
Das, was sich so geräuschlos über den vier Belebungsbecken der Schweinfurter Kläranlage in Oberndorf entfaltet, ist 1,2 Millionen Euro schwer. So viel hat das Solarfaltdach gekostet, das nicht fest montiert ist, sondern mobil. Je nach Bedarf kann die 330 Kilowatt Peak-Anlage ihre Paneelen aus- oder einfahren.
Der Hersteller stammt aus der Schweiz, das System nutzt Seilbahntechnik der Eidgenossen, so Jan von Lackum bei der offiziellen Inbetriebnahme vor der Sitzung des jüngsten Haupt- und Finanzausschusses des Stadtrats.
Der berufsmäßige Stadtrat, Ordnungs- und Umweltreferent ist auch offizieller Werkleiter der Stadtentwässerung Schweinfurt. Betriebsleiterin ist Dr. Nadine Scheyer, und die hatte auch gleich eine Erklärung für die hohen Kosten parat: die mobile Bauweise. Was die Anlage vergleichsweise teuer macht, ergibt in dem Fall auch Sinn. Denn: ein festes Solardach wäre an der Stelle nicht möglich. Außerdem werde so eine Fläche zweifach genutzt, sagt von Lackum.

Das Solarfaltdach aus der Schweiz dagegen kann einfahren – bei starkem Wind zum Beispiel oder auch für bestimmte Arbeiten an den Becken. Ansonsten kann die Anlage Strom produzieren und gleichzeitig auch die Becken beschatten. Was angesichts der heißen Sommer und langen Hitzeperioden Sinn ergibt. Bakterien, die das Abwasser reinigen, gehe es nämlich wie den Menschen, sagt von Lackum: Ist ihnen zu heiß, werden sie träge und faul.
Wofür der mit dem Solarfaltdach erzeugte Strom verwendet wird
Zum Teil wird man die über das Solarfaltdach produzierte Energie für den Eigenverbrauch des Klärwerks verwenden, den Überschuss ins Netz einspeisen. Ist die Anlage wirtschaftlich, könnte auch ein weiteres Solarfaltdach dazukommen – ein Becken könnte noch überdacht werden, so von Lackum.

Für Oberbürgermeister Sebastian Remelé ist die Investition, die der Haupt- und Finanzausschuss dem Eigenbetrieb Stadtentwässerung selbst genehmigt hatte, "ein Beitrag zur Erzeugung regenerativer Energien auf dem Stadtgebiet", wo freie Flächen rar sind.
Bayerns Umweltminister Glauber besucht die Schweinfurter Kläranlage
Investitionen muss die Stadtentwässerung inzwischen auch über Kredite finanzieren, zum Beispiel auch die für das neue Laborgebäude, in das im vergangenen Jahr 2,2 Millionen Euro geflossen sind. Weitere Projekte stehen an, wie Kanalsanierungen durch Inliner-Technik im Bereich der Gartenstadt und die Erneuerung von Hausanschlüssen.
Ebenso geplant ist der Einstieg in die erste Bauphase für die Transportleitung für Nutzwasser. Wie und wofür dieses genutzt werden kann, wird in der Kläranlage Schweinfurt in einem bundesweiten Pilotprojekt erforscht.
Warum viel Regen das Reinigen von Abwasser nicht leichter macht
Jetzt soll das gereinigte Wasser, das bisher einfach in den Main geleitet worden ist, auch für die Bewässerung der Grünanlagen ins Stadtgebiet gebracht werden – über eben jene Transportleitung. Dafür, und für den Bau einer vierten Reinigungsstufe, erhält die Stadt Zuschüsse vom Freistaat. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber wird die Förderbescheide am Freitag bei einem Besuch der Anlage selbst überreichen.
Insgesamt hat die Stadtentwässserung 2023 einen Jahresgewinn von rund 760.600 Euro erzielt. Deutlich in die Höhe gegangen ist laut Werkleiter die Abwassermenge, die stieg von 9,5 Millionen Kubikmeter auf etwa elf Millionen. Der Grund: Schon 2023 hat es relativ viel geregnet. Für Kläranlagen ist das nicht unbedingt von Vorteil. Besteht Abwasser im Wesentlichen aus Regenwasser, macht das die Abwasserreinigung nicht leichter. Auch das Gas und damit der Strom, den man aus den Zersetzungsprozessen in den Faultürmen gewinnen kann, werde weniger, so von Lackum.
Die gemeinnützige Finanztip-Stiftung schrieb im Januar 2024: Mehr als 1.800 Euro pro Kilowatt-Peak (kWp) Leistung solltest Du normalerweise nicht bezahlen. Und das ist für heutige Verhältnisse schon recht üppig. Eine normale Klärbeckenbeschattung und eine normale PV-Anlage hätten zusammen möglicherweise erheblich weniger gekostet.