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Schweinfurt
Pilotprojekt gegen den Wassermangel: Was Deutschland in Schweinfurt lernen will
Wasser aus der Kläranlage weiter aufbereiten und als Nutzwasser für Grünanlagen und Gemüsebauern verwenden: Dieses bundesweite Pilotprojekt wird in Oberndorf getestet.
Projektkoordinator Christoph Schwaller (links) und sein Mitarbeiter Javad Ahmadi, beide von der TU München, überwachen den Nutzwasser-Aufbereitungsszug auf der Oberndorfer Kläranlage und analysieren mit welchen Reinigungsmethoden welche Wasserqualitäten erreicht werden . 
Foto: Helmut Glauch | Projektkoordinator Christoph Schwaller (links) und sein Mitarbeiter Javad Ahmadi, beide von der TU München, überwachen den Nutzwasser-Aufbereitungsszug auf der Oberndorfer Kläranlage und analysieren mit welchen ...
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:03 Uhr

Es regnet seltener, dafür kräftiger, die Trockenperioden sind länger und extremer, die Grundwasserspiegel sinken. Gleichzeitig steigt der Bedarf für die Landwirtschaft und die Bewässerung der städtischen Grünanlagen. Auf der fränkischen Trockenplatte werden in manchen Jahren nicht einmal 500 Millimeter Niederschlag gemessen. 

Gleichzeitig werden in der städtischen Kläranlage in Oberndorf rund 10 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr geklärt und danach in den Main eingeleitet. Ein Bruchteil davon würde für den Gemüseanbau im Schweinfurter Umland reichen, wenn er die Qualitätsansprüche erfüllen könnte. 

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat ein auf drei Jahre angelegtes Pilotprojekt gestartet mit dem Ziel, aufbereitetes Abwasser für die urbane und landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung zu stellen. Förderung: 2,8 Millionen Euro. 

Die Container des Aufbereitungszuges. Auf dem freien Platz ist alles für den Aufbau der Ultrafiltrationsanlage vorbereitet.  
Foto: Helmut Glauch | Die Container des Aufbereitungszuges. Auf dem freien Platz ist alles für den Aufbau der Ultrafiltrationsanlage vorbereitet.  

Mitte Oktober fiel der Startschuss für das von der Stadtentwässerung Schweinfurt, der Technischen Universität München und weiteren Partnern aus Wasserforschung und Industrie betreutem Vorhaben. Koordinator Christoph Schwaller und Projektleiter Jörg Drewes von der TU München betreten dabei  Neuland.

In diesen Tanks durchläuft das Wasser verschiedene Aktivkohlefilter und wird so auf eine höhere Qualitätsstufe gebracht.
Foto: Helmut Glauch | In diesen Tanks durchläuft das Wasser verschiedene Aktivkohlefilter und wird so auf eine höhere Qualitätsstufe gebracht.

Auf dem Gelände der Kläranlage wird in der Pilotanlage, dem Aufbereitungszug, seit gut drei Monaten erforscht, wie Wasser bedarfsgerecht aufbereitet werden kann. Bedarfsgerecht deshalb, weil für den Rohverzehr vorgesehener Salat auf einem Gemüsefeld, vermutlich höhere Nutzwasserqualität braucht, als eine Grünfläche. Vermutlich, weil es bislang für den "Zweiteinsatz aufbereiteten Abwassers", also Nutzwasser, keinen rechtlichen Rahmen und definierte Grenzwerte gibt. 

Es fehlt an Verordnungen und Richtwerten 

'Wir lernen jeden Tag dazu', so Projektkoordinator Christoph Schwaller. Indem der Reinigungsvorgang genau überwacht und dokumentiert wird,  lerne man im wahrsten Sinn des Wortes, an welchen Stellschrauben nachjustiert werden muss.
Foto: Helmut Glauch | "Wir lernen jeden Tag dazu", so Projektkoordinator Christoph Schwaller. Indem der Reinigungsvorgang genau überwacht und dokumentiert wird,  lerne man im wahrsten Sinn des Wortes, an welchen Stellschrauben ...

Noch ist nirgendwo festgeschrieben, welche Qualität Nutzwasser für verschiedene Verwendungen haben muss. Auch deshalb, so Christoph Schwaller, habe das auf der Oberndorfer Kläranlage gestartete Projekt Leuchtturm-Charakter, weil auch Rahmenbedingungen für die Nutzwassernutzung erarbeitet werden.                    

"Abwasser ist saisonunabhängig", so Schwaller, weil es im Gegensatz zu Niederschlägen immer in etwa gleichem Umfang anfällt. Auch deshalb habe man sich auf der Suche nach alternativen Wasserressourcen auf Abwasser konzentriert. In der Versuchsphase sind es pro Stunde etwa fünf  Kubikmeter Wasser, die die Pilotanlage durchlaufen und unter Beobachtung wiederverwendet werden. 

Zehn Prozent der Ablaufmenge der Kläranlage Schweinfurt (etwa 2600 Kubikmeter pro Tag) könnten den gesamten Bewässerungsbedarf von Schweinfurt, Schwebheim und Gochsheim in einem Trockenjahr abdecken, sagt Schwaller. Auf den Main habe das kaum Auswirkungen.

Einen ersten Eindruck, was alles möglich ist, liefert diese Reihe von Wasserproben unterschiedlichster Reinigungsstufen. Ganz links Schmutzwasser, wie es in die Kanalisation kommt, ganz rechts Trinkwasser. Die beiden Nutzwasserproben links neben dem Trinkwasser sind in Farbe und Geruch kaum von Trinkwasser zu unterscheiden.  
Foto: Helmut Glauch | Einen ersten Eindruck, was alles möglich ist, liefert diese Reihe von Wasserproben unterschiedlichster Reinigungsstufen. Ganz links Schmutzwasser, wie es in die Kanalisation kommt, ganz rechts Trinkwasser.

Das auf der Versuchsanlage gereinigte Wasser wird bereits für die Bewässerung des benachbarten Sportplatzes des TV Oberndorf genutzt. In einem von der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau betreutem Gewächshaus auf dem Kläranlagengelände wird untersucht, wie sich unterschiedliche Wasserqualitäten auf den Gemüseanbau auswirken.         

Chemikalien aus der Industrie als Herausforderung

Das Wasser aus der Nachklärung ist noch durch Viren und Bakterien belastet, enthält noch  Chemikalien und Arzneimittelrückstände. "Alles, was Menschen krank machen könnte, muss zu 100 Prozent entfernt werden", skizziert Schwaller den Anspruch an die Versuchsanlage.

So sieht das Wasser aus, wenn es aus der Kläranlage entlassen und den Vorflutern in Richtung Main übergeben wird. In dieser Qualitätsstufe wird das geklärte Wasser zur weiteren Optimierung an die Reinigungseinheiten des Nutzwasser-Projekts übergeben.
Foto: Helmut Glauch | So sieht das Wasser aus, wenn es aus der Kläranlage entlassen und den Vorflutern in Richtung Main übergeben wird.

Die Ultrafiltration, ein Filterverfahren aus dem Bereich der Membrantechnik, mit dem sich kleinste Substanzen und Partikel abtrennen und konzentrieren lassen, ist die erste Station, die das Wasser durchlaufen wird. Diese Anlage kommt im Frühjahr. Doch auch ohne sie anderen Aufbereitungssysteme bereits sehr gute Wasserqualitäten hervorgebracht. Da wäre die Ozonung, die Anreicherung des Wassers mit aus der Umgebungsluft gewonnenen Sauerstoff, der zu Ozon umgewandelt wird. Dann durchläuft das Nutzwasser, vereinfacht ausgedrückt, diverse Aktivkohlefilter, bevor durch Bestrahlung mit Ultraviolett-Licht letzte Keimstrukturen, ja sogar Antibiotikaresistenzen, aufgelöst werden.      

In jedem Tank, den das Wasser durchläuft, werden weitere Stoffe, die nicht in Nutzwasser sein sollten, herausgefiltert. Dies geschieht zum Beispiel durch die Anreicherung mit Ozon, oder die Bestrahlung mit UV-Licht. 
Foto: Helmut Glauch | In jedem Tank, den das Wasser durchläuft, werden weitere Stoffe, die nicht in Nutzwasser sein sollten, herausgefiltert.

Was einfach klingt, ist ein ausgeklügelter physikalisch-chemischer und mikrobiologischer Parcours, den das Wasser durchlaufen muss. Eine Aufbereitungskette, die kompatibel wäre mit der vierten Reinigungsstufe der Kläranlage. Eine Reinigungsstufe, die in Bezug auf die künftig geforderte Qualität des geklärten Wassers auf die Kläranlagen zukommen wird, ist Schwaller überzeugt. Wasser dieser Qualität wäre geeignet, Grundwasser-Reservoirs zu stabilisieren oder aufzubauen.      

Praxistest: Nutzwasser für die Bundesgartenschau 2026 

Alle diese Visionen erfordern eine Wasserlogistik. So ist geplant, die Landesgartenschau (LGS) 2026 auf dem ehemaligen Gelände der Ledward-Kaserne mit in der Kläranlage produziertem Nutzwasser zu bewässern, wofür es eine Nutzwasserleitung von Oberndorf zur LGS braucht. Die könnte man im bestehenden Hauptsammlerkanal entlang des Kennedy-Rings integrieren. Auch das Willy-Sachs-Stadion, Friedhöfe und Parks könnten mittelfristig an diese Bewässerung angebunden werden. 

Ständige Überwachung ist ein wesentlicher Faktor der Arbeit am Nutzwasser-Projekt. Hier kontrolliert Java Ahmadi die Parameter des durchfließenden Wassers. 
Foto: Helmut Glauch | Ständige Überwachung ist ein wesentlicher Faktor der Arbeit am Nutzwasser-Projekt. Hier kontrolliert Java Ahmadi die Parameter des durchfließenden Wassers. 

"Mindestens so gut sein, wie der Status Quo des Grundwassers", so der Anspruch an das Wasser nach dem Durchlaufen des Reinigungszuges. Wasser, das qualitativ dem Trinkwasser vergleichbar ist. 

Eine Mut machende erste Zwischenbilanz und doch gibt es noch viel zu erforschen. Zum Beispiel Antibiotikaresistenzen bei Keimen, die sich verändern und die aus dem Nutzwasser herausgehalten werden müssen. "Für Inhaltsstoffe, die heute vielleicht noch gar nicht reglementiert sind, gibt es vielleicht schon in wenigen Jahren Grenzwerte". Sich auf solche Herausforderungen vorbereiten, auch das ist das Ziel des Nutzwasser-Projektes an der Oberndorfer Kläranlage.      

 
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  • info@abwasser-koenig.de
    Weshalb wird nicht Uferfiltrat des Mains genutzt? Die Wasserbilanz bleibt gleich. Der technische Aufwand wird geringer.
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  • rainbird
    Vermutlich wird aber dann auch wieder dieses Wasser im Main bei einem heißen Sommer fehlen.
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  • bernd_schuhmann@t-online.de
    Durch das Abschalten des AKW Grafenrheinfeld stehen riesige Menge des nicht mehr gebrauchten Kühlwasser zur Verfügung.
    Genaue Zahlen sind leider schlecht zu bekommen.
    Wäre interessant, wenn diese Zahlen von der Mainpost recherchiert werden würde .
    Auch sollte in diesem Zusammenhang die übergeleiteten Mengen an Wasser durch die Brombachsee erfasst werden würden .
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  • bernd_schuhmann@t-online.de
    Der Ansatz geht mit Sicherheit in die richtige Richtung , bleibt nur die Frage wie mit den in den in Vorstufen entstehenden Metabolen um gegangen wird.
    Leider wird in Deutschland seit Jahrzehnten eine Grundlagenforschung im Bereich Metabolen nicht an gestoßen, geschweige denn gefördert.
    Nächste Frage ist welche Messgeräte zum Einsatz kommen , um eine Wirksamkeit der Aktivkohlefilter zu überprüfen.
    Meines Wissens gibt es bisher keine kalibrierte Messgeräte.
    Es langt mit Sicherheit nicht Kontrollen , wie bei der Trinkwasserversorgung durch zu führen . Schon allein die Antibiotikamenge schwankt je nach Jahreszeit im Fäkalwasser.

    Diese Messgeräte sind nicht einer permanenten Überprüfung der durchfließenden Klärwässer geeignet .

    Fragen über Fragen , vielleicht wäre es interessant über die Mainpost uns fortlaufend zu informieren.
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