gottesberg-Areal: Mehrheit bleibt bei Verkauf
Frischluftschneise und Trenngrün oder Wohnbebauung? Über die Bebauung des früheren SC-1900-Platzes am Gottesberg debattierte der Stadtrat.
Der Kunstrasenplatz am Gottesberg des SC 1900 ist seit 2018 gesperrt, weil er so kaputt ist, dass die Verletzungsgefahr zu groß ist. Jetzt beschloss der Stadtrat den Verkauf an einen Investor, der dort Wohnungen bauen will.
Foto: Horst Breunig | Der Kunstrasenplatz am Gottesberg des SC 1900 ist seit 2018 gesperrt, weil er so kaputt ist, dass die Verletzungsgefahr zu groß ist.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 18.02.2024 01:14 Uhr

Es ist eines der großen Aufreger-Themen zumindest in der kommunalpolitischen Blase und für die Bürgerinnen und Bürger am Gottesberg: Soll der seit 2018 gesperrte frühere Kunstrasenplatz des SC 1900 bebaut oder entsiegelt und mit einem kleinen Stadthain versehen werden? Seit Monaten wird darüber regelrecht gestritten, auch die Debatte im Stadtrat war oftmals alles andere als ruhig.

Schlussendlich entschied die Mehrheit der schwarz-grünen Koalition, dass man dem Vorschlag der Verwaltung um Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Liegenschaftsreferentin Anna Barbara Keck folgt. Das Areal soll einem bereits gefundenen Investor verkauft werden, der dort Wohnungen bauen will. Wie die Bebauung aussieht, wie viele und welche Art Wohnungen entstehen und vor allem wie der Baumbestand geschützt wird, wird durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan geregelt.

Eine Entscheidung, die nicht nur im Gremium bei der Opposition für Unmut sorgt, auch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sind nicht alle der Meinung, dass das eine gute Idee ist. Vor der Sitzung gab es eine Kundgebung auf dem Marktplatz vor dem Rathaus gegen die Pläne, in der Sitzung waren über 50 Personen auf der Besuchertribüne – ungewöhnlich viele im Vergleich zu sonstigen Stadtrats- oder Ausschusssitzungen.

Ulrike Schneider kritisiert die Vorgehensweise der Stadtverwaltung

Ins Rollen gebracht hatte die erneute Diskussion im Stadtrat – bereits der Bauausschuss hatte die Pläne der Verwaltung mit den Stimmen von Grünen und CSU bestätigt – Ulrike Schneider (Zukunft./ödp). Sie hatte ursprünglich den Antrag gestellt, den Verkauf zu stoppen und keine Wohnbebauung zuzulassen, sondern eine Art Stadthain dort zu errichten.

Aus ihrer Sicht sei schon das grundsätzliche Prozedere der Verwaltung falsch gewesen, denn der Bauausschuss habe "mitnichten ausreichend über die Klimaauswirkungen des Projektes diskutiert." Im Frühjahr hatte die Liegenschaftsverwaltung ein Verkaufs-Exposé auf der städtischen Internetseite veröffentlicht, dem Liegenschaftsausschuss auf Nachfrage vorgestellt und wollte das Gelände einem Investor für eine mittlere Millionensumme verkaufen.

Dass nicht zuerst im Bauausschuss darüber gesprochen wurde, wie man mit dem Gelände verfahren soll, erzürnte einige Stadträte vor allem aus Klimaschutzgründen. Stichworte: Trenngrün, Frischluftschneise, Kaltluftproduktion in der Nacht.

Manche der Teilnehmenden bei der Kundgebung vor dem Rathaus forderten, statt am Gottesberg auf dem Landesgartenschau-Gelände Wohnraum zu errichten.
Foto: Steffen Krapf | Manche der Teilnehmenden bei der Kundgebung vor dem Rathaus forderten, statt am Gottesberg auf dem Landesgartenschau-Gelände Wohnraum zu errichten.

Unterstützung bekam Ulrike Schneider von SPD, Linken und Freien Wählern. Ralf Hofmann (SPD) und Frank Firsching (Linke) bezweifelten, dass in dem Areal 20 Prozent Sozialwohnungen entstünden, "es ist eine Einladung, Spekulationsobjekten Tür und Tor zu öffnen für Eigentumswohnungen als Abschreibungsobjekte", kritisierte Ralf Hofmann.

Abtrennung der Flächen mit Bäumen bei Verkauf nicht möglich

Ein weiteres Thema: Wie kann man den alten Baumbestand schützen? Der Vorschlag von CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler, die Flächen auf denen Bäume stehen, nicht mitzuverkaufen, ist offenbar aus vergaberechtlichen Gründen nicht umsetzbar, weil sie im Verkaufs-Exposé enthalten waren. Bleibt die Möglichkeit, im Bebauungsplan konkrete Festlegungen zu treffen. Umweltreferent Jan von Lackum betonte, der Stadtrat habe hierbei alle Möglichkeiten und sei "Herr des Verfahrens".

Peter Hofmanns (SPD) Forderung, die von der Verwaltung mit dem Investor zu schließenden Verträge vor dem Gang zum Notar einsehen zu dürfen, nahm Liegenschaftsreferentin Anna Barbara Keck zur Kenntnis. Allerdings verwahrte sie sich gegen grundsätzliches Misstrauen, dass Verträge nicht ordnungsgemäß geschlossen würden.

Hofmann hatte Wert darauf gelegt, dass in den Verträgen mit dem Investor sichergestellt sei, dass dieser das Gelände nicht weiterverkaufen dürfe und im Falle einer Insolvenz das Grundstück an die Stadt zurückfalle. Seinen Vorschlag begründete er mit Verweis auf Probleme mit Grundstücksverkäufen in der Vergangenheit, "es wäre nicht das erste Mal, dass Fehler in Verträgen gemacht würden."

CSU wirft SPD "sozialistisches Gesellschaftsbild" beim Thema Wohnen vor

CSU und Grüne sprachen sich weiter für den Wohnungsbau aus, verwiesen auf die Vorteile von Nachverdichtungen und darauf, dass das Trenngrün durch entsprechende Architektur der Häuser erhalten werden könne.

Allerdings gab es auch scharfe Worte gegen die Opposition. "Das ist ein sozialistisches Gesellschaftsbild beim Thema Wohnen", warf CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler den Kollegen vor, die das Thema Sozialwohnungen ansprachen. "Jede gebaute Wohnung tut dem Wohnungsmarkt gut, alles andere ist Panikmache", betonte Köhler.

Verschnupft reagierte auch der OB auf die über eine Stunde andauernde Diskussion: "Wir tun alles dafür, dass sich jeder Investor drei Mal überlegt, ob er in Schweinfurt investiert."

 
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  • F. R.
    > Schwarz-Grün will grüne Bänder (einst mit jetzt ohne LGS) und verbaut sie hier
    > Die CSU spricht ständig vom "Stadtklima", einst LGS, jetzt Kessler Field ("Klimadorf") und verbaut die wichtigste Kaltluftschneise der Stadt
    Für eine christl. Partei ein Bibelwort: Sehet euch vor, vor den Wölfen im Schafspelz. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. (Matth. 7, 15-16)

    Bauvorschlag: >SCHIFF IM MARIENTAL

    Das Trenngrün durch entsprechende Architektur zu erhalten wäre eine Lösung. Anbieten würde sich ein einziges(!) hohes, langezogenes, schiffsartiges Gebäude, mit Bugspitze nach Norden, das die nächtliche Kaltluft aus der SWer Rhön noch beschleunigen könnte, nach dem Flugzeugflügel-Prinzip!
    Die Bauverwaltung war bisher zu ängstlich & provinziell und ließ hohe Gebäude, zum Ärger der Investoren, nicht zu. Oben sind die attraktivsten Wohnungen!! Das könnte ein achtgeschossiges (Hochhausgrenze) Wahrzeichen werden! Statt der hässlichen Bauträger-Kisten aus Gasbeton & Styropor allerorten!
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  • F. R.
    PS: Dem Investor wird die Idee nicht gefallen, er will dort vmtl. die derzeit üblichen Kisten hinstellen. Deshalb sollte man ihm, so man die Idee gut findet, als Ausgleich 8 Geschosse gewähren: da das die höchste Wertschöpfung bringt, weil es die höchste Geschosszahl ist (22m-Regel), die man mit nur einem Treppenhaus pro Haus erschließen kann. Da es zudem mit Abstandsflächen hier keine Probleme gibt, sollte man das Potenzial voll ausschöpfen! Je höher man baut, desto mehr Flächen spart man ein und je mehr Schatten fällt auf die Umgebung – da Ufr. Mittelmeerklima bekommt, sollten wir auch so wie dort bauen. Dem SWer Stadtbild täte es auch gut, das hierbei von gestern ist, mit hohen Wohnhäusern ausschließlich aus den 50ern, 60ern & 70ern, plump, nicht sexy – ohne die neue, schicke Generation, die man in Großstädten sieht - das 21. Jh. ging hier an uns vorüber – Provinz sollte aber nicht unser Anspruch sein!
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