
Multifunktionale-Äcker mit Bäumen am Feldrand, Photovoltaikanlagen in den Weinbergen und regionale Märkte: An Ideen, wie die Landwirtschaft den Krisen dieser Zeit begegnen könnte, mangelt es in Schweinfurt nicht. Wären da nicht noch die vielen anderen Probleme, die den Landwirtinnen und Landwirten derzeit zu schaffen machen.
Überhaupt scheinen die Fronten verhärtet zwischen denen, die die Landwirtschaft nachhaltiger ausrichten möchten und vielen Bäuerinnen und Bauern, die in Umweltauflagen versinken. Wie tief der Frust bei letzteren sitzt, wurde zuletzt bei den Bauernprotesten Anfang des Jahres spürbar. Dass die Lage zwar verzwickt ist, es durchaus aber die Bereitschaft für Veränderung gibt, drang kürzlich auf einer Diskussion in Schweinfurt durch.
Unter dem Motto "Sind wir noch zu retten? Gemeinsame Zukunft in Zeiten von Wut und Frust" trafen sich Schülerinnen und Schüler des FutureLab der Walther-Rathenau-Schulen in Schweinfurt mit regionalen Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Landwirtschaft zur Zukunfts-Debatte in der Aula der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS).
Schüler wollen Hürden überwinden
Aber wie kann nachhaltige Landnutzung in Zeiten von Protest und Frust gelingen? Antwort darauf, wie die Lager besser aufeinander zugehen könnten, lieferte unter anderem die Psychologieprofessorin Dr. Anne Böckler-Raettig von der Universität Würzburg, die eine Videobotschaft aufgenommen hatte. Wurden Landwirte vor 40 Jahren noch als Säulen der Gesellschaft betrachtet, würden sie heute eher negativ wahrgenommen. "Jetzt auf einmal sind sie die, die Schuld sind", sagte die Forscherin. Dazu komme das Gefühl, – zuletzt ausgelöst durch die Kürzung der Dieselrückvergütung – im Vergleich zu anderen Berufsgruppen ungerecht behandelt zu werden.

Es sei daher wichtig, weder Landwirte noch Klimaschützer oder Politiker vorab in Schubladen zu stecken. "Die beste Verhandlungsstrategie ist, auf den Tisch zu legen, was man wirklich möchte und die andere Person dazu zu ermutigen, das auch zu tun", so Böckler-Raettig. Nur so täten sich Handlungsfelder auf. "Die allermeisten Menschen haben ein Interesse daran, positive Ergebnisse auf der Erde zu hinterlassen."
Hans-Josef Fell warnt vor Missernten und steigenden Lebensmittelpreisen
Daran knüpfte auch der Grünen-Politiker und frühere Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell aus Hammelburg an. Gerade in der Landwirtschaft zeige sich, dass die Zusammenhänge tiefer säßen. Angesichts des Klimawandels warnte der Energie-Experte vor Missernten, steigenden Lebensmittelpreisen und wachsendem Druck gegenüber Landwirten.

Deutliche Worte fand er für die politische Kehrtwende des französischen Agrarministers Marc Fesneau, dessen Verhalten er als "schizophren" bezeichnete. Fesneau hatte als Reaktion auf die ausufernden Proteste der Bauern in Frankreich zuletzt auf Steuererhöhungen beim Agrardiesel verzichtet. Damit, so Fell, unterstütze die französische Regierung die Landwirtschaft mit Subventionen, die auf lange Sicht dazu beitragen würden, später Missernten einzufahren.
Zudem kritisierte er die Abhängigkeit der Lebensmittelpreise vom Erdölpreis. "Wenn das teurer wird, wird auch der Lebensmittelpreis teurer." Nur mithilfe von Biodiversität und regenerativem Wirtschaften habe Landwirtschaft eine Zukunft.

Die Kleinbäuerin Edith Sachse aus Burggrumbach versucht diesen Ansatz bereits umzusetzen. Ihrer Ansicht nach zeichne sich der bäuerliche Betrieb der Zukunft vor allem durch Vielfalt und Kreislaufwirtschaft aus. "Ich denke, da hat sich die Landwirtschaft in Europa und weltweit sehr weit davon entfernt", sagte sie. Betriebe seien oft zu einseitig ausgerichtet, wodurch das Risiko der Höfe zugenommen habe. "Wir müssen weg von der Industrialisierung und der starken Spezialisierung auf den Betrieben."
Landwirten fehlt die politische Sicherheit
Doch damit sich die Landwirtschaft neu ausrichten kann, braucht sie langfristige politische Zusagen. Adrian Reuß und seine Familie haben am eigenen Leib erfahren, was es heißt, wenn die Politik Entscheidungen nach wenigen Jahren wieder revidiert. Der Junglandwirt stellt auf seinem Hof in Ettleben aus Rapsöl CO₂-neutralen Kraftstoff für seine Traktoren her.
Mit der Erhöhung der Energiesteuer hat die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD dem umweltfreundlichen Treibstoff jedoch den Todesstoß versetzt. Mit Blick auf nachhaltigere Agrarmaßnahmen sagte er: "Man hat keine Sicherheit mehr." Diese Auffassung vertrat auch sein Kollege Bernhard Sauer aus Werneck. Bäuerinnen und Bauern in Deutschland fehle die Verlässlichkeit der Politik. "Wir Landwirte stehen Gewehr bei Fuß. Aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen", sagte der Landwirt.
Schülerinnen und Schüler wollen Beitrag leisten
Die Landwirtschaft habe so, wie sie jetzt dastehe, keine Zukunft, meinte Marc Jannis Fischer. Deshalb brauche es einen Zusammenschluss der Generationen, um sich auch regional zu unterstützen, bekräftigte Mitschüler Leon Bernhardt. Ziel des FutureLabs sei es, als Plattform Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit regionalen Expertinnen und Experten aus Forschung und Landwirtschaft zusammenzubringen. "Wir müssen alle offener werden [...], um Lösungen anzugehen und die Hürden zu überwinden", appellierte der Schüler.
Der im Artikel vorhandene Halbsatz: "andere Person dazu zu ermutigen, das auch zu tun" trifft die momentane gesellschaftliche "Arbeitsteilung". Der größere Personenkreis empfiehlt in schicken unverbindlichen Diskussionsveranstaltungen (und Talkshows), was andere, z. B. die Bauern machen sollten.
So geht's auf Dauer nicht!
Wir brauchen keine Besserwisser, sondern Bessermacher!
Bitte selbst die Projekte machen mit einem wirtschaftlichen Erfolg der die Investitionen wieder amortisiert!
Das ist eine ganz andere Dimension, als in einem netten Zeitungsartikel mal für einen klugen Spruch lobend erwähnt zu werden.
Zum Schluss: Eine große (europäische!) Agrarreform ist unausweichlich.