Es regnet seltener, dafür kräftiger, die Trockenperioden sind länger und extremer, die Grundwasserspiegel sinken. Gleichzeitig steigt der Bedarf für die Landwirtschaft und die Bewässerung der städtischen Grünanlagen. Auf der fränkischen Trockenplatte werden in manchen Jahren nicht einmal 500 Millimeter Niederschlag gemessen.
Gleichzeitig werden in der städtischen Kläranlage in Oberndorf rund 10 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr geklärt und danach in den Main eingeleitet. Ein Bruchteil davon würde für den Gemüseanbau im Schweinfurter Umland reichen, wenn er die Qualitätsansprüche erfüllen könnte.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat ein auf drei Jahre angelegtes Pilotprojekt gestartet mit dem Ziel, aufbereitetes Abwasser für die urbane und landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung zu stellen. Förderung: 2,8 Millionen Euro.
Mitte Oktober fiel der Startschuss für das von der Stadtentwässerung Schweinfurt, der Technischen Universität München und weiteren Partnern aus Wasserforschung und Industrie betreutem Vorhaben. Koordinator Christoph Schwaller und Projektleiter Jörg Drewes von der TU München betreten dabei Neuland.
Auf dem Gelände der Kläranlage wird in der Pilotanlage, dem Aufbereitungszug, seit gut drei Monaten erforscht, wie Wasser bedarfsgerecht aufbereitet werden kann. Bedarfsgerecht deshalb, weil für den Rohverzehr vorgesehener Salat auf einem Gemüsefeld, vermutlich höhere Nutzwasserqualität braucht, als eine Grünfläche. Vermutlich, weil es bislang für den "Zweiteinsatz aufbereiteten Abwassers", also Nutzwasser, keinen rechtlichen Rahmen und definierte Grenzwerte gibt.
Es fehlt an Verordnungen und Richtwerten
Noch ist nirgendwo festgeschrieben, welche Qualität Nutzwasser für verschiedene Verwendungen haben muss. Auch deshalb, so Christoph Schwaller, habe das auf der Oberndorfer Kläranlage gestartete Projekt Leuchtturm-Charakter, weil auch Rahmenbedingungen für die Nutzwassernutzung erarbeitet werden.
"Abwasser ist saisonunabhängig", so Schwaller, weil es im Gegensatz zu Niederschlägen immer in etwa gleichem Umfang anfällt. Auch deshalb habe man sich auf der Suche nach alternativen Wasserressourcen auf Abwasser konzentriert. In der Versuchsphase sind es pro Stunde etwa fünf Kubikmeter Wasser, die die Pilotanlage durchlaufen und unter Beobachtung wiederverwendet werden.
Zehn Prozent der Ablaufmenge der Kläranlage Schweinfurt (etwa 2600 Kubikmeter pro Tag) könnten den gesamten Bewässerungsbedarf von Schweinfurt, Schwebheim und Gochsheim in einem Trockenjahr abdecken, sagt Schwaller. Auf den Main habe das kaum Auswirkungen.
Das auf der Versuchsanlage gereinigte Wasser wird bereits für die Bewässerung des benachbarten Sportplatzes des TV Oberndorf genutzt. In einem von der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau betreutem Gewächshaus auf dem Kläranlagengelände wird untersucht, wie sich unterschiedliche Wasserqualitäten auf den Gemüseanbau auswirken.
Chemikalien aus der Industrie als Herausforderung
Das Wasser aus der Nachklärung ist noch durch Viren und Bakterien belastet, enthält noch Chemikalien und Arzneimittelrückstände. "Alles, was Menschen krank machen könnte, muss zu 100 Prozent entfernt werden", skizziert Schwaller den Anspruch an die Versuchsanlage.
Die Ultrafiltration, ein Filterverfahren aus dem Bereich der Membrantechnik, mit dem sich kleinste Substanzen und Partikel abtrennen und konzentrieren lassen, ist die erste Station, die das Wasser durchlaufen wird. Diese Anlage kommt im Frühjahr. Doch auch ohne sie anderen Aufbereitungssysteme bereits sehr gute Wasserqualitäten hervorgebracht. Da wäre die Ozonung, die Anreicherung des Wassers mit aus der Umgebungsluft gewonnenen Sauerstoff, der zu Ozon umgewandelt wird. Dann durchläuft das Nutzwasser, vereinfacht ausgedrückt, diverse Aktivkohlefilter, bevor durch Bestrahlung mit Ultraviolett-Licht letzte Keimstrukturen, ja sogar Antibiotikaresistenzen, aufgelöst werden.
Was einfach klingt, ist ein ausgeklügelter physikalisch-chemischer und mikrobiologischer Parcours, den das Wasser durchlaufen muss. Eine Aufbereitungskette, die kompatibel wäre mit der vierten Reinigungsstufe der Kläranlage. Eine Reinigungsstufe, die in Bezug auf die künftig geforderte Qualität des geklärten Wassers auf die Kläranlagen zukommen wird, ist Schwaller überzeugt. Wasser dieser Qualität wäre geeignet, Grundwasser-Reservoirs zu stabilisieren oder aufzubauen.
Praxistest: Nutzwasser für die Bundesgartenschau 2026
Alle diese Visionen erfordern eine Wasserlogistik. So ist geplant, die Landesgartenschau (LGS) 2026 auf dem ehemaligen Gelände der Ledward-Kaserne mit in der Kläranlage produziertem Nutzwasser zu bewässern, wofür es eine Nutzwasserleitung von Oberndorf zur LGS braucht. Die könnte man im bestehenden Hauptsammlerkanal entlang des Kennedy-Rings integrieren. Auch das Willy-Sachs-Stadion, Friedhöfe und Parks könnten mittelfristig an diese Bewässerung angebunden werden.
"Mindestens so gut sein, wie der Status Quo des Grundwassers", so der Anspruch an das Wasser nach dem Durchlaufen des Reinigungszuges. Wasser, das qualitativ dem Trinkwasser vergleichbar ist.
Eine Mut machende erste Zwischenbilanz und doch gibt es noch viel zu erforschen. Zum Beispiel Antibiotikaresistenzen bei Keimen, die sich verändern und die aus dem Nutzwasser herausgehalten werden müssen. "Für Inhaltsstoffe, die heute vielleicht noch gar nicht reglementiert sind, gibt es vielleicht schon in wenigen Jahren Grenzwerte". Sich auf solche Herausforderungen vorbereiten, auch das ist das Ziel des Nutzwasser-Projektes an der Oberndorfer Kläranlage.
Genaue Zahlen sind leider schlecht zu bekommen.
Wäre interessant, wenn diese Zahlen von der Mainpost recherchiert werden würde .
Auch sollte in diesem Zusammenhang die übergeleiteten Mengen an Wasser durch die Brombachsee erfasst werden würden .
Leider wird in Deutschland seit Jahrzehnten eine Grundlagenforschung im Bereich Metabolen nicht an gestoßen, geschweige denn gefördert.
Nächste Frage ist welche Messgeräte zum Einsatz kommen , um eine Wirksamkeit der Aktivkohlefilter zu überprüfen.
Meines Wissens gibt es bisher keine kalibrierte Messgeräte.
Es langt mit Sicherheit nicht Kontrollen , wie bei der Trinkwasserversorgung durch zu führen . Schon allein die Antibiotikamenge schwankt je nach Jahreszeit im Fäkalwasser.
Diese Messgeräte sind nicht einer permanenten Überprüfung der durchfließenden Klärwässer geeignet .
Fragen über Fragen , vielleicht wäre es interessant über die Mainpost uns fortlaufend zu informieren.