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Gerolzhofen
Steigerwaldbahn: Experte kritisiert BEG-Gutachten
Eine "eher negative Grundhaltung" und unklare Berechnungen – das BEG-Gutachten zur Steigerwaldbahn komme nur auf die Hälfte des Fahrgast-Potenzials. Das wirft Fragen auf.
Der Verkehrs- und Wirtschaftsgeograf Konrad Schliephake übt Kritik an der Potenzialanalyse, die von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft für die Strecke der unteren Steigerwaldbahn erstellt wurde.
Foto: Andreas Jungbauer | Der Verkehrs- und Wirtschaftsgeograf Konrad Schliephake übt Kritik an der Potenzialanalyse, die von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft für die Strecke der unteren Steigerwaldbahn erstellt wurde.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:06 Uhr

Der Geograph Konrad Schliephake, der im Dezember 2016 im Auftrag des Fördervereins "Steigerwald-Express" ein Gutachten zur "Nachfrage nach Personenverkehrsleistungen" auf der unteren Steigerwaldbahn erstellt hatte, hat jetzt die von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) erstellten Potenzialanalyse unter die Lupe genommen. Er übt deutliche Kritik. In dem BEG-Gutachten sei eine "eher negative Grundhaltung zu registrieren", schreibt Schliephake. Seine Einschätzung wurde als Pressemitteilung vom Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband Mainfranken-Rhön, verteilt.

Wie ausführlich berichtet, war die BEG in ihrem von allen Seiten lange geforderten Gutachten zum Ergebnis gekommen, dass auf der stillgelegten Strecke nur ein Fahrgast-Potenzial von 563 Personenkilometern gegeben sei. Im Freistaat Bayern werden aber, damit überhaupt in den Reaktivierungsprozess einer ehemaligen Bahnstrecke eingestiegen wird, als Grundvoraussetzung mindestens 1000 Personenkilometer verlangt.

Wie kommt die BEG auf ihre Ergebnisse?

In dem von der BEG veröffentlichten Text seien weder die Methodik, noch der Rechenweg, noch die verwendeten Parameter erkennbar und nachvollziehbar, kritisiert Schliephake. Daher sei eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Ergebnissen kaum möglich. Zu seinem Erstaunen komme die BEG-Studie gerade einmal auf 30 bis 50 Prozent der von ihm 2016 berechneten Werte – und dies, obwohl der Anteil des ÖPNV an den Personenbewegungen in Deutschland gesamt und sicherlich auch in der Region in der Zwischenzeit gestiegen sei.

Gutachter Schliephake macht deutlich, dass die von der BEG zugrunde gelegten Daten für den Einzugsbereich der Bahn (Abschnitt Schweinfurt-Gerolzhofen: 23 900 Einwohner Menschen im 1500 Meter-Radius rund um die Haltestationen) bei realistischer Annahme einer durchschnittlichen ÖPNV-Nutzung wesentlich höhere Zahlen ergeben müssten.

Lege man die Studie "Mobilität in Deutschland 2020" des Bundesverkehrsministeriums zugrunde, die im Landkreis Schweinfurt 0,22 bis 0,27 Bewegungen pro Einwohner und Tag mit Bussen und Bahnen angibt, so sei nicht ersichtlich, wie die BEG die niedrigen Potenzialwerte errechnet habe.

Unklare Rechenwege

Mit diesen Parametern und den Zieladressen für die einzelnen Fahrt-Motive (Beruf, Ausbildung, Einkauf/Besorgung, Freizeit/Urlaub) hatte Konrad Schliephake 2016 einen Wert von 1592 Reisenden-Kilometern (Rkm) für den Nordabschnitt Schweinfurt-Gerolzhofen und 1229 Reisenden-Kilometern für die Gesamtstrecke errechnet.

Mit welchem Verfahren nun die BEG zu den, um die Hälfte niedrigeren Werten von 838 Rkm im Nordabschnitt beziehungsweise 563 Rkm auf der Gesamtstrecke kommt, bleibe unklar. Zu wichtigen Nachfrage-Gruppen aus Einkauf/Besorgung und Tourismus würden in der Veröffentlichung der BEG verwertbare Daten fehlen. Die ablehnende Haltung "einiger kleinerer Gemeinden" gegenüber der Reaktivierung der Bahnstrecke scheine dagegen an mehreren Stellen durch, kritisiert der Geograph.

Konrad Schliephake hofft abschließend, dass "die BEG Parameter und Rechenwege ihrer Studie zur Kenntnis bringt, damit in der Region eine offene und faktenorientierte Diskussion über die Zukunft der Steigerwaldbahn geführt werden kann".

Der vollständige Untersuchungsbericht der BEG kann unter folgendem Link abgerufen werden: https://beg.bahnland-bayern.de/reaktivierung-steigerwaldbahn

Der Fachbegriff  "Reisenden-Kilometer"

Damit es im Freistaat überhaupt zu einer Wiederbelebung einer alten Bahnstrecke kommen kann, muss als erste Mindestanforderung (neben dann noch weiteren Voraussetzungen) ein gutachterlich von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft ermitteltes Fahrgast-Potenzial von 1000 "Reisenden-Kilometern" gegeben sein. Dieser Fachbegriff drückt die durchschnittliche Auslastung einer Bahnstrecke auf ihrer ganzen Länge aus, ist aber nicht identisch mit der Anzahl der täglichen Fahrgäste.
Der Wert des Reisenden-Kilometer wird wie folgt berechnet: Die gesamte Strecke wird zwischen den Haltestellen in Teilabschnitte gegliedert. Dann wird die Anzahl der Fahrgäste auf jedem Teilabschnitt multipliziert mit der Streckenlänge dieses Teilabschnitts. Die Summe aus allen Teilabschnitten wird am Ende dann wieder durch die Gesamtlänge der Strecke dividiert. Um 1000 Reisenden-Kilometer auf der Steigerwaldbahn zu erreichen, müssten täglich etwa 1500 Personen mitfahren.
Quelle: kv
 
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  • F. W.
    falsche Behauptungen. bitte mit der Wahrheit befassen. Danke
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  • A. K.
    Doppelter Post
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  • A. K.
    Doppelter Post
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  • A. K.
    Frei nach dem Motto: Im Westen nix neues.

    War letzte Woche Freitag schon im Münchner Merkur zu lesen. https://www.google.com/amp/s/www.merkur.de/bayern/bahnstrecken-streit-bayern-soeder-gutachten-verkehrsministerium-csu-90240394.amp.html
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  • I. E.
    Wie schon mehrfach ausgeführt - die BEG als Träger des öffentlichen Schienenperdonennahvetkehrs in Bayern erstellt sich ihr eigenes Gutachten
    Bei anderen Vorgängen dieser Art würde ein Gericht dem Auftraggeber das Gutachten um die Ohren schlagen, dass es nur so knallt!
    Wenn ich mir selber zu irgend einem Sachverhalt als mein eigener Auftraggeber ein Gutachten erstellen würde, würde jeder Beteiligte mal herzhaft lachen - mehr wäre dieses Gutachten nicht wert.
    Und genauso ist es mit der BEG - wenn ich mir mein eigenes Gutachten erstelle, kommt auch das raus, was ich will!
    Das Teil ist das Papier nicht wert, auf den es steht!
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  • R. B.
    Wie kann Herr Schliephake erstaunt sein über Fakten, die über 4 Jahre nach seinem Gutachten existieren? Sind in diesen Jahren keine Gleisanlagen entfernt worden? Wurden keine Bahnhöfe verkauft und sind auch keine verrottet oder dem Einfallen nahe? Haben sich seine vor 4 Jahren "ermittelten Bahnfahrer nicht schon zu großen Teilen von einer Reaktivierung verabschiedet? Wurden zwischenzeitlich nicht schon viele Millionen in den Ausbau von Zubringerstrecken und Buslinien investiert? Wollen wir noch mal 4 Jahre mit der Diskussion über Gutachten und Möchtegernbahnfahrern verbringen um am Ende doch festzustellen, daß "der Zug abgefahren" ist?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Warum kann die BEG ihre Ergebnisse eigentlich nicht öffentlich vorstellen, Nachfragen zulassen und gegebenenfalls Ergebnisse ändern. In die ein oder andere Richtung.
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  • X. X.
    Jetzt sollten wir weitere Studien machen.

    Irgendwann wird das Ergebnis schon passen. 😉
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  • H. H.
    Die BEG

    hat wahrscheinlich einen Abschlag von ca. 50 % des Potenzials für Flugtaxi-Benutzer vorgenommen und "vergessen" das bei den Erläuterungen zur Methodik anzugeben... nach dem Motto "macht ja nix, das merkt ja keiner" (oder die Leute von und nach SW Hbf werden auf der Mainbrücke rausgeschmissen für ihre Frechheit, die Bahn benutzen zu wollen und fallen daher zwar in den Main, aber nicht ins Gewicht).

    Zwei Dinge würden mich mal interessieren: für wie blöd CSU & Co. die Leute von heute eigentlich halten - und ob sie damit auch noch durchkommen?!
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  • G. M.
    mich würde auch noch eine dritte Sache interessiern: wie kann es sein das einige Tage nach den Beschlüssen der Kreistage KT und SW die Staatliche Verkehrsinfrastruktur an einen Schrotthändler zum Billigpreis verscherbelt wird? Ein Herr Eck ist Mitglied im Kreistag Schweinfurt und hat diese Beschlüsse (Interresse an genau dieser Infrastruktur) mitzutragen und nicht dagegen zu arbeiten!
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  • H. H.
    Wahrscheinlich - @ MF25 -

    hat der Seehofer dem Eck versprochen, dass er immer auf seiner Eisenbahnanlage mitspielen darf, und da braucht der natürlich auch die Steigerwaldstrecke nicht mehr, egal was die Kreistage beschließen oder nicht... aber dass Knete aus Franken im bayerischen Säckel immer hochwillkommen ist, zeigen ja auch andere Streitpunkte aus der Region.
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  • F. W.
    wenn ich das Gutachten von Schliephake lese.... bräuchte Gochsheim einen grossen Pendlerparkplatz.... alleine für die Schwebheimer, die täglich mit der Bahn nach Schweinfurt wollen..... *facepalm*
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  • A. K.
    @widdi ääh Manipulator, in Gochsheim sind sie politisch tot! Zu feige für das eigene Fehlverhalten gerade zu stehen! Ihnen bleibt nur der Rücktritt, sonst hat die CSU in Gochsheim ein Problem. Aber mit Problemen und Skandalen kennt man sich in der CSU ja aus! Tja wenn politische Würdenträger aus blinder Gier und Hass den Blick für die Realität verlieren, dann ist das schon sinnbildlich für den momentanen sehr erbärmlichen Gesamtzustand der CSU. "facepalm" 😉🤪

    Giovanni Trappatoni sagte einst: ,,gespielt wie Flasche leer"! 😂
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  • H. M.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • G. M.
    Sie haben versucht eine Umfrage des VCD zu manipulieren anstatt mal selber eine Umfrage in ihrer Ortschaft und in ihrer Eigenschaft als Gemeinderat zu starten.Wenn Sie einen Funken christlichen Anstand hätten müssten und sollten Sie ihr Ehrenamt niederlegen! Sie ziehen solche Ämter in den Schmutz! Und das C sowie das S kann sich ihre Partei künftig sowieso sparen.Einfach nicht mehr wählbar!
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  • B. J.
    Widdi: wie viel Fläche an Steigerwaldbahn Linie Bahnlinie haben Sennfelder und Gochsheimer, Grettstadter so für 3€ qm gekauft um richtig viel viel Moos zu machen. Weshalb dürfen Pendler etc nicht per Bürgerentscheid selbst aktiv werden
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  • O. S.
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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